Echte Neuemissionen gab es auch 2016 nicht so fürchterlich viele auf dem Frankfurter Parkett. Und streng genommen handelt es sich bei der seit 22. Dezember 2016 handelbaren Aktie der ProCredit Holding auch nicht um ein klassisches IPO in Verbindung mit einer Kapitalerhöhung. Vielmehr hat sich das formal in Frankfurt ansässige Finanzunternehmen für eine reine Notizaufnahme entschieden – neue Aktien wurden also nicht ausgegeben. Dennoch hat es das Listing im streng regulierten Börsensegment Prime Standard in sich: Immerhin kommt die ProCredit Holding auf eine Marktkapitalisierung von rund 733 Mio. Euro. Das ist ungefähr die Hälfte von dem, was Gesellschaften wie die comdirect bank oder die Deutsche Pfandbriefbank auf die Waagschale bringen. Von der Geschäftsausrichtung haben die Unternehmen allerdings keinerlei Gemeinsamkeiten.
Die ProCredit Holding bezeichnet sich in Deutschland als „keine ganz normale Bank – obwohl sie eigentlich ganz normale Bankgeschäfte macht“. Sprich: Man kann als Privat- oder auch Firmenkunde herkömmliche Dienstleistungen wie Kontoführung, Geldanlage und Kredite in Anspruch nehmen. Auf internationaler Ebene fokussiert sich die Gesellschaft dagegen auf kleine und mittelgroße Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern aus dem Raum Südost- und Osteuropa sowie Lateinamerika. Zuletzt entfielen beinahe 92 Prozent des Kreditportfolios von 3,56 Mrd. Euro auf Unternehmen und landwirtschaftliche Betriebe. „Wir glauben an eine ökonomische Entwicklung, die im Einklang mit ökologischen und sozialen Erwägungen steht und legen großen Wert auf die Förderung von Unternehmertum“, sagt Borislav Kostadinov, Mitglied des Managements der ProCredit Holding. Interessant: Zu den Aktionären gehören die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit rund 14,5 Prozent sowie ähnlich wie die KfW ausgerichtete Institute aus den Niederlanden und Belgien. Größter Anteilseigner ist jedoch die Claus-Peter Zeitinger zurechenbare Zeitinger Invest GmbH – ehemals IPC. In der auf Entwicklungsländer fokussierten Beratungsgesellschaft IPC hat die ProCredit Bank auch ihre historischen Wurzeln.
Bemerkenswert robust haben sich in den vergangenen Jahren die operativen Ergebnisse entwickelt. Da können die DAX-Institute Deutsche Bank und Commerzbank jedenfalls nicht mithalten. Bewertungstechnisch sieht die Aktie der ProCredit Holding durchaus attraktiv aus. Der Aufschlag zum Buchwert beträgt rund 25 Prozent. Etwa ein Drittel des Gewinns vor Steuern will das Unternehmen in Form von Dividenden ausschütten. Ein Renditehit wird der Titel damit zwar vermutlich nicht, aber bei knapp zwei Prozent sollte die Verzinsung schon liegen. Wirklich vergleichbare Aktien existieren auf dem heimischen Kurszettel wohl nicht. Vom ethischen Ansatz her gibt es Parallelen zu Ökoworld, allerdings sind die Hildener eine Asset-Management-Gesellschaft und keine herkömmliche Bank. So gesehen ist boersengefluester.de gespannt, welchen Weg die ProCredit Holding an der Börse nehmen wird. Für risikobereite Investoren, denen das Geschäftsmodell zusagt, scheint die Aktie aber ein kleines Engagement wert zu sein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 248,41 | 245,39 | 252,60 | 252,11 | 281,88 | 339,85 | 412,51 | |
EBITDA1,2 | 62,15 | 77,53 | 76,87 | 52,09 | 94,53 | 17,85 | 150,02 | |
EBITDA-Marge3 | 25,02 | 31,59 | 30,43 | 20,66 | 33,54 | 5,25 | 36,37 | |
EBIT1,4 | 62,15 | 77,53 | 76,87 | 52,09 | 94,53 | 17,85 | 150,02 | |
EBIT-Marge5 | 25,02 | 31,59 | 30,43 | 20,66 | 33,54 | 5,25 | 36,37 | |
Jahresüberschuss1 | 48,10 | 54,48 | 54,31 | 41,40 | 79,64 | 16,50 | 113,37 | |
Netto-Marge6 | 19,36 | 22,20 | 21,50 | 16,42 | 28,25 | 4,86 | 27,48 | |
Cashflow1,7 | 90,75 | 27,32 | 290,34 | 135,89 | 133,15 | 566,94 | 524,05 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,86 | 0,90 | 0,89 | 0,70 | 1,35 | 0,28 | 1,92 | |
Dividende8 | 0,27 | 0,30 | 0,00 | 0,53 | 0,00 | 0,00 | 0,64 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: BDO |
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