Seit ein paar Monaten scheint die Luft aus der Regenbogen-Aktie zwar ein wenig raus zu sein. Andererseits hätte boersengefluester.de bei der jüngsten Besprechung Mitte April (HIER) es auch kaum für möglich gehalten, wie schnell der Anteilschein des Campingplatzbetreibers seine „Reiseflughöhe“ von 9 Euro auf in der Spitze 17,70 Euro geändert hat. So gesehen ist die aktuelle Bandbreite zwischen 12 und 14 Euro gar nicht so verkehrt. Schließlich – und das darf man nie vergessen – ist der Regenbogen AG aufgrund der Corona-Beschränkungen quasi das komplette erste Halbjahr mit dem Oster- und Pfingstgeschäft ins Wasser gefallen. Entsprechend sind die Umsatzzahlen im frisch vorgelegten Halbjahresbericht mit einem leichten Umsatzanstieg von 0,8 Prozent auf knapp 4,51 Mio. Euro durchaus beachtlich.
Immerhin hatte CEO Rüdiger Voßhall noch im Mai seine Gesamtjahresprognose für 2021 von „stabil“ auf „rückläufig“ gekappt. Diese Einschätzung berücksichtigte allerdings nicht die Effekte aus neu erworbenen Standorten wie etwa Suhrendorf auf Rügen, so dass Voßhall auch dank der wachsenden Einnahmen durch Dauercamper mittlerweile doch wieder von einer gegenüber 2020 vergleichbaren Erlöshöhe ausgeht. Deutliche Spuren hat das erste Halbjahr indes – trotz der Inanspruchnahme staatlicher Überbrückungshilfen – auf der Ertragsseite hinterlassen. So tauchte das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) mit minus 1,47 Mio. Euro deutlich tiefer in die Verlustzone als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Damals stand per Ende Juni ein EBIT von minus 679.000 Euro zu Buche.
Insbesondere die Ausgaben für Reparaturen, Modernisierungen sowie eine neue Buchungssoftware schlugen isn Kontor. Letztlich aber das ganz normale Business, um die Gesellschaft langfristig erfolgreich zu positionieren. Gefehlt hat schlichtweg der Umsatz, sonst wäre das erste Halbjahr 2021 wohl eine vergleichsweise normale Periode gewesen. Aber in Zeiten von Corona sind die klassische Erlöse eben keine Selbstverständlichkeit, wie beispielsweise die von den gesetzlich verordneten Schließungen ihrer Baumwipfelpfade ebenfalls massiv betroffene Erlebnis Akademie zeigt. So wird Regenbogen am Jahresende mit einem deutlich schlechteren Ergebnis als 2020 abschneiden. Das wiederum ist seit geraumer Zeit so kommuniziert und sollte Investoren nicht mehr übermäßig beeindrucken.
Vielmehr deuten die bombastischen Produktionszahlen von Caravananherstellern wie der börsennotierten Knaus Tabbert sowie der allgemein boomende Markt für Campingartikel darauf hin, dass 2022 sehr viel besser werden sollte – zumindest, sofern großflächige Corona-Maßnahmen ausbleiben. Und davon geht boersengefluester.de jetzt einfach mal aus. Auch Vorstand Voßhall setzt auf stabile Rahmenbedingungen: „Hoffnungsvoll blicken wir auf die kommenden Herbstmonate und freuen uns auf unsere Gäste. Die Nachfrage nach Tourismus im eigenen Land ist anhaltend stark – was fehlt, sind verlässliche Aussagen von der Politik, dass (gebuchte) Urlaube weiter wie geplant stattfinden können.“
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 14,76 | 14,91 | 15,14 | 17,27 | 18,89 | 20,56 | 23,14 | |
EBITDA1,2 | 3,23 | 2,92 | 4,17 | 5,14 | 5,68 | 4,06 | 3,84 | |
EBITDA-Marge3 | 21,88 | 19,58 | 27,54 | 29,76 | 30,07 | 19,75 | 16,60 | |
EBIT1,4 | 1,74 | 1,51 | 2,73 | 3,86 | 4,26 | 2,45 | 2,05 | |
EBIT-Marge5 | 11,79 | 10,13 | 18,03 | 22,35 | 22,55 | 11,92 | 8,86 | |
Jahresüberschuss1 | 0,75 | 0,73 | 1,62 | 2,34 | 2,66 | 1,59 | 1,07 | |
Netto-Marge6 | 5,08 | 4,90 | 10,70 | 13,55 | 14,08 | 7,73 | 4,62 | |
Cashflow1,7 | 2,04 | 1,87 | 2,81 | 3,63 | 3,48 | 2,83 | 2,71 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,33 | 0,28 | 0,70 | 1,02 | 1,16 | 0,69 | 0,47 | |
Dividende8 | 0,07 | 0,07 | 0,08 | 0,09 | 0,46 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Hanseatische Mittelstands Treuhand |
Auf 2022er-Basis ist die Regenbogen-Aktie jedenfalls mit einem KGV von vermutlich rund 15 bewertet. Bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) läge das entsprechende Multiple (auf schuldenfreier Basis) bei nur etwa 7. Der großen Haken an der Sache: Mit einem Börsenwert von gerade einmal 29 Mio. Euro – und das bei einem Streubesitzanteil von weniger als 22 Prozent – kommt der Small Cap nur für erfahrene Anleger überhaupt in Betracht. Losgelöst davon gibt es vermutlich eine Reihe von Camping-Fans, die den Titel in ihrem Depot haben. Muss man in Zeiten von ESG-Kriterien ja auch mal sagen: Das Geschäftsmodell der in Kiel ansässigen Regenbogen AG ist durchaus sympathisch und passt prima in die Zeit. Und wenn der Titel einmal ins Laufen kommt, kann es sehr schnell gehen. Das hat das Frühjahr gezeigt. Und gemessen an der luftigen Bewertung von deutlich mehr als 1,1 Mrd. Euro für die nun auch an der Börse gestartete, aber hoch defizitäre, Ferienwohnungsplattform HomeToGo (ehemals Lakestar SPAC I) ist die Regenbogen-Aktie ohnehin ein Hingucker – selbst wenn der direkte Vergleich natürlich hinkt.
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