Wenn Wolfgang Trier, Vorstandschef und Großaktionär von Softing, vor Investoren auftritt, ist der Raum meist gerammelt voll. Das war beim Eigenkapitalforum in Frankfurt nicht anders, obwohl sich das dreitägige Großereignis bei seiner Präsentation bereits unmittelbar dem Ende näherte. Doch die Investoren mögen den Manager. Kein Wunder: Trier redet Tacheles. Es gibt wohl keinen Vorstandschef einer börsennotierten Gesellschaft in Deutschland, der so unmissverständlich mit den politischen Kräften ins Gericht geht. Mit Skepsis betrachtet er insbesondere die Perspektive in Europa. „Die resultiert zum einen aus den hinreichend bekannten Risiken des immer wieder verschleppten Euro-Ausstiegs eines wirtschaftlich und politisch bankrotten Griechenlands, der Reformschwächen Frankreichs und eines politisch motivierten Großexperiments der EZB, das in erster Linie nachhaltig negative Nebenwirkungen aufbauen wird. Hinzu kommen noch wirtschaftliche und politische Risiken in China, deren Brisanz in meinen Augen unterschätzt werden”, sagt Trier im Vorwort des aktuellen Geschäftsberichts. Wesentlich besser schätzt der Firmenlenker die Perspektiven für die Vereinigten Staaten ein. Das strategische Ziel für den in Haar, östlich von München, angesiedelten Spezialisten für Produkte rund um die industrielle Automatisierung sowie die Automobilelektronik, ist damit klar: In den kommenden zwei bis drei Jahren soll mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes aus dem US-Raum stammen. Zur Einordnung: 2014 waren es erst 21,4 Prozent, obwohl Softing im Mai des vergangenen Jahres mit dem Kauf von OLDI (Online Development) – einem Hersteller von Steuerungsgeräten aus Knoxville in Tennessee – einen wichtigen Schritt nach vorn gemacht hat. Doch die Akquisition wirkte sich 2014 erst anteilig aus.
Überhaupt haben die jüngsten Zukäufe ihre Spuren im Zahlenwerk hinterlassen. Zwar schnellten die Erlöse von Softing 2014 von 52,6 auf 74,5 Mio. Euro nach oben. Doch höhere Abschreibungen auf die erworbenen Vermögenswerte sorgten dafür, dass der Gewinn von 4,3 auf 3,8 Mio. Euro schrumpfte. Die lange Zeit im Hausse-Modus befindliche Softing-Aktie fiel von annähernd 19 Euro auf aktuell knapp 13 Euro zurück – vermutlich wohl auch, weil ein Teil des Umsatzes mit Kunden aus dem Ölsektor gemacht wird. Und hier gibt es die Befürchtung, dass dieser Part womöglich noch geringer wird. Für Trier ist das aktuelle Kursniveau jedenfalls viel zu niedrig: „Wer erkennt, welches Potenzial vor uns liegt, hat derzeit ausgezeichnete Chancen zum Einstieg bzw. zum Ausbau seines Engagements.” Die Analysten von Warburg Research gelangen zu dem selben Ergebnis. Immerhin liegt ihr Kursziel von 18 Euro um fast 40 Prozent oberhalb der aktuellen Notiz. Gegenwärtig bringt Softing gut 90 Mio. Euro auf die Waagschale. Hinzu kommen Nettofinanzverbindlichkeiten von knapp 9,5 Mio. Euro. Das ergibt einen Enterprise Value (EV) von rund 100 Mio. Euro. Setzt man diesen EVT in Relation zum 2014er-Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 10,1 Mio. Euro – angesichts der Abschreibungsthematik hat Trier das EBITDA – zur neuen Steuergröße erklärt, ergibt sich ein EV/EBITDA von knapp zehn. Dieser Wert ist noch nicht übermäßig niedrig, doch spätestens ab 2016 ist mit einer spürbaren Ermäßigung zu rechnen.
„2015 wird für Softing in erster Linie durch Produktinnovationen geprägt sein, die ab 2016 die Triebfeder für ein kräftiges organisches Wachstum bei signifikanter Verbesserung der Ertragsqualität bilden werden”, erklärt Trier. Die Analysten von Warburg gehen für 2016 von einem EBITDA von 14,8 Mio. Euro aus. Für 2017 erwarten sie dann einen weiteren Zuwachs auf 16,5 Mio. Euro. Auch wenn boersengefluester.de hier noch ein wenig zurückhaltender ist. Die Richtung stimmt auf jeden Fall. Und Anleger, die der Kursrally von Softing von 2010 bis 2014 immer nur hinterhergeschaut haben, haben derzeit eine gute antizyklische Einstiegsgelegenheit. Der Chart sieht noch eher trist aus. Doch Anleger, die sich bei Softing engagieren, sollten sowieso lieber auf die Fundamentaldaten schauen – und dem unternehmerischen Instinkt von Wolfgang Trier vertrauen. Die Dividende für 2014 wird das Unternehmen von 0,35 auf 0,25 Euro pro Aktie senken. Damit kommt der Titel auf eine Rendite von immerhin noch 1,9 Prozent. Ganz verkehrt ist auch das nicht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 78,71 | 83,89 | 91,07 | 77,60 | 84,69 | 98,31 | 112,60 | |
EBITDA1,2 | 6,84 | 9,02 | 12,12 | 7,76 | 9,07 | 9,73 | 13,92 | |
EBITDA-Marge3 | 8,69 | 10,75 | 13,31 | 10,00 | 10,71 | 9,90 | 12,36 | |
EBIT1,4 | 2,35 | 4,08 | 4,30 | -3,93 | -0,48 | 0,76 | -2,72 | |
EBIT-Marge5 | 2,99 | 4,86 | 4,72 | -5,06 | -0,57 | 0,77 | -2,42 | |
Jahresüberschuss1 | 0,73 | 3,33 | 2,93 | -4,58 | -0,07 | -1,18 | -5,71 | |
Netto-Marge6 | 0,93 | 3,97 | 3,22 | -5,90 | -0,08 | -1,20 | -5,07 | |
Cashflow1,7 | 3,56 | 9,43 | 10,37 | 4,91 | 11,05 | 3,82 | 9,10 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,10 | 0,38 | 0,31 | -0,50 | 0,01 | -0,13 | -0,63 | |
Dividende8 | 0,13 | 0,13 | 0,04 | 0,04 | 0,10 | 0,10 | 0,13 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |