Das räumt boersengefluester.de gern ein: Als die Platform Group Ende 2022 zunächst wesentlicher Aktionär des damals chronisch defizitären Online-Modehändlers fashionette wurde und gut ein halbes Jahr später sogar den Zusammenschluss beider Unternehmen auf die Schiene setzte, hatten wir noch unsere Bedenken, ob das Reverse-IPO von The Platform Group (TPG) tatsächlich in einer vitalen Börsenstory münden würde und es nicht doch zu einem Delisting kommen würde, zumal die regelmäßigen Akquisitionen von E-Commerce-Unternehmen aus unterschiedlichsten Sektoren – von Schuhen bis hin zu Holzbearbeitungsmaschinen – zunächst eine Art Masterplan vermissen ließen. Dabei hieß es auf den einschlägigen Kapitalmarktkonferenzen in der Nebenwerteszene recht früh, dass es sich unbedingt lohnen würde, eine Präsentation von CEO Dominik Benner anzusehen.
„Unsere Software ist die Klammer“, sagt Benner jetzt im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Am Ende kommt es demnach gar nicht so sehr auf die einzelnen Produktkategorien der diversen Webseiten an, sondern darauf, dass TPG mit Hilfe der eigenen Softwaremodule, umfangreichen Schnittstellen für die angebundenen Partner sowie einem ausgeklügelten Marketingkonzept die Firmen auf einen profitablen Wachstumskurs führt. Verluste sind für Benner dabei ein Graus, den es tunlichst zu vermeiden gilt. In einem E-Commerce-Umfeld, wo häufig noch immer das Credo „Wachstum vor Profitabilität“ gilt, sind das Prinzipien, die bei Investoren gut ankommen. Dabei bezeichnet sich TPG stets als Software-Unternehmen und sieht sich trotz eines mittlerweile deutlich mehr als 20 Firmen umfassenden Portfolios – jüngster Neuzugang ist die Kunstpflanzenplattform Aplanta – weit entfernt von einer klassischen Finanzholding.
In gewisser Weise ähnelt das Konzept mit einem sehr aktiven Einfluss aufs operative Geschäft der Vorgehensweise bei Mutares, wenngleich TPG im Gegensatz zu Mutares keine Sanierungsfälle übernimmt und zudem einen Evergreen-Ansatz fährt, es also keine Exit-Strategie für die zugekauften Beteiligungen gibt. Da drängt sich aus Investorensicht beinahe die Frage auf, warum TPG überhaupt den ganzen Aufwand betreibt und sich nicht einfach als Softwarespezialist für E-Commerce-Unternehmen positioniert. Immerhin handelt es sich um ein Geschäftsmodell mit einem hohen Anteil wiederkehrender Erlöse (Software as a Service = SaaS), was allein schon reizvoll genug wäre. „Wir möchten gar kein SaaS-Anbieter sein. Dadurch wären wir austauschbar. Wir möchten die Transaktionen von A bis Z managen“, sagt Benner, dem derzeit 70 Prozent der TPG-Aktien zuzurechnen sind. Knapp 10 Prozent hält Paladin Asset Management, 20,1 Prozent sind dem Streubesitz zuzurechnen – wobei TPG innerhalb des Freefloats einen eher hohen Anteil von Privatanlegern hat.
Normalerweise eine Konstellation, bei der eine Barkapitalerhöhung zur Finanzierung des Wachstums durchaus interessant scheint. Doch Benner will sich nicht verwässern lassen – schon gar nicht auf dem aktuellen Kursniveau der Aktie. Entsprechend steht nun eine Anleihe als Finanzierungsvehikel für den Zukauf weiterer Unternehmen an. Die wesentlichen Eckdaten in Kurzform: Das Volumen des Bonds ist auf bis zu 25 Mio. Euro angelegt, der Zinssatz liegt zwischen 8 und 9 Prozent – bei einer Laufzeit von vier Jahren. Ausführliche Beschreibungen gibt es Wertpapierprospekt sowie einem Frage-Antwort-Bereich auf der Webseite der Platform Group. Die Zeichnungsfrist läuft voraussichtlich noch bis zum 3. Juli 2024. Geordert werden kann der Bond (WKN: A383EW) klassisch via Depotbank oder über die Zeichnungsfunktionalität „Direct Place“ der Deutschen Börse. Nun: Die Verzinsung sieht aus Firmensicht auf den ersten Blick eher happig aus, spiegelt aber die geänderten Realitäten auf der Zinsseite wider. Von daher keine ungewöhnlichen Konditionen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 58,75 | 65,24 | 73,16 | 94,81 | 133,76 | 168,43 | 432,20 | |
EBITDA1,2 | 3,51 | 5,00 | 6,77 | 5,88 | 1,59 | 14,11 | 46,75 | |
EBITDA-Marge3 | 5,97 | 7,66 | 9,25 | 6,20 | 1,19 | 8,38 | 10,82 | |
EBIT1,4 | 1,50 | 2,60 | 4,27 | 3,45 | -0,51 | 9,12 | 38,91 | |
EBIT-Marge5 | 2,55 | 3,99 | 5,84 | 3,64 | -0,38 | 5,42 | 9,00 | |
Jahresüberschuss1 | -0,31 | 0,30 | 1,40 | 0,87 | -1,70 | 7,98 | 26,99 | |
Netto-Marge6 | -0,53 | 0,46 | 1,91 | 0,92 | -1,27 | 4,74 | 6,25 | |
Cashflow1,7 | 5,80 | 26,90 | 1,84 | 5,24 | -13,81 | 2,22 | 104,09 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,05 | 0,05 | 0,23 | 0,14 | -0,27 | 0,34 | 1,30 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Russler & Arnold |
Unterm Strich sollten risikobereite Bond-Investoren damit auf ihre Kosten kommen, aber auch für Aktionäre dürfte die Emission mit den damit einhergehenden Belastungen im Finanzergebnis keine nachhaltige Belastung sein. Die jüngste Kurskorrektur von 10 Euro auf nun knapp 8,50 Euro müsste nach Auffassung von boersengefluester.de bald ausgestanden sein. Immerhin sind die auf dem Kapitalmarkttag am 11. Juni neu formulierten Prognosen für 2024 und auch 2025 allesamt weiter gültig und zeigen ein stattliches Potenzial. So ist für das laufende Jahr mit Netto-Erlösen von 480 bis 500 Mio. Euro sowie einem bereinigten EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zwischen 26 und 30 Mio. Euro zu rechnen. Für 2025 peilt CFO Reinhard A. Hetkamp Umsätze von mindestens 550 Mio. Euro an – bei einer um Sondereffekte adjustierten EBITDA-Marge von 7 bis 10 Prozent. In absoluten Zahlen liegt die avisierte EBITDA-Spanne damit bei rund 39 bis 55 Mio. Euro.
Zum Vergleich: Der aktuelle Börsenwert beträgt 164,5 Mio. Euro – bei Netto-Finanzverbindlichkeiten von zuletzt 68,5 Mio. Euro. Mit Blick auf den Enterprise Value (Börsenwert plus Netto-Finanzverbindlichkeiten) wird die Gesellschaft mit dem knapp 5-fachen des für 2025 im Mittel avisierten bereinigten EBITDA gehandelt – ein moderates Multiple. Derweil setzen die Analysten die Kursziele für die Aktie der Platform Group mittlerweile zwischen 13 und 17 Euro an. Platz nach oben ist damit ausreichend vorhanden. Bond-Investoren werden dagegen ihr Augenmerk darauf richten, dass die Düsseldorfer ihre Zinsen pünktlich überweisen und am Ende auch den Bond ohne Probleme zurückzahlen. Aus heutiger Sicht sollte auch das gelingen.
Foto: Adobe Stock
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