Wer sich nur den Chart der Surteco-Aktie anschaut, müsste meinen, dass es Anfang April eine Übernahmeofferte zu 20 Euro gegeben habe. Immerhin klebte die Notiz des Anbieters von Spezialfolien und Kantenbändern für rund 3,5 Monate geradezu an dieser Marke. Tatsächlich hat sich am Aktionariat von Surteco aber nichts Wesentliches geändert: Neben den Familiengesellschaftern halten insbesondere der österreichische Fußbodenhersteller Kaindl sowie der Kantenspezialist Ostermann maßgebliche Positionen. Der Streubesitz des ehemaligen SDAX-Unternehmen beträgt nur etwa 20,6 Prozent – bei einem gesamten Börsenwert von zurzeit 352 Mio. Euro. Ergebnistechnisch kommt die Gesellschaft schon seit Jahren nicht mehr auf einen stabilen Aufwärtstrend.
Zu einem maßgeblichen Teil liegt das an den allgemein schwierigen Rahmenbedingungen in der Möbelindustrie als eine wichtige Abnehmergruppe. Immer wieder gab es bei Surteco allerdings auch Umstrukturierungsmaßnahmen, die am Profit zehrten. Insofern sind die negativen Begleiterscheinungen durch Corona quasi entschuldigt, weil das Unternehmen dafür nun wirklich nichts kann. Entsprechend ist das im zweiten Quartal 2020 erzielte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von gerade einmal 1,87 Mio. Euro noch beinahe ein Erfolg. CEO Wolfgang Moyses sagt auf der Webkonferenz zur Präsentation des Halbjahresberichts denn auch, dass Surteco „ganz ordentlich“ durch das erste Halbjahr gekommen sei. Per saldo blieb nach Ablauf der ersten beiden Quartale 2020 ein EBIT von knapp 14,41 Mio. Euro stehen – verglichen mit 20,23 Mio. Euro in der entsprechenden Vorjahresperiode. Zu leiden hatte das in Buttenwiesen nördlich von Augsburg ansässige Unternehmen insbesondere unter den im zweiten Quartal um mehr als ein Viertel eingeknickten Umsatzerlösen, wohingegen die im Zuge der Krise ebenfalls deutliche rückläufigen Preis für wichtige Einsatzstoffe wie Zell- und Kunststoffe entlasteten.
Mit zunehmender konjunktureller Erholung klettern freilich bereits auch wieder die Preise für diese Waren, so dass hier nicht von einem dauerhaften Effekt auszugehen ist. Summa summarum geht Vorstandschef Moyses aber davon aus, dass das zweite Halbjahr besser werden wird, als die ersten sechs Monate. Nichts geändert hat sich jedoch an seiner Einschätzung, dass Umsatz und operatives Ergebnis für das Gesamtjahr erheblich unter den ursprünglichen Zielen liegen werden. Diese sahen Erlöse in einer Bandbreite zwischen 675 und 700 Mio. Euro sowie eine EBIT von 40 bis 45 Mio. Euro vor. Zur besseren Einordnung: Das 2019er-Zahlenwerk von Surteco war durch Sonderabschreibungen und andere außerordentliche Belastungen um 19,4 Mio. Euro getrübt. Mit Blick auf den Aktienkurs ist zumindest erwähnenswert, dass der Titel momentan gerade einmal zum Buchwert gehandelt wird, was durchaus Halt geben sollte.
Dafür müssen die Investoren sich zur nächsten Hauptversammlung am 2. Oktober 2020 mit einer Nullrunde bei der Dividende begnügen – vermutlich der ersten überhaupt in der langjährigen Börsenhistorie von Surteco (ehemals Bausch). Nun ist boersengefluester.de nicht unbedingt ein Fan davon, die aktuelle Aktienbewertung auf übermäßig weit in der Zukunft liegende Prognosen abzustellen. Bemerkenswert ist trotzdem, dass CEO Wolfgang Moyses jetzt noch einmal explizit die EBIT-Ziele von 55 bis 65 Mio. Euro bis zum Jahr 2023 bekräftigte: „Das trauen wir uns nach wie vor zu.“ Unter normalen Umständen musste ein operatives Ergebnis in dieser Größenordnung für einen Überschuss von etwa 35 bis 38 Mio. Euro bzw. einem Ergebnis je Aktie von etwa 2,35 Euro gut sein.
Entsprechend käme der Titel damit auf ein Langfrist-KGV von rund zehn. Inklusive der dann hoffentlich längst wieder aufgenommenen Dividendenzahlung sowie dem niedrigen Kurs-Buchwert-Verhältnis ergibt das ein doch recht attraktives Gesamtpaket. Dabei weiß das Management nur zu gut, dass Surteco nun endlich auch nachhaltig liefern muss. „Underpromise und Overdeliver muss unser Motto sein. Wir kommunizieren nur, was relativ sicher ist“, sagt Moyses mit Blick auf die früheren Zielverfehlungen. Fairerweise sei an dieser Stelle gesagt, dass der ehemalige Simona-Vorstand erst seit Oktober 2019 an der Spitze von Surteco steht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 689,65 | 698,98 | 675,27 | 626,99 | 757,06 | 747,70 | 835,09 | |
EBITDA1,2 | 83,09 | 72,78 | 66,29 | 88,32 | 114,76 | 84,18 | 66,57 | |
EBITDA-Marge3 | 12,05 | 10,41 | 9,82 | 14,09 | 15,16 | 11,26 | 7,97 | |
EBIT1,4 | 44,67 | 32,20 | 21,12 | 46,15 | 72,52 | 40,18 | 8,12 | |
EBIT-Marge5 | 6,48 | 4,61 | 3,13 | 7,36 | 9,58 | 5,37 | 0,97 | |
Jahresüberschuss1 | 26,33 | 18,93 | 9,76 | 33,77 | 47,81 | 25,23 | -2,42 | |
Netto-Marge6 | 3,82 | 2,71 | 1,45 | 5,39 | 6,32 | 3,37 | -0,29 | |
Cashflow1,7 | 82,90 | 60,70 | 84,04 | 82,66 | 43,75 | 69,14 | 100,58 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,69 | 1,20 | 0,61 | 2,17 | 3,08 | 1,63 | -0,79 | |
Dividende8 | 0,80 | 0,55 | 0,00 | 0,80 | 1,00 | 0,70 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |