Es ist zum Davonlaufen. Kurz vor Veröffentlichung des Halbjahresberichts 2024 ist der Aktienkurs von Softing mit 4,28 Euro auf den tiefsten Stand seit November 2011 gerutscht. Allein seit dem Mai-Hoch von 2023 türmt sich das Kursminus auf mehr als 40 Prozent. Dabei sah die Meldungslage des Anbieters von Steuerungs- und Messtechnikprodukten zu dieser Zeit noch ungewohnt gut aus und deutete auf einen anhaltenden Aufschwung. Doch die zuvor üppigen Auftragseingänge sind zuletzt geschmolzen wie Eis in der Sonne. „Das wirtschaftliche Umfeld macht es uns derzeit nicht leicht“, räumt CEO Wolfgang Trier ein. „Ganz überwiegend stagniert die Nachfrage seitens der industriellen Verbraucher. Nach dem Boom-Jahr 2023 sind die Lager entlang der gesamten Lieferketten noch immer übersättigt. Gleichzeitig sind die Kunden mit neuen Investitionen sehr zurückhaltend.“
Konkret gingen die Ordereingänge im ersten Halbjahr 2024 auf Konzernebene um 28 Prozent auf 31,9 Mio. Euro zurück. Der Auftragsbestand beträgt zurzeit 30,9 Mio. Euro – verglichen mit 45,1 Mio. Euro zum Jahresschluss 2023, knapp 90 Mio. Euro per Ende Dezember 2022 und 33,6 Mio. Euro zum Jahresultimo 2021. So gesehen: Zurück auf Los. Immerhin gibt es kaum Stornierungen und auch Preissteigerungen werden in der Regel von den Kunden akzeptiert. Das sind positive Signale. Doch schwerer wiegt, dass Softing seine Strukturen zuletzt auf Wachstum ausgelegt hatte und dies nun in den Zahlen zu spüren bekommt. So drehte das um Sondereffekte aus Übernahmen bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (operatives EBIT) in den ersten sechs Monaten 2024 von plus 3,1 auf minus 0,4 Mio. Euro – bei um 18,6 Prozent rückläufigen Erlösen von knapp 47,3 Mio. Euro. Unterm Strich fiel das Ergebnis je Aktie von plus 0,04 auf minus 0,17 Euro.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 78,71 | 83,89 | 91,07 | 77,60 | 84,69 | 98,31 | 112,60 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 9,02 | 12,12 | 7,76 | 9,07 | 9,73 | 13,92 | |
EBITDA-Marge3 | 8,69 | 10,75 | 13,31 | 10,00 | 10,71 | 9,90 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 4,08 | 4,30 | -3,93 | -0,48 | 0,76 | -2,72 | |
EBIT-Marge5 | 2,99 | 4,86 | 4,72 | -5,06 | -0,57 | 0,77 | -2,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,73 | 3,33 | 2,93 | -4,58 | -0,07 | -1,18 | -5,71 | |
Netto-Marge6 | 0,93 | 3,97 | 3,22 | -5,90 | -0,08 | -1,20 | -5,07 | |
Cashflow1,7 | 3,56 | 9,43 | 10,37 | 4,91 | 11,05 | 3,82 | 9,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,10 | 0,38 | 0,31 | -0,50 | 0,01 | -0,13 | -0,63 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,13 | 0,04 | 0,04 | 0,10 | 0,10 | 0,13 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
In erster Linie ist das eine Konsequenz der schwachen Resultate im so wichtigen Segment Industrial, was nur noch knapp positiv abgeschnitten hat. Der Bereich Automotive zeigt dagegen einen unerwartet deutlichen Turnaround, während IT-Networks weiter deutlich im roten Terrain verharrt. „Es ist uns gelungen, Softing Automotive mit langlaufenden Großprojekten von den diesjährigen Konjunktureinbrüchen zu entkoppeln. Unsere Produkte zielen auf Aufgaben, die auch in der Krise dieser Branche unverzichtbar sind“, sagt Trier. Um die unbefriedigenden Entwicklung auf Konzernebene wieder in die richtige Richtung zu schieben, hat das in Haar bei München ansässige Unternehmen zuletzt das Effizienzprogramm CORE – Costs down, Revenue up – auf die Schiene gesetzt. „Die Kostenstrukturen werden der Situation angepasst“, sagt Trier.
In Kombination mit dem Schwerpunkt auf einem möglichst vorteilhaften Produktmix rechnet Softig für 2025 mit einem zusätzlichen Ergebnisbeitrag auf CORE in einem mittleren einstelligen Millionen-Euro-Betrag. Für das laufende Jahr muss die Gesellschaft ihre Ziele derweil kürzen und rechnet beim Umsatz nur noch mit dem unteren Bereich der bisherigen Spanne von 105 bis 113 Mio. Euro. Das operative EBIT soll dabei zwischen 4 und 5 Mio. Euro liegen – hier lag die Messlatte bislang bei 5 bis 7 Mio. Euro. Die Abstriche sind also gar nicht mal so groß. Entsprechend überdimensioniert scheint auch die Skepsis des Kapitalmarkts zu sein. So beträgt der Börsenwert von Softing zurzeit nur noch knapp 41 Mio. Euro – bei einem auf die Anteilseigner entfallenden Eigenkapital von 52,5 Mio. Euro. Momentan wird der Titel also wieder sehr deutlich unter Buchwert gehandelt.
Schwer zu sagen allerdings, ob nicht doch nochmals Korrekturen beim Firmenwert (Goodwill) zu befürchten sind, die dann entsprechend am Eigenkapital zehren. Rein mit Blick auf die einschlägigen Ertragskennzahlen, sieht die Softing-Aktie jedoch enorm günstig aus. Entsprechend bleiben die Analysten von Warburg Research bei ihrer Kaufen-Einschätzung mit Kursziel 8 Euro. Keine Frage: So überverkauft das Chartbild auch aussieht: Es braucht eine Menge Optimismus, um sich in der aktuellen Situation antizyklisch für ein Investment in der Softing-Aktie zu entscheiden. Das weiß auch CEO Wolfgang Trier, daher betont er: „Wie immer birgt jede Situation nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen.“
Foto: Unsplash+
Jetzt für unseren wöchentlichhttps://archiv.geschaeftsberichte-download.de/newsletter.phpen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL) sowie Interna aus der Redaktion. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun. Wir freuen uns auf Sie! Selbstverständlich behandeln wir Ihre E-Mail-Adresse vertraulich und verwenden sie ausschließlich für den Versand des Newsletters BGFL WEEKLY.