Auf Analystenmeetings gehört es – ganz im Gegensatz zu normalen Pressekonferenzen – regelmäßig zum guten Ton, dass die Investoren und Analysten in der abschließenden Frage-Antwort-Runde dem Vorstand zunächst einmal zu den guten Zahlen gratulieren und erst dann ihre Frage stellen. Das war auf der virtuellen Veranstaltung von secunet Security Networks am 3. November 2021 nicht anders. Doch diesmal hatte man unweigerlich den Eindruck, dass es mehr war als nur ein Akt der Etikette. Kein Wunder: Der Anbieter von hochprofessioneller IT-Sicherheitsausstattung hatte derart starke Daten für Umsatz und Ergebnis im Gepäck, dass man sich unweigerlich die Frage stellen muss, warum der Vorstand nicht gleich die Prognose für das Gesamtjahr 2021 ein weiteres Mal heraufgesetzt hat. Immerhin ist das Abschlussviertel bei secunet die mit Abstand ertragreichste Phase im Jahr.
Mit Blick auf den aktuellen Ausblick fehlen beim Umsatz gerade einmal knapp 81 Mio. Euro sowie etwas mehr als 10 Mio. Euro Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT), um die Jahresziele mit rund 330 Mio. Euro Umsatz sowie etwa 59 Mio. Euro EBIT zu erreichen. Zur weiteren Einordnung: Im dritten Quartal 2021 erlösten die Essener 101,8 Mio. Euro und zogen daraus ein Betriebsergebnis von 24,5 Mio. Euro. Normalerweise müsste es also ein Klacks sein für secunet, am Ende wieder spürbar besser als gedacht herauszukommen. Doch normal ist in den jetzigen Zeiten um extrem angespannte Lieferketten und dem damit einhergehenden Mangel an elektronischen Komponenten kaum noch etwas. „Wir sind nicht auf der konservativen Seite, sondern auf der realistischen“, sagt Finanzvorstand Thomas Pleines. Sprich: Sollte der Nachschub von wichtigen Zulieferern wie Lenovo oder Siemens ins Stocken geraten, hätte secunet rasch ein Problem.
Nun gibt es keine unmittelbaren Indizien für dieses Szenario. Doch sich unnötig weit aus dem Fenster zu lehnen, hat bei secunet Security Networks noch nie Tradition gehabt. Gleichwohl gibt es zumindest ein komfortables Grundgefühl, dass die Auftragsbücher – insbesondere durch die robuste Nachfrage von behördlicher Seite – mit einem Orderbestand von 174,9 Mio. Euro randvoll sind. An der Börse kommt der Zwischenbericht jedenfalls extrem gut an. Der Aktienkurs schießt auf ein All-Time-High von 531 Euro, womit es das SDAX-Unternehmen auf einen Börsenwert von 3.419 Mio. Euro bringt. Nun hat boersengefluester.de die optisch hohe Bewertung der secunet-Aktie in den vergangenen Jahren so häufig thematisiert wie wohl bei kaum einem anderen Titel. Letztlich hat es sich aber stets als goldrichtig erwiesen, nicht einseitig auf das KGV oder andere Ertragsmultiples abzustellen.
Dafür ist die Marktposition einfach zu gut. Am Ende hat die Gesellschaft jedenfalls immer wieder positiv überrascht, und zwar – was besonders bemerkenswert ist – nahezu komplett aus eigener Kraft. Die Ausnahme-Akquisition des Messengerdienstes stashcat im zweiten Quartal 2021 – eine Art sicheres WhatsApp für Unternehmen – wird sich auf Konzernebene erst allmählich auswirken. „Momentan sind wir hier noch in der Integrationsphase“, sagt secunet-CEO Axel Deininger. Jedenfalls geht boersengefluester.de davon aus, dass die operative Entwicklung noch eine ganze Weile trägt.
Und lägen nicht rund drei Viertel der secunet-Aktien bei dem Sicherheitskonzern Giesecke + Devrient hätte das Papier wohl längst einen Platz im MDAX. Nun: Das wäre vielleicht noch eine Extrastory, wenn Giesecke + Devrient sich hier umorientiert. Doch den Münchnern geht es wie allen anderen Investoren: Rückblickend war es natürlich denkbar ungünstig, Anfang des Jahres 250.000 Aktien zu Kursen von etwa 285 Euro bei institutionellen Investoren zu platzieren – trotz des an sich erklecklichen Mittelzuflusses von damals brutto rund 71 Mio. Euro. Doch wer konnte damals schon ahnen, dass die Neun-Monats-Zahlen von secunet so eine “Show” werden, wie es ein Investor auf dem Call ausdrückte.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 158,32 | 163,29 | 226,90 | 285,59 | 337,62 | 347,22 | 393,69 | |
EBITDA1,2 | 25,28 | 29,11 | 39,91 | 59,70 | 73,81 | 61,88 | 60,44 | |
EBITDA-Marge3 | 15,97 | 17,83 | 17,59 | 20,90 | 21,86 | 17,82 | 15,35 | |
EBIT1,4 | 23,45 | 26,91 | 33,18 | 51,64 | 63,88 | 47,01 | 42,98 | |
EBIT-Marge5 | 14,81 | 16,48 | 14,62 | 18,08 | 18,92 | 13,54 | 10,92 | |
Jahresüberschuss1 | 15,87 | 17,82 | 22,18 | 34,98 | 42,90 | 31,29 | 29,00 | |
Netto-Marge6 | 10,02 | 10,91 | 9,78 | 12,25 | 12,71 | 9,01 | 7,37 | |
Cashflow1,7 | 20,35 | 7,67 | 31,25 | 56,38 | 53,74 | -3,96 | 51,88 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,45 | 2,77 | 3,44 | 5,43 | 6,66 | 4,84 | 4,51 | |
Dividende8 | 1,20 | 2,04 | 1,56 | 2,54 | 5,38 | 2,86 | 2,36 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
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