Eine Kleinigkeit schon mal vorweg: In unserem Aktienchart von SBF sieht es so aus, als ob es sich um eine Neuemission von Anfang Dezember 2020 handelt – so kurz ist der Kurvenverlauf. Tatsächlich aber gibt es den – auf boersengefluester.de auch bereits mehrfachvorgestellten – Spezialwert schon seit Mitte 2010 auf dem heimischen Kurszettel. Freilich mit einer sehr wechselvollen Geschichte, denn die Anfangszeit als Beteiligungsgesellschaft mit dem aus heutiger Sicht Namen wenig charmanten Namen Corona Equity Partner floppte und SBF unterzog sich einer Radikalkur. So entstand die heutige SBF mit Sitz in Leipzig, bei der sich alles um Beleuchtungselemente für Schienenfahrzeuge dreht. Längst kommt die Story auch an der Börse immer besser an, was sich in einem steilen Kurszuwachs von rund 2 Euro Anfang Jahr 2019 auf in der Spitze 12 Euro zeigt. Die aktuelle Notiz bewegt sich um 11 Euro, was einer Marktkapitalisierung von immerhin rund 86 Mio. Euro entspricht.
Und hier schließt sich dann der Kreis: Angesichts des markant gestiegenen Investoreninteresses hat SBF neben dem Heimatlisting im Münchner Spezialsegment m:access seit Dezember 2020 auch eine Kursfeststellung auf Xetra, und auf eben die bezieht sich unser Chartlieferant Teletrader in seiner Darstellung. Die weiterhin enge Verbindung zur Bayerischen Börse zeigt sich aber allein darin, dass SBF-Vorstand Rudolf Witt auf der jüngsten MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz am 9. Dezember im Rahmen des eingebetteten m:access-Streams die Gesellschaft präsentierte. Und selbst wenn die Fangemeinde von SBF für gewöhnlich recht gut informiert ist und in den einschlägigen Foren rege über die neuesten Entwicklungen diskutiert wird, diesmal waren die Investoren definitiv überdurchschnittlich gespannt auf den Vortrag von Witt. Der wesentliche Grund: Ende September hat SBF die Komplettübernahme der Lunux GmbH gemeldet. Die Gesellschaft aus Laatzen bei Hannover hat ihre historischen Wurzeln in dem 2016 unter dem damaligen Eigentümer Wünsche Group forcierten Zusammenschluss der eigenen Traditionsmarke Hellux mit dem Industriegeschäft des börsennotierten Automobilzulieferers Hella.
Zuletzt bekam Lunux aber arge wirtschaftliche Probleme und musste im Frühjahr 2020 Insolvenz anmelden – auch eine Folge von Corona. Zur Einordnung: Lunux erzielte im Vorjahr rund 24 Mio. Euro Umsatz, rund die Hälfte davon mit Kommunen (Straßenlaternen), 30 Prozent entfallen auf das Industriegeschäft (Beleuchtungen für Parkhäuser, Tankstellen oder auch Supermärkte), den Rest erlöst die Gesellschaft im Eisenbahngeschäft (Bahnsteigbeleuchtungen). Die Analysten von Montega taxieren den Kaufpreis auf einen Bandbreite von 3 bis 4 Mio. Euro. Gemessen am 2019er-Umsatz von SBF in Höhe von knapp 17 Mio. Euro hat sich die Gesellschaft damit – zumindest auf dem Papier – locker verdoppelt. Doch ganz so easy ist die Lage nicht, sonst wäre Lunux kaum in die Eigenverwaltung geschlittert. Um die Gesellschaft möglichst schnell wieder auf Vordermann zu bringen und die wegen COVID-19 nahezu zum Erliegen gekommene Produktion von Hellux Elektra in Budweis (Tschechien) zu kompensieren, hat SBF kürzlich wichtige organisatorische Veränderungen auf die Schiene gesetzt. Sichtbar wird das durch die Umbenennung der früheren (nicht operativen) Tochter SBF Verwaltungs GmbH in Lunux Lightning GmbH mit Sitz in Hannover. Daneben steht die 100-Prozent-Einheit Hellux GmbH.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 19,53 | 14,70 | 16,87 | 21,40 | 31,18 | 34,84 | 33,96 | |
EBITDA1,2 | 2,37 | 2,21 | 4,09 | 3,31 | 3,81 | 2,32 | -0,99 | |
EBITDA-Marge3 | 12,14 | 15,03 | 24,24 | 15,47 | 12,22 | 6,66 | -2,92 | |
EBIT1,4 | 1,67 | 1,58 | 3,42 | 2,46 | 2,93 | 0,06 | -3,00 | |
EBIT-Marge5 | 8,55 | 10,75 | 20,27 | 11,50 | 9,40 | 0,17 | -8,83 | |
Jahresüberschuss1 | 1,36 | 1,39 | 3,01 | 2,09 | 4,73 | -0,65 | -3,36 | |
Netto-Marge6 | 6,96 | 9,46 | 17,84 | 9,77 | 15,17 | -1,87 | -9,89 | |
Cashflow1,7 | 1,93 | 1,55 | 2,87 | 0,02 | 0,09 | -5,07 | 0,69 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,17 | 0,18 | 0,38 | 0,27 | 0,54 | -0,07 | -0,35 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Schneider & Partner |
Interessant: Um Budweis zu kompensieren, wird künftig zusätzlich in einer dafür angemieteten Halle in Leipzig produziert. Insgesamt zeigen sich die begleitenden Analysten von GBC sehr zufrieden mit der Übernahme: „Unserer Einschätzung nach stellt der Deal einen guten strategischen Schritt dar.“ Für das kommende Jahr kalkuliert SBF-Vorstand Rudolf Witt mit Erlösen zwischen 10 und 13 Mio. Euro für Lunux und etwa 23 Mio. Euro für SBF. Der nächste Schub steht dann bereits 2022 an, wenn Lunux auf „20 Mio. Euro plus X“ kommen soll. Summa summarum könnte der SBF-Konzern damit 2022 in Umsatzregionen von mehr als 45 Mio. Euro vorstoßen. Wichtig ebenfalls: Nachdem die Profitabilität der Gruppe im kommenden Jahr noch durch die Integration des Zukaufs belastet sein wird, soll spätestens 2022 wieder eine zweistellige EBIT-Marge im Konzern stehen. Insbesondere mit Blick auf 2022 kommt die Bewertung des Small Caps damit wieder durchaus moderat daher.
Insgesamt hat die Investmentstory von SBF also einen schönen Kicker bekommen, selbst wenn es hier noch einiges zu tun gibt 2021 zu einer Art Übergangsjahr werden kann. Doch die Chancen sind enorm. „Wir stehen für Vernunft und zukunftsträchtiges Handeln“, sagt Rudolf Witt bei seiner Präsentation. Kurios: Streng genommen ist die Lunux-Transaktion nur so etwas wie ein Plan B. Ursprünglichwollte die Gesellschaft nämlich Richtung USA und Großbritannien expandieren, hat diese Pläne aus bekannten Gründen aber vorerst auf Eis gelegt. Die Analysten von GBC versehen die SBF-Aktie mit einem stattlichen Kursziel von 16,50 Euro. Das wäre eine 50-Prozent-Chance und würde SBF in Sachen Börsenwert auf fast 130 Mio. Euro befördern. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, wo die Firma herkommt.
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