Das ist schon eine ziemlich verrückte Geschichte. Da kündigt der Linzer IT-Spezialist S&T am 22. November 2013 an, dass er mit dem US-Unternehmen Cloudeeva eine Absichtserklärung hinsichtlich eines Übernahmeangebots zu einem Preis von mindestens 3,00 Euro pro S&T-Aktie abgeschlossen habe. Sollten die Verhandlungen erfolgreich verlaufen, würde die frühere Quanmax demnach mit 118 Mio. Euro bewertet. Kurios: Bei Cloudeeva handelt es sich um eine gegenwärtig nur im amerikanischen Telefonhandel geführte Gesellschaft. Aussagekräftige Bilanzen gibt es nicht. Cloudeeva bezeichnet sich selbst als ein auf „Cloud-, Big-Data- und Mobility-Lösungen und Dienstleistungen spezialisiertes Technologieunternehmen“. Abgesehen vom 3D-Druck kommen in dieser Beschreibung beinahe sämtliche Themengebiete zusammen, auf die Investoren an der Börse derzeit abfahren. Am Tag der Bekanntgabe des Letter of Intents notierte die Cloudeeva-Aktie bei mickrigen 0,005 Dollar. Angesichts von 1.068.614.318 ausstehenden Anteilscheinen entsprach das einer Marktkapitalisierung von 5,34 Mio. Dollar – umgerechnet etwa 3,94 Mio. Euro.
Alles kein Problem, ließ der ehemalige S&T-Finanzvorstand Dieter Gauglitz nun im Gespräch mit der APA (Austria Presse Agentur) verlautbaren: „Das Übernahmeangebot wird behördlich sowieso nur genehmigt, wenn das Geld schon auf dem Tisch liegt.“ Zudem ließ Gauglitz, der auch schon bei dem TecDAX-Wert Kontron die Finanzen führte, durchblicken, dass hinter Cloudeeva eine Gruppe von finanzkräftigen Geldgebern stehe. „Erst wenn die Investoren sagen, das lohnt sich, stecken sie Geld rein. Das ist nicht vorher notwendig”, so Gauglitz gegenüber der APA. In seinen Augen weist die Konstruktion sogar Parallelen zur Übernahme des Laptopherstellers Gericom durch Quanmax vor rund fünf Jahren auf. Finanziert werden soll der S&T-Deal durch eine Kombination aus Fremd- und Eigenkapital. Derweil denkt Cloudeeva-Vorstandschef Adesh Tyagi bereits in größeren Dimensionen: „Wir glauben, dass die Schwelle einer halben Milliarde US-Dollar Umsatz eine schnellere Akzeptanz unserer Cloud-, Mobilitäts- und Big Data-Services in Kombination mit Outsourcing-Services und Cloud-Appliances bewirken wird. Auf Basis der gegenwärtigen Planungen von S&T für 2013 würden die Österreicher dann gut die Hälfte zu der Zielmarke von rund 500 Mio. Dollar beisteuern. Offenbar soll hier ein großes Rad gedreht werden.
Im amerikanischen Telefonhandel hat sich der Aktienkurs von Cloudeeva – das Unternehmen steckt noch in der Börsenhülle der Vorgängergesellschaft Systems America – innerhalb von wenigen Tagen bereits auf wundersame Weise vervielfacht. In der Spitze wurde das Papier bereits mit 0,06 Dollar gehandelt, gegenwärtig sind es 0,04 Dollar. Seit Bekanntgabe der Verhandlungen hat die Gesellschaft zwischenzeitlich somit um erstaunliche 1.100 Prozent an Wert gewonnen. Nicht schlecht, auch wenn das Plus gegenwärtig auf 700 Prozent geschmolzen ist. Momentan beträgt der Börsenwert demnach aber trotzdem nur knapp 43 Mio. Dollar. Finanziell muss das Unternehmen also in der Tat noch aufgepumpt werden.
Insgesamt müssen die Anleger bei S&T also eine Menge Vertrauen in die Belastbarkeit der Pläne der US-Investoren mitbringen. Noch gleicht der ganze Deal zu einem wesentlichen Teil einer Black Box. Gemessen daran wirkt die geforderte Mindestofferte von 3,00 Euro allerdings nicht sonderlich ambitioniert. Schließlich werden die Österreicher auf dieser Basis mit weniger als dem Doppelten des Buchwerts und einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von lediglich knapp zehn eingestuft. Die Experten von Hauck & Aufhäuser sind da wesentlich forscher. Sie siedeln den fairen Wert für die S&T-Aktie bei 4,50 Euro an. Das übersteigt die aktuelle Notiz um immerhin 47 Prozent. Risikobereite Investoren setzen darauf, dass die Analysten mit ihrer Kursprognose Recht bekommen. S&T-Vorstandschef Hannes Niederhauser, gleichzeitig auch einer der Großaktionäre von S&T, ist ebenfalls zuversichtlich: „Diese Transaktion wird den Unternehmenswert deutlich steigern.”