Beachtlich, wie gut die Präsentation von SynBiotic auf der Frankfurter Frühjahrskonferenz von Equity Forum besucht war, obwohl der Vortrag von CFO Alexander Guercueyan erst kurz vor Ende des insgesamt dreitägigen Kapitalmarkt-Events am 25. Mai 2022 stattfand. Offenbar interessiert das Thema Cannabis auch am heimischen Kapitalmarkt doch noch etliche Investoren. Dabei sind die Aktienkurse der großen internationalen Player wie Canopy Growth, Tilray oder der Cronos Group in den vergangenen Monaten regelrecht abgestürzt. Massiv Federn lassen musste nach dem Hype vom vergangenen November zwar auch die Notiz der in München ansässigen SynBiotic SE. Trotzdem dürfte jetzt ein guter Zeitpunkt sein, sich erneut mit dem Anteilschein zu befassen.
Immerhin scheint nun wieder Bewegung in das während der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP so intensiv diskutierte Thema zu kommen. Dem Vernehmen nach ist mit dem ersten Gesetzesentwurf zur Cannabis-Legalisierung in der zweiten Jahreshälfte 2022 zu rechnen. „Aktuell gibt es noch mehr Fragen als Antworten“, sagt Guercueyan. „Aber es ist wichtig, dass wir uns schon jetzt für “Freizeit-Cannabis“ positionieren.“ Dass der Gesetzgeber überhaupt im Verzug ist, hängt in erster Linie mit dem Ukraine-Krieg zusammen, der die politische Agenda komplett durchgewirbelt hat. Losgelöst davon: Wer sich kurz zum regulatorischen Umfeld einlesen möchte, kann das etwa auf der Webseite der ZEIT (HIER) oder auf Business Punk (HIER) tun.
SynBiotic selbst ist durch Zukäufe kräftig gewachsen und bezeichnet sich mittlerweile als „Europas führendes Cannabinoid-Unternehmen“. Die Wertschöpfungskette reicht vom Bio-Hanf-Anbau bis hin zum Vertrieb von pharmazeutischen Produkten. „Es gibt wenig bis keine Plattformfirmen in Deutschland. Da sind wir relativ einzigartig“, sagt Guercueyan mit Blick auf die zurzeit 13 zum Fimenverbund gehörenden Unternehmen (HIER). Der jüngste Deal ist eine Kooperation mit der Gastronomiegruppe Enchilada (unter anderem Enchilada, dean & david oder auch Pommes Freunde), um ein Franchise-System für eine eigene Cannabis-Ladenkette in Deutschland zu eröffnen. Rein mit Blick auf die Börse und sonst üblichen Reporting-Standards, müssen Investoren bei SynBiotic allerdings noch Abstriche machen. Der Jahresabschluss für 2021 wird erst im Juli veröffentlicht, die Pro-Umsätze sollen bei rund 15 Mio. Euro liegen. Das Ergebnis wird unten tiefrot sein, zumal es auch noch eine Firmenwertabschreibung von 7 bis 8 Mio. Euro zu verkraften gilt.
Für 2022 und die folgenden Jahre muss man dann mal schauen, doch bei seiner Präsentation in Frankfurt sagt CFO Guercueyan klar, dass Wachstum für die Unternehmensgruppe momentan Priorität hat. Entsprechend dürfte es wohl auch noch die eine oder andere Kapitalmaßnahme geben. Das aktuellste Research zu SynBiotic stammt von AlsterResearch und billigt der Aktie ein Potential bis hin zu 45 Euro zu. Das entspräche einem Börsenwert von rund 188 Mio. Euro. Aktuelle Kapitalisierung: etwas mehr als 80 Mio. Euro. Reichlich Läuft nach oben ist also vorhanden. Und wie schnell es gehen kann, wenn der Kurs einmal ins Laufen kommt, hat man im vergangenen Herbst gesehen.
Nun hat sich das allgemeine Börsenumfeld seitdem kräftig verändert, doch insbesondere der erwartete Gesetzesentwurf in Deutschland könnte zu einem zweiten Startschuss für die Aktie werden. Zuletzt hat sich die Notiz bereits deutlich stabilisiert und bewegt sich seit gut zwei Monaten in einem engen Band seitwärts. Geeignet ist der Titel trotzdem nur für sehr risikobereite Investoren. Nicht vorgekommen im Vortrag von Alexander Guercueyan ist übrigens das früher einmal avisierte Zweitlisting an der NEO Exchange in Toronto. Aber auch das wohl noch ein potenzieller Kurstreiber für die Zukunft.
Foto: CRYSTALWEED cannabis auf Unsplash