Was für eine Entwicklung: Als TubeSolar im Februar 2020 erstmals auf dem Kurszettel im Düsseldorfer Freiverkehr erschien, gab es noch so gut wie keine börsenrelevanten Informationen über das Start-up aus Augsburg, das mit Hilfe einer Röhrentechnologie aus dem Osram-Konzern im Bereich der Agrar-Photovoltaik durchstarten will. Nach und nach wagte sich das Vorstandsteam um Reiner Egner und Jürgen Gallina aber aus der Deckung und stellte das ambitionierte Projekte auch auf Kapitalmarktebene vor (siehe dazu etwa das Interview auf boersengefluester.de HIER). Anfang Oktober läutete die Gesellschaft dann eine neue Stufe ein und kündigte eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht sowie ein Uplisting in das Münchner Spezialsegment m:access inklusive XETRA-Notiz sowie den Düsseldorfer Primärmarkt an. Nächstes Aufrufezeichen dann eine 43 Seiten umfassende Analystenstudie von FirstBerlin mit Kursziel 9,40 Euro.
Freilich kommt die ausgeprägte Aktienaffinität von TubeSolar nicht von ungefähr: Wie spätestens aus dem Wertpapierprospekt (HIER) der jetzt startenden Kapitalerhöhung auf Seite 137 hervorgeht, hält der Kulmbacher Börsenunternehmer Bernd Förtsch über die TSG 1. Vermögensverwaltung und die BF Holding etwas mehr als 60 Prozent der bislang 10 Millionen TubeSolar-Aktien. Dem Streubesitz werden 16,78 Prozent zugerechnet. Regelmäßige BGFL-Leser wussten in groben Zügen freilich rechtzeitig über diese interessante Konstellation Bescheid (HIER), die sich mit ein wenig Recherche aus dem Bundesanzeiger herleiten ließ. Bemerkenswert aus Investorensicht dabei insbesondere der Hinweis, dass der Großaktionär die Kapitalerhöhung um 1 Million neue Aktien zu jeweils 6 Euro in vollem Umfang garantiert. Mit dem Mittelerlös von netto dann vermutlich 5,7 Mio. Euro will TubeSolar einen Kredit über 1 Mio. Euro zurückzahlen, die geplante Errichtung einer Produktionsanlage mit 2,7 Mio. Euro zumindest teilweise finanzieren und darüber hinaus 2 Mio. Euro für einen möglichen Zukauf in petto zu haben.
Wie läuft die Kapitalerhöhung nun konkret ab? Anleger, die die TubeSolar-Aktie zum Börsenschluss am 4. Dezember im Depot hatten, können je 10 alte Aktien einen jungen Anteilschein beziehen. Die Frist dafür läuft vom 7. bis 21. Dezember 2020. Neue Aktien, die im Rahmen dieses Angebots keinen Käufer finden, werden anschließend im Rahmen einer Privatplatzierung angeboten. Ein übliches Verfahren – und doch gibt es im Fall von TubeSolar ein interessantes Gimmick: Kunden des Discountbrokers flatex können die neuen Aktien von TubeSolar auch direkt zeichnen, wie boersengefluester.de exklusiv erfahren hat. Die Verbindung kommt freilich nicht von ungefähr, immerhin ist Unternehmer Bernd Förtsch noch immer maßgeblich an der Muttergeselllschaft flatexDEGIRO beteiligt. Insgesamt aber eine pfiffige Idee, um der Kapitalerhöhung noch mehr Rückenwind zu verleihen.
Trotz der spannenden Rahmenbedingungen, darf an dieser Stelle aber auch ein deutlicher Risikohinweis nicht fehlen: Ob das Geschäftsmodell von TubeSolar am Ende tatsächlich aufgeht, lässt sich derzeit kaum valide vorhersagen. Für 2020 sind Verluste im oberen einstelligen Millionen-Euro-Bereich zu erwarten, für das kommende Jahr rechnet der das Management mit einem Fehlbetrag im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich. Losgelöst hat TubeSolar aber natürlich viele gute Zutaten für eine knackige Investmentstory aus dem Spezialwertesegment.