Es ist jetzt nicht so, dass langjährige Aktionäre von Softing vor Freude über das zuletzt erreichte Kursniveau von etwas mehr als 6 Euro in die Luft hüpfen würden. Immerhin kostete der Anteilschein des Anbieters von Elektronikprodukten und Messtechniksystemen vor fünf Jahren noch rund 10 Euro, und der ganz langfristige Chart zeigt ein noch trüberes Bild von der Performance am Kapitalmarkt. Gleichwohl ist die Ende 2022 bei rund 5 Euro begonnene Kurswende ein Anfang. Immerhin spiegelt sie wider, dass Softing zumindest auf der Erlösseite gut vorankommt und mit einem Auftragsbestand von knapp 90 Mio. Euro zum Jahresende 2022 prall gefüllte Orderbücher vorzuweisen hat. Entsprechend kamen die Umsatzerlöse im vergangenen Jahr bereits sehr deutlich um 16 Prozent auf 98,31 Mio. Euro voran und sollen im laufenden Jahr mit einer Bandbreite 110 bis 115 Mio. Mio. Euro erstmals in der Konzernhistorie sogar auf eine dreistellige Millionen-Euro-Größe klettern.
„Liefern war die Kunst. Viele Projekte wurden weitgehend planmäßig abgearbeitet. All das kostete aber Marge, da wir die langfristig vereinbarte Preise nicht beliebig kurzfristig anheben konnten“, sagt CEO Wolfgang Trier mit Blick auf die zum Teil heftigen Probleme bei der Beschaffung von elektronischen Bauteilen. Entsprechend drehte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 2022 „nur“ von minus 476.000 Euro auf plus 762.000 Euro. Das um aktivierte Entwicklungsleistungen und deren Abschreibungen sowie Auswirkungen aus der Kaufpreisverteilung im Zuge von Übernahmen bereinigte EBIT stieg – trotz des erhofft dynamischen Schlussquartals – nur um zehn Prozent auf 3,3 Mio. Euro. Ursprünglich erwartet hatte Wolfgang Trier hier ein operatives EBIT von mehr als 4,0 Mio. Euro. Ins Kontor geschlagen haben dabei insbesondere die zwischenzeitlichen Probleme mit einem Vorlieferanten für das Segment IT Networks.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 78,71 | 83,89 | 91,07 | 77,60 | 84,69 | 98,31 | 112,60 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 9,02 | 12,12 | 7,76 | 9,07 | 9,73 | 13,92 | |
EBITDA-Marge3 | 8,69 | 10,75 | 13,31 | 10,00 | 10,71 | 9,90 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 4,08 | 4,30 | -3,93 | -0,48 | 0,76 | -2,72 | |
EBIT-Marge5 | 2,99 | 4,86 | 4,72 | -5,06 | -0,57 | 0,77 | -2,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,73 | 3,33 | 2,93 | -4,58 | -0,07 | -1,18 | -5,71 | |
Netto-Marge6 | 0,93 | 3,97 | 3,22 | -5,90 | -0,08 | -1,20 | -5,07 | |
Cashflow1,7 | 3,56 | 9,43 | 10,37 | 4,91 | 11,05 | 3,82 | 9,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,10 | 0,38 | 0,31 | -0,50 | 0,01 | -0,13 | -0,63 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,13 | 0,04 | 0,04 | 0,10 | 0,10 | 0,13 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
Mittlerweile sind die Probleme aber gelöst und Softing hat einen neuen Lieferanten aufgebaut, der in der Lage ist, die nötigen Stückzahlen zu liefern. Bis zum Ende des ersten Halbjahr 2023 soll die entstandene Lücke geschlossen sein. „Wir sehen kaum Stornierungen der zur Lieferung ausstehenden Bestellungen“, sagt Wolfgang Trier. Trotzdem wird Softing wegen des anhaltenden Kostendrucks in der gesamten Branche auch im laufenden Jahr nochmals hinter den eigenen Renditeansprüchen zurückbleiben. Die – wie es offiziell heißt – „vorsichtig formulierte“ Prognose für das operative EBIT liegt bei mehr als 3,0 Mio. Euro. Das normale EBIT dürfte in einer Spanne von 1,0 bis 1,5 Mio. Euro liegen. Zur Einordnung: Die Analysten von Warburg Research haben zuletzt bereits für 2023 wieder mit einem operativen EBIT von etwa 7 Mio. Euro gerechnet und ein Kursziel von 7,30 Euro ermittelt. Hier dürfte es also zu Nachjustierungen im kurzfristigen Prognosemodell von Warburg kommen.
Angesichts der vielen neuen Produkte, den gewonnenen Aufträgen – insbesondere im Automotivesektor – sowie dem Trend zu neuen Technologien rechnet der Softing-Vorstand ab 2024 dann jedoch mit einer klaren Verbesserung der Profitabilität. Wer sich in der Softing-Aktie engagiert, muss also genau hierauf sein Augenmerk legen. Trotz des negativen Konzernergebnisses für das vergangene Jahr will Softing zur Hauptversammlung am 4. Mai 2023 erneut eine Dividende von 0,10 Euro vorschlagen. Das macht den Titel jetzt zwar nicht zu einem Renditewert, aber immerhin: Besser als eine Nullrunde.
Zudem gibt es die Softing-Aktie noch leicht unterhalb des Buchwerts und für rund die Hälfte der für das laufende Jahr avisierten Umsatzerlöse. Bleibt die Pflichtaufgabe das Management, dass Softing endlich auch wieder unterm Strich überzeugende Zahlen liefert. Zweistellige EBIT-Margen gab es zuletzt 2013 – und damals kostete die Aktie mehr als 15 Euro. Das zeigt, welches Potenzial in dem Small Cap schlummert.
Foto: Softing AG