Freitagabend, gegen 20 Uhr. Das ist normalerweise die Zeit, in der die Nebenwerteszene der „Kack-Ad-hoc“ zum Wochenende entgegenfiebert. Immerhin platzieren nicht wenige Unternehmen die Veröffentlichung unvorteilhafter Meldungen auf diesen Termin – in der Hoffnung, dass die schlechten Nachrichten bis zur Börseneröffnung am Montag schon ein wenig abgekühlt sind. Insofern war die Smartbroker Holding mit ihrer überraschenden Ankündigung einer Kapitalerhöhung plus der eine Stunde später nachgeschobenen Meldung um den mittelfristigen Ausblick bis 2030 schnell ein Aufregerthema. Doch bei näherem Hinsehen sind es alles andere als unangenehme Meldungen, die das Finanzdienstleistungsunternehmen rund um den Discountbroker Smartbroker+ sowie Börsenplattformen wie – allen voran – wallstreet:online parat hat.
Hinzu kommt, dass das Timing insofern nachvollziehbar ist, weil das Vorstandsteam vom 13. bis 15. Mai 2024 auf der von Equity Forum organisierten Frühjahrskonferenz vor Investoren, Analysten und Vertretern der Finanzpresse in Frankfurt präsentiert und die jetzt veröffentlichte Szenariorechnung um Neukunden und EBITDA-Wachstum ein zentrales Element des Vortrags ist. Darauf hatte CEO André Kolbinger schon vor einigen Wochen auf einem Update zu den wesentlichen Performance-Indikatoren (KPI) der Berliner hingewiesen. Keine Frage: Derartig langfristige Vorschauen, wie sie die Smartbroker Holding jetzt vorgelegt hat, sind mit einer gehörigen Portion Unsicherheit versehen. Doch wer als Anleger auch nur halbwegs davon ausgeht, dass der technisch und organisatorisch neu aufgestellte Smartbroker+ in den kommenden Quartalen tatsächlich den erhofften Schwung aufnimmt und den Konzernverbund bis 2026 Richtung eines EBITDA (nach Kundengewinnungskosten) im knapp zweistelligen Millionen-Euro-Bereich und bis 2030 vielleicht sogar Richtung 50 Mio. Euro führt, wird wohl kaum an der Aktie vorbeikommen.
Immerhin befindet sich der Anteilschein noch immer dicht in Bodennähe knapp unter 7 Euro. Dabei stellte Smartbroker-Vorstand Thomas Soltau auf der jüngsten KPI-Präsentation bei Montega – mit Blick auf den Aktienkurs – die bereits erzielten operativen Fortschritte heraus: „Wir sind weiter, als wir jemals waren.“ Sprich: Der Aktienkurs spiegelt die vielen Verbesserungen nach dem freilich sehr langwierigen und kostspieligen Umbauprozess des Smartbrokers noch längst nicht wider. Und es stehen weitere Upgrades an – etwa der Kryptohandel im dritten Quartal 2024. „Das ist das nächste große Thema, mit dem wir kommen werden“, sagt Soltau auf dem Montega-Call.
Eine wichtige finanzielle Voraussetzung, um die geplante Marketingoffensive zur Forcierung des Kundenwachstums umzusetzen, ist derweil die angekündigte Kapitalerhöhung über bis zu 1.100.000 Aktien zu einem Platzierungspreis von bis zu 7,20 Euro. Der genaue Ausgabebetrag für die neuen Aktien wird in einem Bookbuilding-Verfahren festgelegt. Brutto geht es jedenfalls um einen Betrag von Obergrenze knapp 8 Mio. Euro, wobei sich die Zahl der ausgegebenen Aktien im Zuge der als Privatplatzierung aufgesetzten Transaktion um bis zu sieben Prozent erhöhen würde. Selbst wenn es sich um eine volumenmäßig eher kleine Maßnahme handelt, hat sich die Börse bei Kapitalerhöhungen im Smallcap-Segment zuletzt häufig zickig gezeigt. Zudem liegt der Ausgabepreis möglicherweise sogar leicht über der aktuellen Notiz.
Es braucht also gute Argumente für potenzielle Investoren. CEO und Großaktionär André Kolbinger liefert insofern Überzeugungsarbeit, weil er zugesichert hat, für bis zu 5 Mio. Euro neue Aktien zu zeichnen, falls die Kapitalerhöhung nicht voll bei institutionellen Anlegern platziert wird. Zu einem Großteil ist die Maßnahme damit durch Kolbinger abgesichert, doch es wäre natürlich ein sehr viel besseres Signal, wenn sich neue Investoren in der Smartbroker-Aktie engagieren. Losgelöst davon hat der Vorstand auf der Frühjahrskonferenz in Frankfurt ausgiebig Gelegenheit, die Investmentstory vorzustellen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 5,19 | 7,78 | 8,55 | 28,21 | 48,20 | 52,79 | 46,54 | |
EBITDA1,2 | 2,03 | 3,71 | 3,70 | 4,52 | 3,56 | 8,77 | 1,35 | |
EBITDA-Marge3 | 39,11 | 47,69 | 43,27 | 16,02 | 7,39 | 16,61 | 2,90 | |
EBIT1,4 | 1,89 | 3,64 | 3,69 | 2,03 | 0,35 | -8,41 | -5,22 | |
EBIT-Marge5 | 36,42 | 46,79 | 43,16 | 7,20 | 0,73 | -15,93 | -11,22 | |
Jahresüberschuss1 | 1,78 | 3,23 | 1,90 | 3,55 | -0,54 | -10,07 | -5,92 | |
Netto-Marge6 | 34,30 | 41,52 | 22,22 | 12,58 | -1,12 | -19,08 | -12,72 | |
Cashflow1,7 | 1,92 | 3,30 | 1,91 | 1,18 | 13,93 | 5,04 | 0,19 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,14 | 0,24 | 0,13 | 0,25 | -0,04 | -0,64 | -0,38 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Dohm Schmidt Janka |
Foto: Clipdealer
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