Im zweiten Quartal 2023 waren es noch die rückläufigen Auftragseingänge von Stemmer Imaging, die den Investoren Sorge bereiteten und den Aktienkurs auf Talfahrt schickten. Dabei beteuerte CEO Arne Dehn damals, dass es sich um ein temporäres Phänomen handele und die Dynamik ab dem Abschlussviertel wieder zunehmen würde (siehe dazu unseren Bericht HIER). Aus der erhofften schnellen Erholung wird nun allerdings nichts, denn der Distributor und Lösungsanbieter von Produkten rund um die professionelle Bildverarbeitung rechnet jetzt auch für das vierte Quartal mit einer schwächeren operativen Entwicklung. Entsprechend stutzt der Vorstand die Umsatzprognose für 2023 auf eine Bandbreite von 144 bis 151 Mio. Euro. Zuletzt war Stemmer Imaging von Erlösen am unteren Ende der Spanne zwischen163 und 176 Mio. Euro ausgegangen.
Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll sich aufgrund der frühzeitig eingeleiteten Sparmaßnahmen noch vergleichsweise wacker halten und weiterhin in dem avisierten Korridor zwischen 26 und 32 Mio. Euro ankommen – wenn auch am niedrigeren Ende der Bandbreite. Normalerweise keine ganz dramatische Korrektur mehr, zumal die Erwartungshaltung der Börsianer ohnehin deutlich gedämpft war und es noch wesentlich schlimmer hätte kommen können. Dafür reicht ein Blick auf den Chart: Seit dem Mai-Hoch bei knapp 47 Euro kurz vor der Hauptversammlung – damals gab es eine attraktive Dividende von 3 Euro – hatte die Aktie bereits um knapp 40 Prozent an Wert eingebüßt. Mit der jetzigen Umsatz- und Gewinnwarnung für 2023 drückten die Investoren den Titel nochmals um 11,5 Prozent nach unten – auf den tiefsten Stand seit rund einem Jahr.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 100,63 | 108,97 | 118,60 | 103,10 | 130,12 | 155,37 | 146,29 | |
EBITDA1,2 | 6,39 | 6,98 | 10,80 | 7,21 | 17,36 | 28,24 | 26,95 | |
EBITDA-Marge3 | 6,35 | 6,41 | 9,11 | 6,99 | 13,34 | 18,18 | 18,42 | |
EBIT1,4 | 4,15 | 5,52 | -0,58 | -1,55 | 13,43 | 24,34 | 21,86 | |
EBIT-Marge5 | 4,12 | 5,07 | -0,49 | -1,50 | 10,32 | 15,67 | 14,94 | |
Jahresüberschuss1 | 2,94 | 4,38 | -1,40 | -3,32 | 10,45 | 17,97 | 15,73 | |
Netto-Marge6 | 2,92 | 4,02 | -1,18 | -3,22 | 8,03 | 11,57 | 10,75 | |
Cashflow1,7 | 3,35 | 4,94 | 1,95 | 10,88 | 7,97 | 15,90 | 20,31 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | 0,67 | -0,22 | -0,51 | 1,61 | 2,77 | 2,42 | |
Dividende8 | 0,50 | 0,50 | 0,00 | 0,50 | 0,75 | 3,00 | 2,70 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
Doch in schwierigen Börsenzeiten gehen die Kapitalmärkte nunmal radikal mit schlechten Nachrichten um. Da interessiert es kaum jemanden, dass Stemmer Imaging – unter Berücksichtigung der üppigen Netto-Liquidität von rund 25 Mio. Euro – nur noch auf einen Unternehmenswert (Enterprise Value) von etwas mehr als 139 Mio. Euro kommt. Bezogen auf das für 2023 zu erwartende EBITDA entspricht das einem Faktor von nur gut 5. Es ist also schon sehr viel an schlechter Stimmung eingepreist – mit Sicht auf die kommenden zwei Jahre vermutlich sogar viel zu viel. Nutzt aber alles nichts: Zurzeit richten sich die Blicke der Investoren nunmal in erster Linie auf die belastenden Faktoren. Und da muss sich Stemmer unter anderem ans Revers heften, dass die Integration des 2019 übernommenen spanischen Bildverarbeitungsspezialisten Infaimon bilanziell nun doch teurer wird als gedacht.
Jedenfalls gibt es Wertberichtigungen von 0,9 Mio. Euro auf den im Geschäftsbericht 2022 mit 12,2 Mio. Euro angegeben Goodwill von Infaimon. Am 9. November 2023 legt die Gesellschaft aus Puchheim den Q3-Bericht mit weiteren Infos vor. Aus jetziger Sicht würde boersengefluester.de sagen, dass Anleger in dem Titel engagiert bleiben sollten. Immerhin hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren durchaus gezeigt, dass das ehemalige Geschäftsmodell eines Distributors erfolgreich auf Mehrwert-Services weiterentwickelt wurde. Die Frage bleibt jedoch, ob Stemmer nicht auch seine bisherigen Ziele für 2024 – Umsatzerlöse von rund 200 Mio. Euro bei einer EBITDA-Marge zwischen 13 und 16 Prozent – wird nach hinten schieben müssen. Momentan spricht jedenfalls einiges dafür.
Foto: Unsplash+
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