Die Karawane ist längst weitergezogen. Aber im Sommer 2021 war RealTech für kurze Zeit tatsächlich mal ein sogenannter „Meme-Stock“ – also eine Aktie, die bei Privatanlegern durch soziale Medien schnell und massiv an Popularität gewinnt. Innerhalb weniger Tage schoss die Notiz des Software- und Dienstleistungsspezialisten für die Optimierung von Geschäftsprozessen damals von 1,50 auf über 4,00 Euro in die Höhe. Nun: Selbst auf dem Top kam das Unternehmen damals nur auf einen Börsenwert von gut 22 Mio. Euro. Angesichts solcher Größenordnungen sowie einem Streubesitzanteil von etwas mehr als 50 Prozent ist klar, dass eine Horde Spekulanten hier schnell die Richtung vorgeben kann. Dabei ist die in Leimen ansässige Gesellschaft alles andere als eine Zockerbude.
Seit dem Platzen der New Economy-Blase hat die ehemals stark an SAP angedockte RealTech zwar eine Art Dauerschrumpfkur mit einer langen Serie an Verlustjahren durchgemacht, doch immerhin: Es gibt die Gesellschaft noch – nur eben in sehr viel kleiner und mit einem stärker auf Lösungen und Add-ons im SAP-Umfeld ausgerichteten Geschäftsmodell. Kostprobe: Als der Neue Markt-Hype seinen Höhepunkt erreichte, türmte sich der Börsenwert von RealTech auf unglaubliche 650 Mio. Euro, dabei erzielte die Gesellschaft im Jahr 2000 Umsatzerlöse von rund 45 Mio. Euro sowie ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 2 Mio. Euro. In diesem Zusammenhang mindestens eine Erwähnung wert ist, dass der damalige CFO und Mitgründer Daniele Di Croce seit 2016 wieder CEO ist. Größter Einzelaktionär war er ohnehin – auch zu seiner Zeit als Aufsichtsrat.
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Daher dürfte er sich über die jetzt kommunizierten Eckdaten für das abgelaufene Jahr mit am meisten freuen. Immerhin war nicht unbedingt zu erwarten, dass 2021 am Ende ein EBIT von plus 0,9 Mio. Euro stehen geblieben ist. Im Vorjahr kam RealTech hier noch auf einen Betriebsverlust von 0,8 Mio. Euro. Die Erlöse von 9,9 Mio. Euro kamen dabei um rund 6,5 Prozent voran. Die Netto-Liquidität kletterte auf 6,1 Mio. Euro, womit der Börsenwert momentan zu mehr als 80 Prozent durch Cash hinterlegt ist. Eine beachtliche Relation, zumal Di Croce auch für 2022 auf EBIT-Ebene positiv agieren will.
Abzuwarten bleibt, ob die Leimener sich dabei auch anorganisch – etwa durch einen SAP-Dienstleister – verstärken werden. Boersengefluester.de ist gespannt, wo hier die Reise hingeht. Wichtig aus Anlegersicht wäre erst einmal, wenn sich der Aktienkurs des Microcaps diesmal nachhaltiger Richtung Norden bewegen würde, als im vergangenen Sommer. Dafür braucht es aber Anleger, die nicht nur auf den schnellen Euro aus sind. Wir behalten die Entwicklung im Blick und werden berichten – ganz nachhaltig.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 19,56 | 15,60 | 10,73 | 9,27 | 9,85 | 10,06 | 10,57 | |
EBITDA1,2 | 2,26 | -0,62 | -0,56 | -0,43 | 1,30 | 0,62 | 0,51 | |
EBITDA-Marge3 | 11,55 | -3,97 | -5,22 | -4,64 | 13,20 | 6,16 | 4,83 | |
EBIT1,4 | 1,86 | -0,83 | -1,06 | -0,84 | 0,95 | -3,77 | 0,31 | |
EBIT-Marge5 | 9,51 | -5,32 | -9,88 | -9,06 | 9,65 | -37,48 | 2,93 | |
Jahresüberschuss1 | 1,63 | -0,96 | -1,10 | -0,93 | 0,77 | -3,89 | 0,24 | |
Netto-Marge6 | 8,33 | -6,15 | -10,25 | -10,03 | 7,82 | -38,67 | 2,27 | |
Cashflow1,7 | -3,71 | 0,23 | -0,41 | -0,31 | 1,23 | 0,53 | 0,19 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,27 | -0,14 | -0,20 | -0,17 | 0,14 | -0,72 | 0,04 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PKF Deutschland |
Foto: Markus Winkler auf Unsplash