[regsho-scanner-teaser]

Pyrolyx: Eine reife Leistung

Allein in den vergangenen zwei Jahren hat sich boersengefluester.de vermutlich so um die 200 Firmenpräsentationen angehört: auf dem Eigenkapitalforum, auf Small-Cap-Konferenzen oder im direkten Gespräch in unseren Frankfurter Redaktionsräumen. Viele Unternehmen sind mittlerweile fast schon gute alte Bekannte – auch für unsere Leser. Umso interessanter ist es, wenn sich Vorstände mit ganz neuen Geschäftsmodellen vorstellen, die es so auf dem Kapitalmarkt noch nicht gibt – und die dann auch noch richtig gut klingen. Ein Beispiel ist das momentan nur im Düsseldorfer Primärmarkt gelistete Unternehmen Pyrolyx. Die Gesellschaft hat ein Verfahren entwickelt, mit dem aus geschredderten Altreifen kommerziell verwertbares Carbon Black – der Grundstoff für neue Autoreifen – hergestellt werden kann. Für die Auto- und Reifenindustrie ist das eine prima Sache. So lassen sich mit Hilfe des recycelten Carbon Blacks (im Prinzip handelt es sich um Ruß) nicht nur Kosten sparen, sondern auch die Ökobilanzen deutlich aufpolieren. Was in der Theorie relativ einfach klingt, war in der Praxis bislang jedoch eine kaum zu überwindende Hürde. Schließlich sind moderne Reifen Hochtechnologie mit enormen Sicherheitsanforderungen. So haben die Gründer von Pyrolyx mittlerweile rund 50 Mio. Euro in die Entwicklung ihres Verfahrens gesteckt. Keine Frage: Dazu braucht es potente Investoren, und die hat Pyrolyx. Zum Aktionariat zählen die australischen Milliardäre Harry und Michael Triguboff oder auch die Familie um Unternehmensberater Roland Berger.

 

[shortcodedisplaychart isin=”DE000A0MFXR8″ ct=”1Y” cwidth=”595″ cheight=”350″]

 

Im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de zeigt sich Vorstandschef Niels Raeder sehr zuversichtlich, dass das mit Hilfe des Pyrolyx-Verfahrens erzeugte Carbon Black ab 2016 bei der Produktion von Autoreifen beigemischt wird. Unzählige Tests, etwa mit weniger sensiblen Industriereifen wie zum Beispiel für Gabelstapler, hat die Gesellschaft bestanden. Und die Gespräche mit den großen Reifenherstellern sind dem Vernehmen nach sehr vielversprechend. Wenn alles glatt läuft, könnte Raeder vielleicht schon zur nächsten Hauptversammlung Mitte Oktober 2015 einen entsprechenden Pneu präsentieren. Dabei holte sich Pyrolyx bereits Anfang Juni mit der cct Stegelitz GmbH Verstärkung. Das in der Nähe von Magdeburg angesiedelte Unternehmen hat sich ebenfalls auf die Wiedergewinnung von Ruß aus Altprodukten wie Reifen spezialisiert. Bemerkenswert: Der Deal wurde via Sach- und Barkapitalerhöhung finanziert, wobei die jungen Pyrolyx-Aktien zu 103 Euro ausgegeben wurden. Und das bei einem Kurs von seinerzeit rund 55 Euro. Das Vertrauen der Investoren ist also enorm.

Dabei ist Carbon Black eigentlich ein Massenprodukt. Die wichtigsten Anbieter sind milliardenschwere Konzerne wie Cabot (WKN: 856744) aus den USA, das indische Industriekonglomerat Aditya Birla und die in Luxemburg beheimatete Orion Engineered Carbon (WKN: A1183M) – alle Companys sind börsennotiert. Verglichen mit den Ausstoßmengen dieser Firmen bewegt sich Pyrolox weit unter dem Radarschirm. Doch die Planungen der Münchner sind ambitioniert. In Stegelitz sollen neben der bestehenden cct-Anlage ein zusätzlicher Produktionsstrang nach dem Pyrolyx-Verfahren errichtet werden. Kostenpunkt pro Anlage: 5 bis 10 Mio. Euro. Mittelfristig will Pyrolyx weltweit rund zehn Maschinen selbst betreiben. Damit könnte die Gesellschaft in Erlösregionen um 100 Mio. Euro vorstoßen. In ferneren Regionen wie Asien/China will Firmenlenker Raeder die Expansion über Lizenzmodelle vorantreiben. Auf lange Sicht könnte sich die Zahl der Pyrolyx-Anlagen gar auf 50 bis 100 türmen. Gebaut werden die Maschinen von dem renommierten Anlageexperten Zeppelin Systems aus Friedrichshafen. Den Sprung in die Gewinnzone erwartet Raeder für das Jahr 2017.

Wesentlich früher dürfte Pyrolyx nach Auffassung von boersengefluester.de einen Segmentwechsel nach Frankfurt in Betracht ziehen. Immerhin befindet sich das Unternehmen an der Schwelle vom Wagniskapital hin zur Wachstumsfinanzierung. Und für eine breiter angelegte Kapitalerhöhung wäre ein Segment wie der Entry Standard wohl das populärere Segment. Was tun also Privatanleger? Eine Handlungsempfehlung ist schwierig, einfach weil zu wenige Stücke an der Börse Düsseldorf umgehen. Da ist Zurückhaltung geboten. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass hier eine extrem interessante Investmentstory entsteht, die am Kapitalmarkt gut ankommen wird. Wer an die Technik von Pyrolyx glaubt, ausreichend Geduld und Disziplin beim Börsenhandel mitbringt und dann auch noch gewillt ist, bei möglichen Kapitalerhöhungen mitzuziehen, kann sich ein paar Stücke ins Depot legen.

 

[basicinfoboxsc isin=”DE000A0MFXR8″]

 

[financialinfobox wkn=”A0MFXR”]

Foto: Pyrolyx AG

 

 

Über Gereon Kruse

Gereon Kruse
Gereon Kruse ist Gründer des in Frankfurt ansässigen Finanzportals boersengefluester.de und seit vielen Jahren ein profunder Kenner von Kapitalmarktthemen und Experte für Datenjournalismus. Sein Spezialgebiet sind deutsche Aktien – insbesondere Nebenwerte. Investmentprofis aus dem Small- und Midcap-Bereich stufen die Qualität der Berichterstattung von boersengefluester.de laut der IR.on-Medienstudie 2020/21 mit der Bestnote 1,67 ein. Im Gesamtranking der Onlinemedien liegt die Seite mit Abstand auf Platz 1. Beim finanzblog award der comdirect bank hat boersengefluester.de den Publikumspreis und zusätzlich noch den 3. Platz in der Jurywertung gewonnen. Zuvor war Gereon Kruse 19 Jahre beim Anlegermagazin BÖRSE ONLINE tätig – von 2000 bis Anfang 2013 in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs.