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SMT Scharf: Tabula rasa

Das ist bitter: Als boersengefluester.de vor rund 2,5 Jahren erstmals mit SMT Scharf-Vorstand Hans Joachim Theiß über die Akquisition RDH Mining Equipment sprach, passte das auf gummibereifte Minenfahrzeuge spezialisierte Unternehmen aus Kanada perfekt in den Zeitgeist und schien ein super Kicker für die SMT-Aktie zu sein. Immerhin hatte sich RDH (Rick’s Diesel & Hydraulic) gerade bei batteriebetriebenen Fahrzeugen einen Namen gemacht. Entsprechend galt die für 5,2 Mio. Euro erworbene Gesellschaft als eine Art „Minen-Tesla“ (HIER). Die hohe Erwartungshaltung konnte die defizitäre RDH bislang allerdings nicht einlösen. Schlimmer noch. „Die Integration in die SMT Scharf Gruppe hat sich wider Erwarten als ein Kraftakt erwiesen“, räumt Theiß ein und macht nun bilanziell reinen Tisch. So wurde der Lagerbestand von RDH als „teilweise nicht werthaltig“ eingestuft und um 5,1 Mio. Euro abgewertet. Weitere 1,5 Mio. Euro gingen darüber hinaus für Sonderabschreibungen auf den in der Bilanz zum Halbjahr 2020 noch mit knapp 6,5 Mio. Euro angegeben gesamten Firmenwert des Konzernverbunds drauf.

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Konkrete Erläuterungen, auf welche Vermögensgegenstände sich die Goodwill-Korrektor bezieht, machte SMT Scharf freilich nicht. Dem Vernehmen nach hängt die Anpassung mit den belastenden Auswirkungen von COVID-19 auf die Geschäftsentwicklung zusammen. Quasi in einem Abwasch faltete das auf Beförderungssysteme für den Einsatz im Bergbau spezialisierte Unternehmen seine Erlösprognose für das laufende Jahr um 7 Mio. Euro auf eine neue Bandbreite von 48 bis 50 Mio. Euro zusammen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) wird durch die Sonderabschreibungen nun tiefrot und dürfte für 2020 in einer Spanne zwischen minus 6,0 und minus 6,5 Mio. Euro liegen. Die bisherige Prognose für 2020 sah ein EBIT von minus 1,4 bis minus 1,6 Mio. Euro vor. Ein herber Schlag ins Kontor, der zu dem mit Abstand schlechtesten Ergebnis in der bisherigen Börsenhistorie von SMT Scharf seit 2007 führen wird. Kein Wunder, dass sich die Notiz des Spezialwerts mittlerweile nahe des All-Time-Lows von 2008 befindet.

 

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Was also tun mit der Aktie? Wer vor zwölf Jahren – mitten in der Finanzkrise – die Nerven behielt, wurde (zumindest zwischenzeitlich) reich belohnt. In der Spitze kletterte der Aktienkurs 2012 bis auf annähernd 28 Euro. Doch Geschichte muss sich nicht wiederholen. Wenig hilfreich ist auch der Blick auf den Buchwert, er hat damals wie heute keine signifikante Unterstützung geboten. Letztlich muss Hans Joachim Theiß so schnell wie möglich den Turnaround hinbekommen. Und das stehen die Chancen gar nicht so übel. In China könnte das durch ein rechtliches Sonderthema behinderte Geschäft im ersten Halbjahr 2021 wieder in die Gänge kommen. Und auch was die Zukunft von RDH-Scharf angeht, sieht es nicht schlecht aus. „In der Entwicklung und Produktion von elektrobetriebenen Fahrzeugen für den Bergbau und andere Branchen sehen wir großes Potenzial für unsere Unternehmensgruppe in den kommenden Jahren“, sagt Theiß.

Die Analysten von Montega haben zuletzt mit einem Überschuss von rund 4 Mio. Euro für 2021 und 5 Mio. Euro für 2022 gerechnet. Doch selbst wenn sich diese Prognosen also zu optimistisch herausstellen und SMT Scharf nur gut halb so viel verdient, käme der Titel noch auf ein moderates KGV. Ist schon klar: Durchhalteparolen sind häufig keine besonders clevere Idee. Auf dem aktuellen Kursniveau scheint „Halten“ für boersengefluester.de dennoch die sinnvollste Einschätzung zu sein.

 

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Foto: RDH-Scharf


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Über Gereon Kruse

Gereon Kruse
Gereon Kruse ist Gründer des in Frankfurt ansässigen Finanzportals boersengefluester.de und seit vielen Jahren ein profunder Kenner von Kapitalmarktthemen und Experte für Datenjournalismus. Sein Spezialgebiet sind deutsche Aktien – insbesondere Nebenwerte. Investmentprofis aus dem Small- und Midcap-Bereich stufen die Qualität der Berichterstattung von boersengefluester.de laut der IR.on-Medienstudie 2020/21 mit der Bestnote 1,67 ein. Im Gesamtranking der Onlinemedien liegt die Seite mit Abstand auf Platz 1. Beim finanzblog award der comdirect bank hat boersengefluester.de den Publikumspreis und zusätzlich noch den 3. Platz in der Jurywertung gewonnen. Zuvor war Gereon Kruse 19 Jahre beim Anlegermagazin BÖRSE ONLINE tätig – von 2000 bis Anfang 2013 in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs.