So fürchterlich häufig sieht man Scherzer & Co. nicht auf Kapitalmarktkonferenzen – zumindest nicht als präsentierendes Unternehmen. Sehr viel regelmäßiger begegnet man den beiden Vorständen Georg Issels und Hans Peter Neuroth dagegen auf den einschlägigen Veranstaltungen – und zwar auf der Anlegerseite. Kein Wunder, immerhin gehört die im Börsensegment Scale gelistete Beteiligungsgesellschaft zu den aktivsten Investoren aus der heimischen Spezialwerte-Szene – meist mit Fokus auf Sondersituationen wie Übernahmen, Squeeze-outs oder anderen Strukturmaßnahmen. Logisch, dass boersengefluester.de sich nicht die Chance hat entgehen lassen, die Präsentation von CEO Georg Issels auf der virtuellen ODDO BHF Small & Mid Cap Conference 2021 anzusehen. Gelohnt hat sich die investierte Zeit allemal, immerhin gab es einen Gratis-Ritt mit vielen Insights zu aktuellen Spekulationen sowie langfristig ausgerichteten Anlagen.
Dabei teilen die Kölner ihr Depot zu etwa 50:50 in eher sicherheitsorientierte Investments sowie in Aktien mit höherem Risiko auf. Gezockt wird bei Scherzer & Co. aber nicht, jedes Engagement muss einen klaren Trigger haben: Sei es ein dicker Squeeze-out-Aufschlag wie bei Audi oder das Vertrauen auf überdurchschnittliche Wachstumsperspektiven wie bei dem auf All-Time-High notierenden Cloud-Telefonie-Spezialisten NFON oder dem Kassensoftwareanbieter GK Software. Bei Gesellschaften wie Lotto24 kann sich Issels sogar vorstellen, auch die nächsten zehn Jahre noch investiert zu bleiben – zumindest, solange der Großaktionär ZEAL Network den verbliebenen Streubesitz „gut behandelt“. Nicht abschrecken lässt sich Nebenwerteprofi Issels von offiziellen Delistings. Bei Rocket Internet („schöne Depotposition, die wir ziemlich entspannt sehen“) oder auch Centrotec hat er beherzt zugegriffen. Immerhin werden die meisten Aktien ja sowieso weiter im regionalen Freiverkehr gehandelt. „Wir haben aber auch kein Problem damit, wenn es mal keine Notiz in Hamburg gibt“, sagt Issels.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,82 | 12,13 | 5,22 | 21,24 | 18,21 | 19,43 | 10,87 | |
EBITDA1,2 | 8,17 | 10,84 | 3,29 | 13,17 | 14,68 | -0,48 | -0,52 | |
EBITDA-Marge3 | 45,85 | 89,37 | 63,03 | 62,01 | 80,62 | -2,47 | -4,78 | |
EBIT1,4 | 8,16 | 0,91 | -2,16 | 9,30 | 11,69 | -0,50 | -0,55 | |
EBIT-Marge5 | 45,79 | 7,50 | -41,38 | 43,79 | 64,20 | -2,57 | -5,06 | |
Jahresüberschuss1 | 7,90 | -0,85 | -2,33 | 12,58 | 11,65 | -0,79 | -0,83 | |
Netto-Marge6 | 44,33 | -7,01 | -44,64 | 59,23 | 63,98 | -4,07 | -7,64 | |
Cashflow1,7 | 8,00 | -0,84 | -2,15 | 16,45 | 11,67 | -0,77 | -0,83 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,26 | -0,03 | -0,08 | 0,43 | 0,39 | -0,03 | -0,03 | |
Dividende8 | 0,10 | 0,00 | 0,00 | 0,05 | 0,05 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Formhals Revision |
Bemerkenswert häufig finden sich im Portfolio Aktien aus dem Telekombereich. Bei Freenet und 1&1 Drillisch hat das Team um Issels zuletzt sogar nochmals aufgestockt. Sondersituationen wie Kabel Deutschland oder Tele Columbus brauchen zwar Zeit, doch dafür ist das Upside-Potenzial erheblich. Nun: Wer sich nicht selbst an solche Deals herantraut, die Thematik aber super spannend findet, der setzt am besten direkt auf die Scherzer & Co.-Aktie. Die gibt es zurzeit sogar mit einem Abschlag von knapp zwölf Prozent auf den Substanzwert (NAV). Mit Blick auf die historische Schere zwischen NAV und Aktienkurs ist das eine eher günstige Gelegenheit. Immerhin nähert sich die Aktie in ruhigeren Börsenphasen meist ihrem Substanzwert an und überspringt ihn teilweise sogar. In hektischen Zeiten ist der Spread gewöhnlich etwas größer. Dividenden sind dagegen eher kein Argument für den Anteilschein von Scherzer. Interessanter wäre für Issels vermutlich ohnehin ein Aktienrückkaufprogramm.
Am Ende vergehen 45 Minuten Präsentation von Georg Issels wie im Flug – auch wegen der regen Frage-Antwort-Runde. Fast wie ein Stammtisch aus der Nebenwerteszene. Summa summarum eine Aktie, die man sich ruhig mal ins Depot legen kann – zur Not auch für die nächsten zehn Jahre. Der Börsenwert beträgt beim aktuellen Kurs von 2,60 Euro knapp 78 Mio. Euro. Analysten-Studien zu der Aktie gibt es – neben dem obligatorischen Scale-Research von EDISON – unter anderem von GSC und Solventis.
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