Die Korrektur der Jahresziele 2019 hat den Aktienkurs von SFC Energy in der vergangenen Woche spürbar unter Druck gebracht. Der bayerische Anbieter von Direktmethanol- und Wasserstoff-Brennstoffzellen leitet derzeit unter der Schwäche seines Öl- und Gasgeschäfts in Kanada sowie unter der Verschiebung eines erwarteten Verteidigungsauftrags. Positive News gab es im Anschluss mit der Bekanntgabe des ersten Serienauftrags im Bereich Wasserstoff-Brennstoffzellen. Boersengefluester.de sprach mit SFC-CEO Dr. Peter Podesser über die Verschiebung der Aufträge ins Geschäftsjahr 2020, die Perspektiven im noch jungen Bereich Wasserstoff sowie die Lehren aus der aktuellen Entwicklung.
Herr Dr. Podesser, SFC Energy hat seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr deutlich nach unten korrigieren müssen. Was sind die Auslöser?
Dr. Peter Podesser: Die Anpassung unserer Guidance für 2019 fußt auf zwei Entwicklungen: Erstens wird eine für das vierte Quartal 2019 erwartete Auftragsvergabe eines Beschaffungsvorhabens an SFC Energy im Verteidigungsbereich in Deutschland nach aktuellen Erkenntnissen nicht mehr im laufenden Geschäftsjahr erfolgen. Und zweitens hat sich die Schwäche im Segment Oil & Gas im dritten Quartal nochmals verstärkt. Hintergrund ist eine verhaltene Investitionstätigkeit in West-Kanada aufgrund fehlender Pipeline-Kapazitäten sowie bestehender Unsicherheiten hinsichtlich aktueller Genehmigungsverfahren.
Warum ist diese Korrektur erst jetzt erfolgt? Die Schwäche im Bereich Oil & Gas hat sich ja schon länger angedeutet.
Dr. Peter Podesser: Erste Anzeichen einer schwächeren Entwicklung im Segment Oil & Gas gab es bereits im zweiten Quartal, das ist richtig. Leider konnte auch die nachhaltig positive Umsatzentwicklung in den Segmenten Clean Energy & Mobility sowie Industry diese Abweichung nicht kompensieren. Allerdings sind wir bis zur vergangenen Woche davon ausgegangen, mit der Umsatzrealisierung der angesprochenen erwarteten Auftragsvergabe im Verteidigungsbereich noch im laufenden Schlussquartal unsere Umsatz- und Ergebnisguidance für 2019 zu erreichen. Mit der nun klaren Verschiebung war die Korrektur unumgänglich.
Sie sprechen von einer Verschiebung.
Dr. Peter Podesser: Ja, auf der Basis aktueller Kundengespräche erwarten wir die Vergabe des Beschaffungsvorhabens nun im Geschäftsjahr 2020. Der Bedarf ist vorhanden, unser Produkt ist zertifiziert und hat sich im Einsatz bewährt. Wir werden an unserer Strategie in diesem Bereich festhalten und sehen hier unverändert signifikantes und profitables Wachstumspotenzial.
Wie bewerten Sie das laufende Geschäftsjahr vor dem Hintergrund der Prognoseverfehlung?
Dr. Peter Podesser: Eine Verfehlung der eigenen Planungen ist extrem unerfreulich, auch wenn in diesem Fall äußere Umstände maßgeblich zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Dennoch konnten wir im laufenden Jahr auch wichtige Meilensteine umsetzen. Unter anderem ist es uns gelungen, das Geschäft im Segment Defense & Security weiter zu internationalisieren und mit einer steigenden Zahl von internationalen Verteidigungsorganisationen unseren Kundenstamm deutlich auszubauen. Zudem beweist die positive Entwicklung im Geschäftsfeld Clean Energy & Mobility, dass die Brennstoffzelle als effiziente und zuverlässige Energiequelle in der Wahrnehmung vieler Anwenderbranchen steigt. Und nicht zuletzt stimmt uns auch die zunehmende Diversifizierung unseres Geschäfts durch Produkte und erste Aufträge im Bereich Wasserstoff-Brennstoffzellen optimistisch.
Im neuen Bereich Wasserstoff-Brennstoffzellen konnten Sie einen ersten Rahmenvertrag im Bereich Digitalfunk an Land ziehen. Welche Vorteile bietet diese Technologie?
Dr. Peter Podesser: Im Rahmen dieses ersten Rahmenvertrags für ein Digitalfunkprogramm des Bundes, den wir gemeinsam mit unserem Kooperationspartner adKor abschließen konnten, werden wir 200 bis 650 Systeme mit einem Auftragsvolumen von 1,8 bis 5,3 Mio. Euro liefern. An kritischen Digitalfunkstandorten müssen die Betreiber zu jedem Zeitpunkt mindestens 72 Stunden Netzautarkie ihrer Sendeanlagen sicherstellen, damit auch im Falle eines Stromausfalls die Kommunikation sichergestellt ist. In diesem Einsatzbereich bietet Wasserstoff-Brennstoffzelle Vorteile gegenüber alternativen Notstromlösungen: Sie gewährleistet eine hohe Verfügbarkeit und Funktionsbereitschaft bei geringeren Betriebskosten sowie einen leisen, emissions- und partikelfreien Betrieb und ist damit u. a. gegenüber Dieselgeneratoren klar im Vorteil.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 54,29 | 61,70 | 58,54 | 53,22 | 64,32 | 85,23 | 118,15 | |
EBITDA1,2 | 0,86 | 2,48 | 1,70 | -0,99 | -0,80 | 8,59 | 14,62 | |
EBITDA-Marge3 | 1,58 | 4,02 | 2,90 | -1,86 | -1,24 | 10,08 | 12,37 | |
EBIT1,4 | -0,89 | 1,33 | -1,29 | -4,50 | -5,11 | 3,60 | 9,16 | |
EBIT-Marge5 | -1,64 | 2,16 | -2,20 | -8,46 | -7,95 | 4,22 | 7,75 | |
Jahresüberschuss1 | -2,07 | 0,00 | -1,93 | -5,18 | -5,83 | 2,02 | 21,06 | |
Netto-Marge6 | -3,81 | 0,00 | -3,30 | -9,73 | -9,06 | 2,37 | 17,83 | |
Cashflow1,7 | 1,70 | 2,01 | -1,26 | -0,60 | 1,08 | -4,76 | 3,58 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,23 | 0,00 | -0,17 | -0,39 | -0,40 | 0,07 | 1,18 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Welche Perspektiven sehen Sie in diesem Bereich?
Dr. Peter Podesser: Perspektivisch sind im Bundesgebiet bis zu 1.500 auszurüstende Funkstandorte geplant. Wir sehen aber auch in vielen weiteren industriellen Anwendungen zur Stromversorgung und Notstromversorgung kritischer Infrastrukturen national und international ein großes Potenzial, so neben Telekommunikationsanlagen zum Beispiel auch on den Bereichen Bahn- und Transportüberwachung, Datenzentren und auch Umschaltwerken.
Nicht zufrieden sein können Sie allerdings mit dem zuletzt ausgewiesenen Auftragsbestand, der zum Stichtag 30. September 2019 mit 10,3 Mio. Euro um gut 7 Mio. Euro unter dem Vorjahreswert lag. Was sind die Gründe für den deutlichen Rückgang und wann erwarten Sie hier eine Trendumkehr?
Dr. Peter Podesser: Gründe für den Rückgang des Auftragsbestands sind zum einen das sehr verhaltene Öl- & Gas-Geschäft, bedingt durch fehlende Pipeline-Kapazitäten und zum anderen die gemeldete Verschiebung von Großprojekten bei der Bundeswehr. Die Trendumkehr leiten wir gerade ein mit einem ersten Auftrag für Wasserstoff-Brennstoffzellen. Wie bereits angesprochen sehen wir hier ein großes Potenzial in vielen weiteren industriellen Anwendungen.
Wie sieht generell Ihre weitere Wachstumsstrategie aus? Wie wollen Sie die Gelder aus der im Sommer platzierten Kapitalerhöhung einsetzen?
Dr. Peter Podesser: Wir hatten ja angekündigt, mit dem Emissionserlös das organische Wachstum in den bestehenden Kernmärkten zu beschleunigen, eine neu entwickelte Wasserstoff-Brennstoffzellenlösung einzuführen und potenzielle strategische Akquisitionen bzw. Beteiligungen zu finanzieren. Unser Wasserstoffprogramm bereitet uns viel Freude und entwickelt sich schneller als geplant. Die Entwicklung der nächsten EFOY-Generation befindet sich ebenfalls auf Kurs für den geplanten Launch im Jahr 2020. Und was erste M&A-Transaktionen sowie Kooperationen angeht, so stehen wir in fortgeschrittenen Verhandlungen, u. a. mit dem Ziel unsere Aktivitäten in Asien deutlich auszubauen. Erwähnen möchte ich hier aber auch die im dritten Quartal abgeschlossenen Vertriebskooperationen in den USA sowie die Selektion verschiedener strategischer M&A-Targets, um Zugang zu neuen Regionen und Märkten zu erhalten, unser technologisches Know-how zu erweitern und das bestehende Geschäftsmodell für neue Dienstleistungen auszubauen.
Was bedeutet die aktuelle Schwäche im Öl- und Gasbereich für Ihre mittelfristige Guidance?
Dr. Peter Podesser: An unserer Mittelfristprognose halten wir unverändert fest. Auf Sicht von drei bis vier Jahren wollen wir bei einem Umsatz von mehr als 100 Mio. Euro eine bereinigte EBITDA-Marge von deutlich über 10 Prozent erreichen. Was die derzeitige Schwäche im Kanada-Geschäft betrifft: Mit dem weiteren Ausbau unserer US-Aktivitäten wollen wir die Abhängigkeit vom kanadischen Öl- und Gasgeschäft nachhaltig reduzieren. Andererseits wollen wir künftige Nachfrageschwankungen insbesondere im Segment Oil & Gas sowie im nationalen Verteidigungsgeschäft durch erhebliches Wachstum im Geschäft mit Wasserstoff-Brennstoffzellen kompensieren. Hier sind wir auf einem guten Weg.
Welche Lehren haben Sie aus der aktuellen Entwicklung gezogen?
Dr. Peter Podesser: Die wichtigste Erkenntnis, die wir aus der aktuellen Entwicklung ziehen, ist, dass wir noch näher am Kunden sein müssen und dass wir unser Geschäft noch konsequenter diversifizieren müssen, um die Schwankungen in einzelnen Regionen und Märkten besser ausgleichen zu können. So werden wir mit den verstärkten Aktivitäten in den USA unser Nordamerikageschäft noch breiter aufstellen, werden parallel das Asien-Geschäft forcieren und nicht zuletzt mit dem im Ausrollen befindlichen Bereich Wasserstoff-Brennstoffzellen zusätzliche Wachstumsimpulse setzen, die temporäre Schwächen in anderen Bereichen kompensieren können. All dies dient dem übergeordneten Ziel der nachhaltigen Profitabilität. Daran werden wir hart arbeiten.
Fotos: SFC Energy AG