Bei seiner Präsentation auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz im November hatte sich Softing-CEO Wolfgang Trier noch ein Hintertürchen offengelassen: „Die Guidance hängt an drei Großprojekten. Das ist durchaus ein Risiko, ob wir die 2024 reinbekommen.“ Doch der Kursverfall der vergangenen Wochen deutete nichts Gutes an. Nun herrscht Gewissheit: Softing wird seine zum Halbjahr ohnehin schon reduzierte und nach Q3 nochmals leicht justierte Prognose für 2024 verfehlen und rechnet nun bei Umsätzen zwischen 90 und 95 Mio. Euro mit einem um Sondereffekte aus Übernahmen bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (operatives EBIT) in einer Bandbreite von 2,0 bis 2,5 Mio. Euro. Extraposten ausgeklammert, dürfte das EBIT im ausgeglichenen Bereich liegen. Zur Einordnung: Zuletzt war Trier von Erlösen um 105 Mio. Euro sowie einem operativen EBIT im Bereich um 4 Mio. Euro für 2024 ausgegangen. Nun: Das vergangene Jahr ist aus Börsensicht abgehakt und auch die neuerliche Prognosekorrektur sollte im Aktienkurs enthalten sein.
Was boersengefluester.de allerdings Bauchschmerzen bereitet, ist, dass für das kommende Jahr kaum eine signifikante Besserung der Gesamtsituation realistisch ist. „Wachstum ist erst wieder ab 2026 zu erwarten“, sagte Trier auf der MKK. Auch was mögliche Akquisitionen angeht, zeigte sich Trier bei seiner Präsentation ungewöhnlich zurückhaltend. „Keine Experimente in einer Stimmung, die salopp depressiv ist“, so die Ansage des Vorstands. Daraus jetzt eine knackige Equity Story für 2025 abzuleiten, ist freilich kaum möglich. Aber so ist die Realität in weiten Teilen des Automotive- und Industriesegments zurzeit nun mal. Immerhin hat Softing interessante neue Produkte im Köcher und ist dank der Kapitalerhöhung vom dritten Quartal 2024 zu 4,60 Euro je Aktie mit einem Gesamtvolumen von rund 3,8 Mio. Euro „gut durchfinanziert“. Eine gewisse Kursfantasie lässt sich auch daraus ableiten, dass der Schweizer Investor und Unternehmer Rudolf Noser dem Vernehmen nach mittlerweile mehr als 20 Prozent der Stimmen hält und weiter Richtung 30 Prozent gehen dürfte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 78,71 | 83,89 | 91,07 | 77,60 | 84,69 | 98,31 | 112,60 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 9,02 | 12,12 | 7,76 | 9,07 | 9,73 | 13,92 | |
EBITDA-Marge3 | 8,69 | 10,75 | 13,31 | 10,00 | 10,71 | 9,90 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 4,08 | 4,30 | -3,93 | -0,48 | 0,76 | -2,72 | |
EBIT-Marge5 | 2,99 | 4,86 | 4,72 | -5,06 | -0,57 | 0,77 | -2,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,73 | 3,33 | 2,93 | -4,58 | -0,07 | -1,18 | -5,71 | |
Netto-Marge6 | 0,93 | 3,97 | 3,22 | -5,90 | -0,08 | -1,20 | -5,07 | |
Cashflow1,7 | 3,56 | 9,43 | 10,37 | 4,91 | 11,05 | 3,82 | 9,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,10 | 0,38 | 0,31 | -0,50 | 0,01 | -0,13 | -0,63 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,13 | 0,04 | 0,04 | 0,10 | 0,10 | 0,13 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Zudem ist es nicht so, dass Softing im Hauptgeschäft kein Geld verdient. Sofern es gelingt, den Geldabfluss bei der im Automotive-Bereich angesiedelten Telematik-Tochter GlobalmatiX sowie dem schwachen Industriesegment zu stoppen, kann sich die Situation schnell und deutlich ändern. Das alles korrespondiert mit einem Aktienkurs, der mit 2,92 Euro – zumindest absolut – nicht mehr sonderlich weit weg ist vom All-Time-Low aus dem Herbst 2001. Damals rutschte die Notiz kurzfristig sogar unter 1 Euro, kletterte später aber in Regionen bis rund 18 Euro. Was tun? Wer den Titel im Depot hat, wird auf hohen Buchverlusten sitzen. Verkaufen ist da nicht unbedingt die beste Option. Mittlerweile beträgt der Börsenwert nicht einmal mehr 30 Mio. Euro, also nur etwa ein Drittel des Umsatzes und 60 Prozent des Eigenkapitals. Nicht auszuschließen, dass es nochmals zu Abschreibungen bei den Firmenwerten kommt. Aber auch diesbezüglich müsste das Restrisiko überschaubar sein. Aber keine Frage: Momentan fällt es schwer, auf ein nachhaltiges Comeback der Aktie zu setzen.
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