Vielleicht ist das der große Unterschied bei den IPOs: Die Amerikaner liebe ihre Unternehmen und sind begeistert von den sich bietenden Möglichkeiten, während Börsengänge – auch von jungen Firmen – hierzulande häufig primär daran gemessen werden, wann sie denn endlich profitabel arbeiten und welche Margen möglich sind. Kein Wunder, dass zuletzt gerade im Biotech-Bereich mit BioNTech oder CureVac auch namhafte deutsche Gesellschaften den Weg an die Wall Street gesucht haben. Nur schwer vorstellbar auch, dass in Deutschland populäre Schauspieler, Sportler oder Wirtschaftsbosse sich demonstrativ bei einem Unternehmen engagieren. Genau das schafft aber das am 4. Februar zu 19 Dollar – erster Kurs: 24,70 Dollar – ganz frisch an die Nasdaq gegangene US-Biotech-Unternehmen Sensei Biotherapeutics mit Promi-Investoren wie Hollywood-Star Uma Thurman (Pulp Fiction), dem Hedgefonds-Manager Louis Bacon oder dem Risikokapitalgeber Steve Jurvetson, der auch bei Tesla und SpaceX im Board sitzt.
Für boersengefluester.de – mit Ausrichtung auf den heimischen Kapitalmarkt – gibt sich dennoch ein direkter Anknüpfungspunkt. Mit Christian Angermayer ist nämlich ein Investor mit von der Partie, der über seine Gesellschaft Apeiron auch hierzulande kräftig mitmischt – etwa bei der Cryptology Asset Group (Northern Data und andere), SynBiotic, Rock Tech Lithium oder auch der Immobiliengesellschaft Coreo. Aber klar: Die Musik für Angermayer spielt zurzeit bei US-Börsengängen wie Compass Pathways, AbCellera, wo er ebenfalls – gemeinsam mit Peter Thiel – engagiert ist. Doch worum geht es bei der jetzt auch in Frankfurt gelisteten Sensei Biotherapeutics genau? Vereinfacht ausgedrückt baut das Unternehmen eine Plattform für Impfstoffe gegen Krebs. Hört sich zunächst einmal unglaublich an, der Ansatz ist aber ähnlich wie bei den COVID-Impfstoffen von BioNTech oder Moderna.
Der Vergleich ist nicht umsonst gewählt, denn vor Corona hatten sich beide Gesellschaften mit ihren mRNA-Impfstoffplattformen ebenfalls auf die Bekämpfung von Krebs konzentriert. Doch während die mRNA-Impfstoffe bei Infektionskrankheiten sehr gut funktionieren, haben sie bei Krebs enttäuscht. Das liegt daran, dass Krebszellen normalen menschlichen Zellen viel ähnlicher sind als etwa Corona-Viren. Entsprechend schwieriger ist es, unser Immunsystem dazu zu bringen, den Krebs zu bekämpfen. Sensei Biotherapeutics nutzt nun eine bewährte Technik zur gentechnischen Veränderung von Bakterienviren und adaptiert sie auf eine Impfstoffplattform.
Am Ende können diese gentechnisch veränderten Viren, sogenannte Bakteriophagen, nicht nur sehr schnell hergestellt werden, sie erzeugen vor allen Dingen auch robuste Immunreaktionen gegen menschliche Krebsproteine. Eine hoch spannende Geschichte, die zurzeit bei verschiedenen Krebsarten in frühen Studien (Phase 1/2) getestet wird. Die bisherigen Zwischenergebnisse sehen aber bereits eher viel versprechend aus. Experten halten eine Bewertung im einstelligen Milliarde-Dollar-Bereich für eine realistische Zielgröße. „Was Moderna und BioNTech für virale Krankheiten sind, wird Sensei für Krebs sein“, heißt es in Investorenkreisen. Gelistet ist die Sensei-Aktie mittlerweile auch am Börsenplatz München. Eine super heiße Aktie für sehr risikobereite Anleger – mit einer allerdings auch sehr prickelnden Investmentstory. Wie spekulativ die Aktie ist, zeigte sich gleich am ersten Handelstag, als der Titel am Ende doch glatt knapp unter Ausgabekurs schloss.
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