Die am Ende doch nicht zustande gekommene Übernahme durch den chinesischen GlobalWafers-Konzern hatte die Aktie von Siltronic noch vergleichsweise gut weggesteckt, auch wenn sich die Notiz vom damaligen Angebotspreis von 145 Euro um rund ein Viertel entfernte. Ein Prozess, der übrigens schon in den Wochen vor dem offiziellen Platzen des Deals einsetzte. Immerhin konnten sich Investoren ausrechnen, dass sich der Zeitplan der Transaktion durch die fehlende Zustimmung der deutschen Behörden kaum halten ließ. Mit den Schockwellen am Kapitalmarkt im Zuge des russischen Kriegs in der Ukraine kam der Aktienkurs von Siltronic dann aber nochmals kräftig unter Druck.
Dabei zeigt der jetzt vorgelegte Geschäftsbericht 2021 auch offiziell, wie gut der Waferproduzent tatsächlich in Form ist. Die wesentlichen Eckdaten für das abgelaufene Geschäftsjahr hatte Siltronic freilich schon Anfang Februar vorgelegt. Trotzdem: Allein die Rückkehr zum 2019er-Dividendenniveau von 3,00 Euro je Aktie hievt den Titel auf eine Dividendenrendite von mehr als drei Prozent. Zudem wird der SDAX-Konzern momentan gerade einmal zum 2,5fachen des Buchwerts gehandelt – das ist signifikant weniger als im Mittel der vergangenen fünf Jahre, wo das KBV im Schnitt bei 4,4 lag. Für das laufende Jahr stellt CEO Christoph von Plotho einen Zuwachs der Konzernerlöse um 15 bis 20 Prozent auf dann möglicherweise in der Spitze 1.686 Mio. Euro in Aussicht. Für die EBITDA-Marge peilt der Vorstand – trotz der Belastungen aus höheren Preisen für Energie und Rohstoffe – eine Bandbreite zwischen 34 und 37 Prozent an.
Unterstellt man bei beiden Größen das arithmetische Mittel, könnte Siltronic für 2022 auf ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von gut 585 Mio. Euro kommen. Zum Vergleich: Der um die Netto-Liquidität bereinigte Unternehmenswert (EV) liegt bei gerade einmal 2.140 Mio. Euro, das entsprechende Multiple von EV zu EBITDA beträgt also nur 3,65. Dabei steht Siltronic mit dem Bau der neuen Megafabrik in Singapur – FabNext – vor der wohl größten Herausforderung in der Firmenhistorie. „Eine Investition von gut 2 Mrd. Euro ist auch für eine erfolgreiche Firma unserer Größe nicht ganz einfach zu stemmen“, sagt Christoph von Plotho. Bereits Anfang 2024 sollen die ersten Wafer die Produktionshallen in Singapur verlassen. Bei der Finanzierung für FabNext hat Siltronic einen „konservativen Ansatz“ gewählt, wie CFO Rainer Irle betont: „Der Großteil der Investitionen wird durch die vorhandene Liquidität, künftige Cashflows und Anzahlungen wichtiger Kunden finanziert. Zusätzlich denken wir über eine überschaubare Fremdfinanzierung nach, eine Kapitalerhöhung wird es 2022 nicht geben.“
Die Kursziele der Analysten liegen – wie im Chipsektor beinahe obligatorisch – sehr weit auseinander, aber selbst die Untergrenze von 110 Euro ist gegenwärtig eine 20-Prozent-Chance. Insgesamt sieht boersengefluester.de auf dem aktuellen Kursniveau um 90 Euro eine gute Gelegenheit für ein Engagement in dem Papier – auch wenn das Thema Übernahmefantasie bei den Münchnern wohl erst einmal vom Tisch ist. Wachstum und Bewertung stehen jedenfalls in einem sehr attraktivem Verhältnis zueinander.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.177,30 | 1.456,70 | 1.270,40 | 1.207,00 | 1.405,40 | 1.805,30 | 1.513,80 | |
EBITDA1,2 | 353,10 | 589,30 | 408,70 | 332,00 | 466,40 | 671,60 | 433,90 | |
EBITDA-Marge3 | 29,99 | 40,45 | 32,17 | 27,51 | 33,19 | 37,20 | 28,66 | |
EBIT1,4 | 235,70 | 497,70 | 298,30 | 192,20 | 316,90 | 495,60 | 231,10 | |
EBIT-Marge5 | 20,02 | 34,17 | 23,48 | 15,92 | 22,55 | 27,45 | 15,27 | |
Jahresüberschuss1 | 192,20 | 400,60 | 261,00 | 186,80 | 289,60 | 434,40 | 201,30 | |
Netto-Marge6 | 16,33 | 27,50 | 20,54 | 15,48 | 20,61 | 24,06 | 13,30 | |
Cashflow1,7 | 298,90 | 651,90 | 385,30 | 236,70 | 501,10 | 804,50 | -487,90 | |
Ergebnis je Aktie8 | 6,18 | 12,44 | 7,52 | 5,36 | 8,44 | 13,02 | 6,15 | |
Dividende8 | 2,50 | 5,00 | 3,00 | 2,00 | 3,00 | 3,00 | 1,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Foto: Siltronic AG