In der Nähe des Allzeittiefs notiert der Aktienkurs von Solarworld: Mitte Juni hatte der Konzern einmal mehr schlechte Nachrichten für Anleger parat. Er hatte sich mit einem wichtigen Rohstofflieferanten auf neue Verträge geeinigt – im Gegenzug musste Solarworld allerdings einen Teil der Anzahlungen beziehungsweise Rückforderungsansprüche gegenüber dem Rohstofflieferanten in den Wind schreiben. Dieser Effekt werde das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im Gesamtjahr „in niedriger zweistelliger Millionenhöhe“ belasten. Eine neue Prognose will das Unternehmen mit der Vorlage der Halbjahreszahlen am 14. August machen. Zuvor hatte Vorstandschef Frank Asbeck ein EBITDA von mehr als 10 Mio. Euro in Aussicht gestellt. In diesem operativen Ergebnis sind die Effekte aus dem Schuldenschnitt, bei dem die Gläubiger dem Unternehmen zuletzt 57 Prozent ihrer Forderungen erließen, ebenso nicht berücksichtigt wie der positive Sondereffekt aus der Erstbilanzierung der Solarsparte von Bosch.
Immerhin: Offenbar läuft das Geschäft im Werk in Arnstadt (Thüringen), das Solarworld von Bosch übernommen hatte, erfreulich. „Wir haben gegenwärtig eine starke Nachfrage nach unseren Produkten. Die Nachfrage kommt vor allem aus dem Ausland“, sagt Konzernsprecher Milan Nitzschke im Gespräch mit Feingold Research. Wegen der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes schwächele allerdings das Geschäft in Deutschland. Der Konzern hoffe jedoch, dass sich die Lage hierzulande wieder beleben werde. Wegen der insgesamt guten Nachfrage fährt Solarworld die Produktion in Arnstadt hoch. „Um das Werk auf Volllast hochzufahren, suchen wir weitere Mitarbeiter“, sagt Nitzschke. Die Zahl der gesuchten Mitarbeiter wollte der Konzernsprecher allerdings nicht quantifizieren. Gemeinsam mit dem Werk in Arnstadt hatte die frühere TecDAX-Gesellschaft rund 750 Mitarbeiter von Bosch übernommen. Insgesamt hat Solarworld derzeit 3100 Mitarbeiter. Der Konzern mit Sitz in Bonn produziert außer im Werk in Arnstadt auch im sächsischen Freiberg. Der dortige Standort solle auch weiterhin „die größte und wichtigste Säule im Konzern bleiben“, hatte Nitzschke Mitte Juni betont. Zudem hat der Konzern noch ein Werk in Hillsboro/USA. Der weltweite Solarmarkt soll 2014 vor allem in China, den USA und Japan kräftig wachsen. Außer in China sieht der Konzern gute Chancen, um an dem Wachstum zu partizipieren.
Nitzschke bestätigt die Absatzprognose für den Konzern. Im Gesamtjahr 2014 will Solarworld Module und Bausätze mit einer Leistung von insgesamt 820 Megawatt verkaufen. Beim Umsatz peilt das Unternehmen einen Anstieg auf mehr als 680 Mio. Euro an. In dieser Prognose ist der Kauf der Solar-Sparte von Bosch berücksichtigt. Wie groß der Preisdruck in der Branche wegen der hohen Überkapazitäten ist, hatten die Zahlen zum ersten Quartal einmal mehr aufgezeigt. So war bei einem Umsatzrückgang auf 99,4 Mio. Euro ein bereinigtes EBITDA von lediglich 1,6 Mio. Euro übrig geblieben.
Die Finanzprofis prognostizieren, dass das EBITDA im kommenden Jahr auf 65 Mio. Euro hochschießen wird. Angesichts des von Solarworld ursprünglich für dieses Jahr angepeilten Wertes von mehr als 10 Mio. Euro halten wir die Schätzungen der Analysten für 2015 für sehr ambitioniert. Vielmehr wird es für Asbeck eine Herkulesaufgabe sein, den Turnaround bei dem Konzern zu schaffen. Es scheint ratsam, dass sich Anleger die weitere Entwicklung bei Solarworld erst einmal aus sicherer Entfernung anschauen – zumindest was Neuengagements angeht.