Teil 2 der Serie Deutschlands wahre Cash-Aktien
Platz 1: Vtion Wireless Technology, Cashquote: 197 Prozent
Besonders krass ist das Verhältnis von Aktienkurs zu Cash bei Vtion Wireless (der Name wird ausgesprochen wie das englische Wort „Vision“). Die Chinesen mit Hauptnotiz im Frankfurter Prime Standard haben netto fast doppelt so viel Geld in der Kasse, wie die Aktie kostet. So eine Relation ist selbst für chinesische Titel, die generell skeptisch beäugt werden, ungewöhnlich. Die Gesellschaft bietet Datenkarten, Sticks und Router für die mobile Computernutzung im Reich der Mitte an. Ein zunehmend schwierigeres Geschäft, wie die Chinesen vergleichsweise schnell nach dem Börsengang im Oktober 2009 einräumen mussten. Entsprechend verärgert reagierten damals die Investoren. Wirklich erholt hat sich die Aktie von dem Absturz im Frühjahr 2011 noch immer nicht. Nach einer langen Seitwärtsphase geht es seit Anfang April im Eiltempo gen Süden. Offenbar befürchten die Investoren schlechte Nachrichten für den am 22. Mai anstehenden Zwischenbericht zum ersten Quartal. Pufferfunktion haben die gut 44 Mio. Euro, die die Kapitalerhöhung im Zuge des Börsengangs in die Kasse spülte. Schließlich verbrennt das Unternehmen bislng kein Geld. Für das laufende Jahr rechnet der Vtion-Vorstand bei Erlösen zwischen 60 und 70 Mio. Euro mit einem Gewinn vor Zinsen und Steuern zwischen 4,8 und 7,0 Mio. Euro. Bleibt die Frage, warum die Börsianer nur so misstrauisch gegenüber Vtion sind? Mögliche Antwort: Von den 113,5 Mio. Euro an Kassenbestand und Bankguthaben befinden sich 109 Mio. Euro auf dem chinesischen Festland. Offenbar haben Investoren die Befürchtung, dass sie im Ernstfall womöglich keinen Zugriff auf die Gelder hätten.
Platz 2: BDI BioEnergy International, Cashquote: 99 Prozent
Hart getroffen hat es BDI BioEnergy International. 2012 rutschte der Umsatz des aus der Nähe von Graz stammenden Unternehmens unter die Marke von 30 Mio. Euro. Aus dem operativen Geschäft erwirtschaftete der Spezialanlagenbauer für Biodiesel- und Biogasanlagen knapp 0,9 Mio. Euro Verluste. Unterm Strich stand ein Fehlbetrag von 4,4 Mio. Euro. In den Jahren seit dem Börsengang im September 2006 hatte BDI zuvor stets profitabel gearbeitet und EBIT-Margen von im Schnitt 7,5 Prozent erzielt. Doch die Rahmenbedingungen hatten sich seit dem IPO kontinuierlich verschlechtert. Um das Geschäft auf eine breitere Basis zu stellen, will sich BDI zu einem Komplettanbieter für industrielle Greentech-Lösungen präsentieren. An der Börse herrscht noch Skepsis. Nachdem die BDI-Aktie vor zwei Jahren für 23 Euro gehandelt wurde, sackte die Notiz im Tief auf knapp 6 Euro. Zurzeit kostet der Anteilschein 7,08 Euro. Damit bringt die Gesellschaft 26,6 Mio. Euro auf die Börsenwaagschale. Erhellend ist der Blick in die Bilanz: So verfügen die Grambacher neben liquiden Mitteln von 12,7 Mio. Euro über Wertpapiere im Volumen von knapp 23,1 Mio. Euro. Größte Schuldenposition sind Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von gut 7 Mio. Euro. Klassische Bankverbindlichkeiten hat BDI nicht. Die Eigenkapitalquote beträgt beinahe 68 Prozent. Allein der Buchwert je Aktie beläuft sich auf 13,30 Euro. Hoffnung macht auch der deutlich verbesserte Auftragsbestand. Die Analysten von Madelin Research kommen zu dem Schluss: „Ein Aktienkurs spürbar unterhalb des Nettocashs, ist aus unserer Sicht schwer zu argumentieren.“ Den fairen Wert für die BDI-Aktie setzen die Experten bei 14,50 Euro an. Das wäre ein glatter Verdoppler. Die Zahlen zum ersten Quartal 2013 lagen weitgehend im Rahmen der Erwartungen. Bei einem Anstieg der Umsatzerlöse von 6,4 Mio. auf 7,9 Mio. Euro verharrte das EBIT bei 0,3 Mio. Euro. Das Ergebnis je Aktie von 0,13 Euro bewegte sich nur ganz leicht unter dem entsprechenden Vorjahreswert von 0,14 Euro. Fazit: Die Operation Turnaround kommt plangemäß voran.
Platz 3: Beta Systems, Cashquote: 88 Prozent
Beim Softwareunternehmen Beta Systems richten sich die Blicke gebannt auf den 29. Mai 2013. An diesem Tag werden die Berliner bereits ihre zweite Hauptversammlung im laufenden Jahr abhalten. Grund: Das erste Aktionärstreffen am 5. März wurde nach heftigen Diskussionen ergebnislos abgebrochen. Großaktionär Deutsche Balaton (WKN: 550820) wollte auf der Hauptversammlung eine satte Kapitalerhöhung durchdrücken, scheiterte jedoch mit diesem Vorhaben. Vertreter des Streubesitzes befürchten, dass die Beteiligungsgesellschaft sich über derartige Maßnahmen über Gebühr verwässern will, um sich dann an die Assets von Beta Systems machen zu können. Dabei – so argumentieren die Widersacher – benötige Beta Systems überhaupt keine frischen Gelder. Per Ende März verfügte die Gesellschaft über liquide Mittel von 32 Mio. Euro, Finanzverbindlichkeiten sind kaum vorhanden. Bezogen auf den aktuellen Börsenwert von 36 Mio. Euro ergibt sich daraus eine stattliche Cashquote von fast 88 Prozent. Eher ernüchternd sind allerdings die jüngsten Meldungen aus dem operativen Geschäft. Nachdem der Spezialist für Datensicherheit Anfang Februar noch von einem gefestigten Turnaround sprach und einen positiven Ausblick für das Geschäftsjahr 2012/13 gab, hat sich die Lage zuletzt merklich eingetrübt. Als Ursache gibt der Vorstand die Nachfrageschwäche in Frankreich, Spanien und Italien an. Das Umsatzziel für das Gesamtjahr hat Beta System von 41 bis 42 Mio. Euro auf 38 bis 40 Mio. Euro gekappt. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) soll statt 2 bis 3 Mio. Euro nun vermutlich nur noch 1 bis 2 Mio. Euro erreichen. Auf Basis der 2014er-Gewinnschätzungen von boersengefluester.de kommt die Beta-Aktie auf eine KGV von knapp 14. Das ist eher Mittelmaß. Punkte kann der Titel aber natürlich unter Cash- und Buchwertaspekten. So beträgt das KBV lediglich 1,07. Womöglich bietet der jüngste Kursrücksetzer im Zuge der Gewinnwarnung für mittelfristig orientierte Anleger ja eine zweite Einstiegschance.
Platz 4: Atevia, Cashquote: 86 Prozent
Wohl kein Unternehmen hat in der Vergangenheit derart häufig den Namen gewechselt wie Atevia. Die Wertpapierkennnummer „CMBT11“ ist Zeuge der Vergangenheit. Bis Ende 2005 firmierte die Gesellschaft unter dem ursprünglichen Namen „Web.de“. Nach dem Verkauf des gleichnamigen Portals an United Internet für 200 Mio. Euro in bar und 5,8 Millionen Aktien an dem TecDAX-Konzern, schwamm Web.de zwar im Geld, hatte jedoch kein operatives Geschäft mehr. Zunächst wollte das Unternehmen unter dem Namen Combots eine Kommunikationssoftware vermarkten. Das Vorhaben scheiterte jedoch grandios. Im Frühjahr 2008 folgte dann die Umfirmierung in Kizoo. Neben der Verwaltung des noch übrig gebliebenen Erlöses aus dem Web.de-Verkauf konzentrierten sich die Karlsruher nun auf Beteiligungen an jungen Technologiefirmen. Durchschlagenden Erfolg hatte die Gesellschaft aber auch hiermit nicht. Seit Mitte 2012 tritt die Firma nun unter den Namen Atevia auf und hat ihr Geschäftsmodell erneut geändert – auf die Verwaltung von Immobilien im süddeutschen Raum. Rund 20 Mio. Euro hat Atevia für zwei Objekte in Ingolstadt und München ausgegeben. Da die Gesellschaft zudem im Vorjahr noch eine Sonderausschüttung von knapp 60 Mio. Euro vorgenommen hat, sanken die liquiden Mittel zuletzt deutlich ab. Unterm Strich stehen in der 2012er-Bilanz aber immer noch Wertpapiere, Edelmetalle und Flüssige Mittel von mehr als 160 Mio. Euro zu Buche. Inklusive der neu erworbenen Immobilien halten sich Börsenwert (189 Mio. Euro) und Vermögenspositionen sogar in etwa die Waage. Für das laufende Jahr verspricht Vorstandschef Michael Greve: „Wir werden weiterhin intensiv nach geeigneten Objekten Ausschau halten und entsprechend investieren.“ Die Börsianer verfolgen die neuen Aktivitäten noch von der Außenlinie. Die Atevia-Aktie bewegt sich so gut wie nicht vom Fleck. Zwingende Gründe für den Einstieg sieht auch boersengefluester.de derzeit nicht.
Platz 5: KHD Humboldt Wedag, Cashquote: 65 Prozent
Als Ausrüster und Konstrukteur von Anlagen für die Zementindustrie ist KHD Humboldt Wedag auf ein solides Finanzpolster angewiesen – besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Zudem ist der Wettbewerbsdruck in der Branche enorm, zuletzt mussten die Kölner enorme Preiszugeständnisse machen und einen Rückgang der EBIT-Rendite von 7,5 auf 3,0 Prozent hinnehmen. Bereits im laufenden Jahr will der Vorstand hier jedoch wieder Boden gutmachen. Der Kurs der KHD-Aktie bewegt sich derweil in einer engen Spanne, musste zuletzt aber ebenfalls Terrain bis auf 4,50 Euro abgeben. Der aktuelle Börsenwert von knapp 225 Mio. Euro entspricht in etwa den für 2013 erwarteten Umsatzerlösen. Größter Aktionär von KHD ist die Max Glory Industries Ltd, eine indirekte Tochter des chinesischen Staatsunternehmens AVIC. AVIC ist zudem strategischer Partner von KHD. In die Liste der Cashkönige empfiehlt sich KHD mit Zahlungsmitteln von knapp 283 Mio. Euro, die selbst nach Abzug der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie Verpflichtungen aus Fertigungsaufträgen noch immer 65 Prozent des Börsenwerts ausmachen. Die KHD-Aktie empfiehlt sich dennoch nur für Anleger, die von einer deutlichen Belebung der globalen Konjunktur überzeugt sind. „Insgesamt wurden im ersten Quartal 2013 nur sehr wenige neue Aufträge zum Bau von Zementwerken vergeben”, berichtet auch der KHD-Vorstand. Ziel muss es daher sein, über Kosteneinsparungen die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Die Hauptversammlung findet am 29. Mai 2013 statt. Die Dividendenrendite beträgt aber nur 1,3 Prozent. Auf dem Aktionärstreffen wird über eine auf 0,06 Euro halbierte Gewinnausschüttung abgestimmt. Spannend wird, ob dieser Vorschlag eine Mehrheit findet. Auf der vorigen Hauptversammlung setzte sich der Vorstand mit seiner eigentlich geplanten Nullrunde nämlich nicht durch. Geld genug war ja vorhanden.