Das Ding hat sich sdm selbst eingebrockt. Nachdem der Aktienkurs des nun seit knapp einem Jahr börsennotierten Sicherheitsdienstleisters lange Zeit beinahe immun gegen den allgemeinen Abschwung an den Kapitalmärkten schien und sich sogar dynamisch Richtung Norden entwickelte, kam die Notiz zuletzt unter Abgabedruck. Für Irritationen unter den Investoren und Analysten sorgten insbesondere die Differenzen zwischen den bereits Mitte Juli veröffentlichten Halbjahreszahlen sowie den Daten aus dem kürzlich vorgelegten – gerade einmal sechs Seiten umfassenden – Konzernabschluss. So weisen die Münchner nun nämlich nur noch knapp 0,67 Mio. Euro Gewinn vor Steuern aus – nach ursprünglich kommunizierten 1,28 Mio. Euro. Das wirft Fragen auf.
Entsprechend groß ist die Resonanz auf eine Videokonferenz am frühen Freitagabend des 21. Oktober 2022, immerhin rund 30 Teilnehmer waren während es einstündigen Events dauerhaft eingewählt. Mit dabei war auch boersengefluester.de, schließlich haben wir die sdm-Aktie schon mehrfach redaktionell vorgestellt. „Die Irritationen nehme ich voll auf meine Kappe“, sagt Vorstand Oliver Reisinger. Bei der Überleitung der Geschäftszahlen von der wesentlichen operativen Tochter sdm Sicherheitsdienste München GmbH & Co KG auf die jetzt erstmals präsentierten Konzernzahlen hatte Reisinger schlichtweg die im Zuge der Konsolidierung entstehenden Abschreibungen auf den Firmenwert der GmbH – im ersten Halbjahr waren das rund 164.000 Euro – nicht berücksichtigt. „Das hatte ich so absolut nicht auf dem Schirm. In meiner Welt war es bislang so, dass die Gesellschaft keine Abschreibungen hatte“, sagt Reisinger und ärgert sich als Großaktionär selbst am meisten über diese Fehleinschätzung. Hinzu kommt, dass die Aufwendungen für Rechtsanwälte, Notare, Hauptversammlung sowie das laufende Börsenlisting mit rund 233.000 Euro im ersten Halbjahr beinahe so hoch gewesen sind, wie ursprünglich für das Gesamtjahr 2022 veranschlagt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 10,30 | 12,75 | 8,93 | 10,38 | 12,99 | 16,77 | 45,64 | |
EBITDA1,2 | 1,10 | 1,18 | 0,41 | 0,88 | 0,91 | 1,21 | 4,30 | |
EBITDA-Marge3 | 10,68 | 9,25 | 4,59 | 8,48 | 7,01 | 7,22 | 9,42 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 1,14 | 0,40 | 0,87 | 0,58 | 0,88 | 2,70 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 8,94 | 4,48 | 8,38 | 4,47 | 5,25 | 5,92 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 1,20 | 0,30 | 0,69 | 0,18 | 0,46 | 1,30 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 9,41 | 3,36 | 6,65 | 1,39 | 2,74 | 2,85 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 1,24 | 0,31 | 0,70 | -0,19 | 1,04 | 0,31 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,33 | 0,08 | 0,19 | 0,05 | 0,12 | 0,19 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,08 | 0,08 | 0,09 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BHSK Audit |
Dem Vernehmen nach soll dieser Kostenblock im zweiten Halbjahr jedoch „dramatisch abnehmen“. Nun: Zumindest auf Basis der GmbH bleibt es bei der Prognose für das Gesamtjahr, wonach mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von mindestens 1,45 Mio. Euro zu rechnen ist – nach 1,38 Mio. Euro im Jahr zuvor. Gespannt ist boersengefluester.de indes, wie sich die Rendite perspektivisch auf Konzernebene darstellen wird. „Unsere Zielmarge sollte immer zweistellig sein“, sagt Oliver Reisinger. Bezogen auf die Relation von Umsatz zu EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) scheint dabei eine Größenordnung von 12,5 bis 13,0 Prozent eine realistische Annahme.
Zweites Thema, das viele Investoren umtreibt, ist die zum IPO angekündigte M&A-Strategie: Bislang gab es in Sachen Zukäufe nämlich noch keine Erfolgsmeldung. Das wiederum könnte sich bald ändern. Insgesamt 20 Unternehmen hat sich sdm angesehen, 80 Prozent kamen nicht in Frage. Mit mindestens zwei Sicherheitsfirmen („Vielleicht sogar einem Dritten“) verhandelt das Team um Oliver Reisinger nun näher und steht davor, indikative Kaufpreise abzugeben. Üblich in der Branche sind dabei Multiples von 4 bis 6 auf das EBIT. Interessante Detailinfo: Einer der potenziellen Kandidaten ist sogar größer als sdm. „Auf der M&A-Seite machen wir große Fortschritte“, fasst Reisinger den aktuellen Stand zusammen.
Finanziert werden sollen die Übernahmen („Ziel wäre mindestens ein Unternehmen.“) in erster Linie über Fremdkapital. Entsprechende Vereinbarungen mit den Hausbanken wären dem Vernehmen nach kein Problem. Jedenfalls ist keine Barkapitalerhöhung geplant, selbst wenn die Mittel aus dem Börsengang damals nicht so üppig waren wie erhofft. Interessant aus operativer Sicht ist bei einem Target, dass dieses Unternehmen über eine eigene Alarmzentrale verfügt und sdm sich diese ohnehin geplante Investition – es geht hier um eine Größenordnung von immerhin 600.000 bis 800.000 – entsprechend sparen könnte und das Thema Video-Überwachung gleichsam an Dynamik gewinnen würde. Noch ist allerdings nichts in trockenen Tüchern, zumal sdm nicht allein um die Akquisitionsziele bietet. Als Unternehmen aus der Branche hat sdm aber möglicherweise einen psychologischen Vorteil gegenüber klassischen Finanzinvestoren.
Per saldo findet es boersengefluester.de jedenfalls gut, wie offen das sdm-Team auf dem Investoren-Call kommuniziert hat. Schon bald soll es eine EBITDA-Prognose für 2022 auf Konzernebene geben. Zudem will die Gesellschaft prüfen, ob weitere Kennzahlen, wie etwa der Cashflow, in die Berichterstattung einfließen. Wir bleiben dabei: sdm ist eine attraktive Aktie für Microcap-Anleger. Das Verlangen nach Sicherheit wird künftig eher noch weiter zunehmen, und davon sollte sdm nachhaltig profitieren.
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