Dramatische Entwicklung bei S.A.G. Solarstrom. Nur rund zwei Wochen nach der Gewinnwarnung vom 29. November 2013 stellt der Hersteller und Betreiber von Photovoltaikanlagen Insolvenzantrag. Die am 16. Dezember fällige Zinszahlung für die 2010 emittierte Anleihe (WKN: A1E84A) fällt aus. Dabei kamen in den vergangenen Tagen Spekulationen hoch, wonach eventuell doch mit einer Bedienung zu rechnen sein – ein Trugschluss. Pikant: Offenbar war die Lage zum Zeitpunkt der Gewinnwarnung bereits angespannter, als es der Wortlaut der Meldung erahnen ließ. So war zunächst nur von Projektverzögerungen die Rede, demzufolge das „kommunizierte Installations- und Absatzvolumen und damit auch das Ergebnisziel nicht mehr erreicht werden könne“. Dem Vernehmen nach führte S.A.G. Solarstrom bereits seit dem 18. November 2013 Gespräche mit Banken, Gläubigern und Investoren. Diese Verhandlungen erklärte das Management mit dem heutigen Tag aber als „gescheitert“ an.
Laut S.A.G. Solarstrom hatte sich im November herausgestellt, dass ein eigentlich für November erwarteter Geldeingang im mittleren einstelligen Millionenbereich vermutlich erst im Jahresverlauf 2014 eintreffen würde. Zudem verzögerte sich die Rückzahlung eines Darlehens an eine italienische Projektgesellschaft im mittleren einstelligen Millionenbereich. Hier geht der Vorstand nun frühestens zum Ende des ersten Quartals 2014 von einem Mittelzufluss aus. Darüber hinaus verzögerten sich Zahlungen aus Anlagenverkäufen in Deutschland. „Innerhalb von noch nicht einmal vier Wochen waren wir mit einer Situation konfrontiert, die für uns so in keiner Weise absehbar war”, sagt Vorstandschef Karl Kuhlmann. Letztlich sah sich der Firmenlenker gezwungen, den Schritt vor den Insolvenzrichter anzutreten. Geplant ist ein Verfahren in Eigenverwaltung.
S.A.G. Solarstrom aus Freiburg im Breisgau galt als einer der Solarpioniere auf dem heimischen Kurszettel und hatte unter anderem sogar das Dreisamstadion (mittlerweile heißt es Mage Solar Stadion) des SC Freiburg mit Strom versorgt. Der Börsengang erfolgte bereits im April 1999. Zwar war die Gesellschaft hoch verschuldet, sie wies aber stets darauf hin, dass allein der eigene Kraftwerkspark einen Verkehrswert von rund 80 Mio. Euro habe. Ein Schlag ins Gesicht ist die Insolvenz besonders für diejenigen Aktionäre, die zuvor einen Blick auf die neueste Unternehmenspräsentation im Internet geworfen haben. Dort heißt es (Stand 1. November): Der „Aktienkurs reflektiert nicht die stabile Unternehmensentwicklung“. Mächtig getäuscht haben sich aber auch die zahlreichen Analysehäuser, die die S.A.G.-Aktie zum damaligen Zeitpunkt noch mit Kurszielen zwischen 3,00 und 3,50 Euro zum Kauf empfohlen hatten. Das hätte einer Kapitalisierung von rund 45 Mio. Euro entsprochen.
Nun ist der Börsenwert auf 4,7 Mio. Euro geschrumpft. Die Lage könnte schlimmer kaum sein, auch wenn S.A.G.-Chef Kuhlmann in Optimismus macht: „Ich bin davon überzeugt, dass S.A.G. Solarstrom aufgrund der profitablen Einheiten und des enormen Know-hows durch eine Restrukturierung eine sehr realistische Chance auf die Fortführung des Unternehmens hat.” Für Aktionäre scheint das Spiel jedoch vorbei zu sein. Ihnen droht wohl der Totalverlust. Inwiefern die Inhaber der beiden Anleihen sowie der Wandelschuldverschreibung in die Sanierung eingebunden werden, muss sich nun zeigen. Letztlich sollten sich aber auch die Bondbesitzer keine allzu großen Hoffnungen machen. Die heimische Solarbranche ist auf jeden Fall um ein trauriges Kapitel reicher.
Foto: S.A.G. Solarstrom AG