Die katastrophale Kursentwicklung von SGL Carbon in den vergangenen Wochen löste bereits entsprechende Spekulationen aus. Nun ist es amtlich: Der SDAX-Konzern wird eine gewaltige Kapitalerhöhung durchführen. Demnach könnte sich die Aktienzahl um bis zu 28 Prozent auf 91.421.053 erhöhen. Für je 25 bestehende Anteilscheine erhalten Anleger das Recht, sieben neue Papiere zum Preis von je 13,25 Euro zu zeichnen. Das Bezugsrecht hätte beim aktuellen Aktienkurs von 17,57 Euro einen Wert von 0,95 Euro. Den Bruttoemissionserlös beziffert der Spezialwerkstoffhersteller auf gut 267 Mio. Euro Euro. Der Bezugsrechtshandel beginnt bereits am 30. September und läuft voraussichtlich bis zum 13. Oktober 2014. Wichtiges Signal: Die Großaktionäre Susanne Klatten – über die SKion GmbH – (Anteil: 26,87 Prozent), BMW (Anteil: 15,72 Prozent) und Volkswagen (Anteil: 9,95 Prozent) haben bereits zugesagt, dass sie an der Kapitalerhöhung in vollem Umfang mitziehen. Lediglich vom Mischkonzern Voith (Anteil: 9,14 Prozent) gibt es offenbar keine explizite Teilnahmeerklärung. Den „überwiegenden Teil“ des Emissionserlöses will SGL zur Rückzahlung von Schulden verwenden. Zur Einordnung: Zum Halbjahr saßen die Wiesbadener auf Nettofinanzverbindlichkeiten von knapp 596 Mio. Euro. Das Eigenkapital von 538 Mio. Euro entsprach 26,4 Prozent der Bilanzsumme. Im Zuge der Finanzierungsrunde soll die Eigenkapitalquote wieder auf mehr als 30 Prozent klettern. Den Verschuldungsgrad (Nettofinanzschulden zu Eigenkapital) will das Unternehmen von zuletzt 1,11 auf 0,46 drücken. Das entspräche nahezu exakt der Größenordnung von Mitte 2010.
Vorstandschef Jürgen Kohler verbindet die Kapitalerhöhung im Rahmen der ohnehin bereits laufenden Sparmaßnahmen mit einer Zäsur der bisherigen Führung: „Wir werden unsere Geschäfte viel stärker als in der Vergangenheit sowohl bei Neuinvestitionen als auch bei der laufenden Portfolioanalyse an klar definierten Finanzkennzahlen orientieren und den Fokus vor allem auf die Kapitalrendite legen.“ Ziel bleibt die Rückkehr auf einen „nachhaltig profitablen Wachstumskurs“. Die Einsparpotenziale sind enorm. SGL Carbon spricht mittlerweile von mehr als 200 Mio. Euro. Dennoch: Der hohe Abschlag des Bezugsrechtskurses zum aktuellen Aktienkurs ist kein wirklich ermutigendes Zeichen. Nachdem es zuletzt noch Hoffnung gab, dass die charttechnische Unterstützung um 20 Euro halten könnte, hat sich dieses Szenario längst verflüchtigt. Fest steht: Ohne die Großaktionäre Susanne Klatten, BMW und Volkswagen stände SGL Carbon mit dem Rücken zur Wand. Zurzeit beträgt die Marktkapitalisierung gut 1,25 Mrd. Euro. Rund 38 Prozent davon sind dem Streubesitz zuzurechnen. Interessant wird insbesondere, auf welche Quote SKion künftig kommen wird. Theoretisch denkbar wäre schließlich, dass das Investmentvehikel von Susanne Klatten sogar die 30-Prozent-Hürde nehmen könnte – je nachdem, auf welche Resonanz die Kapitalerhöhung beim Free Float trifft. In diesem Fall wäre eine Pflichtofferte in Höhe des gewichteten Durchschnittskurses der vergangenen drei Monate fällig – und der liegt wohl spürbar oberhalb der aktuellen Notiz. Dieses Szenario verleiht der SGL-Aktie immerhin ein wenig frische Fantasie.