Definitiv ein Déjà-vu: Bereits 2022 war uns der Geschäftsbericht von Progress-Werk Oberkirch – kurz PWO – positiv aufgefallen (HIER). Insbesondere was die Seitennavigation angeht, hatte sich der Automobilzulieferer gegenüber früheren Reports stark verbessert. Umso erfreulicher, dass PWO im laufenden Jahr nochmals mehr Wert auf Details gelegt hat und mit dem Abschluss für 2022 – zumindest nach dem Geschmack von boersengefluester.de – einen der ansprechendsten Geschäftsberichte der laufenden Bilanzsaison vorgelegt hat. So viel lässt sich wohl jetzt schon sagen, selbst wenn erst knapp die Hälfte der rund 650 Unternehmen aus der Datenbank von boersengefluester.de ihren Abschluss veröffentlicht hat Aus Anlegersicht bietet der Abschluss jedenfalls sämtliche Infos, um sich über das Unternehmen zu informieren: Strategie, Mehrjahres-Übersichten, konkreter Prognoseteil, Aktienkennzahlen und auch die eigentlichen Inhalte Bilanz, GuV sowie Kapitalflussrechnung (Cashflow)– alles tip top aufbereitet.
Wir erwähnen das an dieser Stelle so explizit, weil boersengefluester.de sich jedes Jahr sämtliche Geschäftsberichte sehr genau ansieht und sich daher ein valides Urteil darüber erlauben kann, welchen Stellenwert der Report bei den einzelnen Unternehmen besitzt. Keine Frage: Der schönste Abschluss nutzt aus Investorenperspektive nichts, wenn die operative Entwicklung nicht mitzieht und es keine entsprechenden Chancen für die Aktie gibt. Aber genau in dieser Beziehung bietet der Produzent von Spezialgehäusen, Trägerelementen oder auch Airbagkomponenten ebenfalls eine gutes Gesamtpaket.
Zudem forciert auch PWO die Ausrichtung als Zulieferer für nachhaltige Produkte, mit dem Ziel den Dekarbonisierungsprozess zu beschleunigen. „Im ersten Schritt haben wir Brennstoffzellen, Wärmepumpen und E-Bikes identifiziert, die diese Kriterien erfüllen“, sagt CEO Carlo Lazzarini. Das Neugeschäfts in diesen Bereichen lag im vergangenen Jahr bereits bei rund 50 Mio. Euro. Zur Einordnung: 2022 kam PWO auf Erlöse von 530,76 Mio. Euro und erwirtschaftete dabei auf ein um Währungseffekte bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 27,51 Mio. Euro – was einem Zuwachs von etwas mehr als 24 Prozent entspricht. Das ausgewiesene EBIT lag mit 26,78 Mio. Euro nur leicht darunter. Für das laufende Jahr peilt das Unternehmen aus Oberkirch in der Nähe von Offenburg Umsätze von rund 550 Mio. Euro sowie ein EBIT vor Währungseffekten zwischen 20 und 23 Mio. Euro an.
„Deutlich gestiegene Einkaufspreise, die zum Teil erstmals für eine volle Zwölfmonatsperiode wirken, sowie höhere Personal- und Energiekosten, vor allem in Deutschland, werden die Ertragslage belasten. Unabhängig davon planen wir, den Ausbau unserer internationalen Standorte weiter voranzubringen. Entlastend wird hingegen der Wegfall der negativen Sondereffekte im Segment Deutschland von per Saldo 5,9 Mio. Euro wirken“, heißt es dazu im Prognoseteil des Geschäftsberichts. Naturgemäß ist eine rückläufige Ergebnisentwicklung nicht das, was Investorenherzen umgehend höher schlagen lässt. Aber es gilt eben auch die ökonomische Realität im Auge zu behalten, zudem dürfte die Vorschau zum jetzigen Zeitpunkt bewusst konservativ formuliert sein. Nicht zu vergessen ist auch, dass der Börsenwert von PWO nicht einmal 100 Mio. Euro beträgt. Gemessen daran kommt die Ertragsprognose nämlich schon wieder sehr positiv daher.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 461,01 | 476,27 | 458,62 | 371,15 | 404,27 | 530,76 | 555,84 | |
EBITDA1,2 | 44,96 | 42,70 | 45,98 | 21,17 | 47,16 | 51,19 | 52,04 | |
EBITDA-Marge3 | 9,75 | 8,97 | 10,03 | 5,70 | 11,67 | 9,64 | 9,36 | |
EBIT1,4 | 20,53 | 18,43 | 19,93 | -10,10 | 21,82 | 26,78 | 27,86 | |
EBIT-Marge5 | 4,45 | 3,87 | 4,35 | -2,72 | 5,40 | 5,05 | 5,01 | |
Jahresüberschuss1 | 10,06 | 6,64 | 9,10 | -11,66 | 14,74 | 15,21 | 16,22 | |
Netto-Marge6 | 2,18 | 1,39 | 1,98 | -3,14 | 3,65 | 2,87 | 2,92 | |
Cashflow1,7 | 38,31 | 38,45 | 47,95 | 49,20 | 20,96 | 11,57 | 37,39 | |
Ergebnis je Aktie8 | 3,22 | 2,12 | 2,91 | -3,73 | 4,72 | 4,87 | 5,19 | |
Dividende8 | 1,65 | 1,35 | 0,00 | 0,00 | 1,50 | 1,65 | 1,75 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Einzig die Netto-Verschuldung von zuletzt immer noch 115,37 Mio. Euro kratzt an der ausgesprochen vorteilhaften Konstellation. Aber auch diesbezüglich befindet sich das Traditionsunternehmen auf einem guten Weg. „Die jüngste kräftige Steigerung des EBIT hat zu einer deutlich verbesserten Bonität beigetragen. Auch deshalb ist es uns gelungen, den bisherigen Konsortialkredit erfolgreich neu zu verhandeln. Damit sind unsere Pläne finanziell abgesichert“, sagt Vorstand Carlo Lazzarini. Für die Aktionäre steht zur Hauptversammlung am 10. Mai 2023 zunächst einmal eine um 15 Cent auf 1,65 Euro je Aktie heraufgesetzte Dividende auf der Agenda. Bezogen auf den aktuellen Kurs von 30,80 Euro kommt der Titel damit auf eine Dividendenrendite von 5,4 Prozent. Nicht nur innerhalb des Automotivesektors gehört der Titel damit zur Spitzengruppe. Ebenfalls nicht uninteressant ist, dass die PWO-Aktie mit einem Abschlag von rund einem Drittel auf den Buchwert gehandelt wird und darüber hinaus nur ein deutlich einstelliges KGV vorzuweisen hat. Genug Argumente also, dass die Notiz der im streng regulierten Prime Standard notierten Company den langjährigen Widerstandsbereich zwischen 32 und 35 Euro nun endlich nach oben durchbricht.
Foto: Progress-Wrke Oberkirch AG