Die Nachrichten kommen langjährigen Besitzern der T-Aktie wie ein Déjà-vu vor: Laut einem Bericht der „Süddeutsche Zeitung“ will die Deutsche Telekom in den Markt für Sportwetten einsteigen und deshalb eine Mehrheit an der Deutschen Sportwetten GmbH (DSW) übernehmen. Die DSW gehört der österreichischen Sportwettengesellschaft ÖSW, die wiederum Teil der Casinos Austria ist. Mit der gleichen Nachricht hatten die Bonner bereits im September 2013 aufhorchen lassen. Weil sich die Lizenzvergabe an die Sportwettenanbieter hierzulande aber lange verzögert hatte, steht der Deal erst jetzt wieder auf der Agenda des DAX-Konzerns. Lange Zeit galt in Deutschland ein staatliches Sportwettenmonopol. Mit dem 2012 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag dürfen auch private Unternehmen Sportwetten anbieten – sofern sie über eine Konzession verfügen. Anfang September 2014 hat das Bundesland Hessen im Auftrag aller Bundesländer entschieden, welche Unternehmen eine der 20 Konzession erhalten sollen. In diesem Verfahren hatte die DSW Platz elf belegt. Unternehmen, die bei dem Verfahren nicht zum Zug gekommen sind, können nun aber den Rechtsweg bestreiten. Deswegen werden die Lizenzen frühestens am 18. September erteilt. Die Aktionäre der Telekom müssen sich also noch eine Weile gedulden, zumal der Konzern zuletzt erklärt hatte, dass noch nicht klar sei, welche Produkte in dem Bereich angeboten werden sollen.
Angesichts der wenig berauschenden Geschäftsperspektiven der Deutschen Telekom klingt der Einstieg in einen Wachstumsmarkt zunächst einmal viel versprechend. Und der Markt für Online-Glücksspiele befindet sich zweifellos auf Expansionskurs. Experten gehen davon aus, dass er weiter um rund fünf Prozent jährlich zulegen wird. Der Bereich Online-Sportwetten macht den größten Teil des Online-Glücksspielmarktes aus. Hinzu kommen die meist eher kleinen Bereiche Poker und Casino. Entsprechend floriert das Geschäft bei dem österreichischen Anbieter von Online-Sportwetten und Online-Gaming bet-at-home.com. Im ersten Halbjahr stieg der Brutto-Wett- und Gamingertrag (Rohertrag) um 28 Prozent auf 53,1 Mio. Euro. Der Rohertrag wird errechnet, indem man von den Umsatzerlösen die ausbezahlten Gewinne abzieht. Trotz der wegen der Fußball-Weltmeisterschaft stark gestiegenen Werbeausgaben kletterte der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um rund 20 Prozent auf 8,8 Mio. Euro.
Vorstand Franz Ömer peilt für das Gesamtjahr ein EBITDA auf dem Niveau des Vorjahres von 15 Mio. Euro an. Für Wachstumspotenzial sorgen zudem die Angebote für mobile Geräte. Denn nun können die Kunden an jedem Ort, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche ihre Wettergebnisse abgeben. Mit wohl dosierten Werbeausgaben will der Firmenlenker die Bekanntheit des Unternehmens steigern. Die ansehnliche Entwicklung der bet-at-home-Aktie erfreut vor allem die Betclic Everest SAS Group, einen führenden französischen Anbieter im Bereich Online-Gaming und Sportwetten. Er hält einen Anteil von 65,1 Prozent an bet-at-home. Boersengefluester.de hatte zuletzt regelmäßig über den Titel berichtet und die Aktie zum Kauf empfohlen. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert.
Während das Papier von bet-at-home auf Höhenflug ist, ist jenes von bwin.party digital entertainment auf Talfahrt. Denn der Umsatz von bwin.party war im ersten Halbjahr gesunken. Das Unternehmen ist im März 2011 aus dem Zusammenschluss der österreichischen bwin Interactive Entertainment AG (früher betandwin) und PartyGaming plc hervorgegangen. Während das Geschäft mit Sportwetten im ersten Halbjahr um sieben Prozent auf 127,4 Mio. Euro gewachsen ist, sind alle anderen Bereiche, wie Casino, Poker und Bingo geschrumpft. Der Anteil des Geschäfts mit Sportwetten ist damit auf 40 Prozent der Konzernerlöse gestiegen. Das bereinigte EBITDA in der Sparte ist allerdings auf 21,7 Mio. Euro gesunken, vor allem wegen des Rückzugs aus Griechenland und der Werbekosten für die Fußball-WM. Eine herbe Sonderabschreibung, vor allem auf das schwache Poker-Geschäft, führte zu einem Verlust auf Konzernebene von 94 Mio. Euro.
Derweil fragen sich die meisten heimischen Investoren aber ohnehin eher: Wie groß könnte das EBITDA sein, das die Deutsche Telekom nach einem Einstieg bei der DSW künftig erzielen könnte? Im Jahr 2013 hat Casinos Austria einen bereinigten operativen Gewinn von 65,5 Mio. Euro erzielt. Unter Berücksichtigung der Abschreibungen lag das EBITDA bei rund 100 Mio. Euro. Wie groß davon das Ergebnis des Sportwettenbereichs war, ist anhand des Geschäftsberichts von Casinos Austria nicht herauszufinden. Der Anteil könnte im Vergleich zu den anderen Aktivitäten allerdings gering sein. Zum Vergleich: Bei einem der großen Anbieter der Branche, bei bwin stand 2013 ein Wert von 53,7 Mio. Euro für diese Sparte zu Buche. Angesichts dieser Zahlen erscheint es zweifelhaft, dass der Einstieg in das Sportwettengeschäft einen spürbaren Einfluss auf die Gewinnentwicklung der Telekom haben könnte. Zumal Analysten ein Konzern-EBITDA von 17,8 Mrd. Euro für 2015 prognostizieren. Von der Annäherung an das Sportwettengeschäft dürfte der Kurs der T-Aktie also kaum nachhaltig profitieren. Der wichtigste Treiber am Aktienmarkt insgesamt bleibt die Geldschwemme der EZB. In dem Umfeld laufen üblicherweise die Aktien der Banken und anderer Zykliker gut. Hingegen schwächeln die Papiere von Unternehmen aus defensiven Sektoren oder Firmen mit hohen Dividendenrenditen. Genau das trifft aber auf die Telekom zu. Die Aktie könnte daher weiter zu den Nachzüglern im DAX gehören.
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