Daran werden sich Anleger in der laufenden Berichtssaison wohl gewöhnen müssen: Nach einem vergleichsweise starken Auftaktviertel flaut die Dynamik im zweiten Quartal merklich ab – mit entsprechenden Folgen für Umsatz, Ergebnis und damit häufig auch den Aktienkurs. Da macht auch Stemmer Imaging keine komplette Ausnahme, selbst wenn CEO Arne Dehn auf der Präsentation zur Vorlage der Halbjahreszahlen ein durchaus zuversichtliches Bild zeichnet. Tatsächlich kommt der Distributor und Lösungsanbieter von Produkten rund um die professionelle Bildverarbeitung nach sechs Monaten 2023 auf ein Umsatzplus von 8,3 Prozent auf 78,37 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) klettert deutlich überproportional um 25,7 Prozent auf 14,21 Mio. Euro. Noch ein wenig stärker kommt sogar das Ergebnis nach Steuern von 6,90 auf 8,79 Mio. Euro voran.
Wer nach dem Haar in der Suppe sucht, wird vermutlich auf den Auftragseingang stoßen. Hier liegt Stemmer im zweiten Quartal mit 40,0 Mio. Euro um 11,7 Prozent unter dem entsprechenden Vergleichswert von 2022. „Der Ordereingang könnte etwas besser sein, ist aber durchaus so von uns erwartet“, sagt Arne Dehn. Schwieriger könnte sich derweil das dritte Quartal 2023 bezogen auf Neubestellungen und Umsatz erweisen, zumal viele Kunden noch immer über gut gefüllte Lager verfügen und angesichts der sich eintrübenden wirtschaftlichen Stimmung eher auf Nummer vorsichtig gehen. Nach Auffassung von Arne Dehn – und da stützt er sich auf Umfragen bei seinen Kunden – ist das aber nur ein temporäres Phänomen: „Ab dem vierten Quartal rechnen wir wieder mit einem Aufschwung.“
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 100,63 | 108,97 | 118,60 | 103,10 | 130,12 | 155,37 | 146,29 | |
EBITDA1,2 | 6,39 | 6,98 | 10,80 | 7,21 | 17,36 | 28,24 | 26,95 | |
EBITDA-Marge3 | 6,35 | 6,41 | 9,11 | 6,99 | 13,34 | 18,18 | 18,42 | |
EBIT1,4 | 4,15 | 5,52 | -0,58 | -1,55 | 13,43 | 24,34 | 21,86 | |
EBIT-Marge5 | 4,12 | 5,07 | -0,49 | -1,50 | 10,32 | 15,67 | 14,94 | |
Jahresüberschuss1 | 2,94 | 4,38 | -1,40 | -3,32 | 10,45 | 17,97 | 15,73 | |
Netto-Marge6 | 2,92 | 4,02 | -1,18 | -3,22 | 8,03 | 11,57 | 10,75 | |
Cashflow1,7 | 3,35 | 4,94 | 1,95 | 10,88 | 7,97 | 15,90 | 20,31 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | 0,67 | -0,22 | -0,51 | 1,61 | 2,77 | 2,42 | |
Dividende8 | 0,50 | 0,50 | 0,00 | 0,50 | 0,75 | 3,00 | 2,70 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Baker Tilly |
Zugute kommt den Puchheimern dabei, dass sie sich schon seit geraumer Zeit – neben der generellen Industrie-Automatisierung – auf wachstumsstarke Branchen wie zum Beispiel die Lebensmittel- und Agrarindustrie oder auch den Entertainmentsektor fokussieren und dabei zunehmend auf lukrative Mehrwertdienste setzen. Genau diese Kombination macht Stemmer momentan weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen als reine Komponentenhersteller wie etwa der Industriekamera-Anbieter Basler es momentan noch ist.
Gewisse Abstriche muss aber auch das Prime Standard-Unternehmen Stemmer machen. So rechnet Vorstand Arne Dehn für das Gesamtjahr 2023 damit, beim Umsatz eher das untere Ende der avisierten Spanne von 163 bis 176 Mio. Euro zu erreichen. Bezogen auf das EBITDA bleibt es trotzdem bei der bisherigen Bandbreite von 26 bis 32 Mio. Euro. Dabei sind Einmalaufwendungen zwischen 700.000 und 900.000 Euro für die weitere Integration des 2019 übernommenen spanischen Bildverarbeitungsspezialisten Infaimon bereits berücksichtigt. Im Wesentlichen geht es hierbei um die Verlagerung der lokalen Produktion von Barcelona nach Puchheim westlich von München sowie Anpassungen in der Vertriebsstruktur und anderen Prozessen. „Wir machen das aus einer Position der Stärke“, betont CEO Arne Dehn. Es handelt sich also um alles andere als eine klassische Restrukturierung. Dafür spricht auch, dass Infaimon zurzeit dynamisch wächst.
Summa summarum sieht boersengefluester.de Stemmer Imaging weiter gut auf Kurs. Entsprechend bleiben wir auch bei unserer Kaufen-Einschätzung. Die Bewertung ist moderat, die Bilanzqualität weit überdurchschnittlich, zudem ist das Unternehmen ein attraktiver Dividendenzahler. Ebenfalls erwähnenswert sind die Prognosen für 2024 – ehemals als Mittelfristplanung bezeichnet: Demnach soll Stemmer im kommenden Jahr auf Erlöse von rund 200 Mio. Euro kommen und dabei eine EBITDA-Marge zwischen 13 und 16 Prozent erwirtschaften. Das sind sportliche Ziele, die auch anorganische Verstärkung beinhalten. Die kommenden Quartale werden also auch diesbezüglich spannend. Dem Vernehmen nach liegt der Wohlfühlbereich bei passenden Übernahmekandidaten in Umsatzregionen ab 15 bis 20 Mio. Euro. Sollte Stemmer das Ziel erreichen, wäre das damit verbundene Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von rund 30 Mio. Euro jedenfalls eine echte Hausnummer – verglichen mit dem derzeitigen Börsenwert von knapp 224 Mio. Euro. Punkten kann Stemmer schon jetzt übrigens mit der kräftigen Verbesserung des Mittelzuflusses aus der operativen Geschäftstätigkeit zum Halbjahr von 4,11 auf 8,27 Mio. Euro. Nicht ohne Grund sagt Vorstand Arne Dehn: „Operativer Cashflow wird in diesen Zeiten immer wichtiger.“
Foto: Clipdealer
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