Die Probleme bei Powerland verschärfen sich. Seit einem Jahr warten die Anleger des chinesischen Herstellers von Handtaschen und Accessoires auf eine testierte Bilanz. Nun muss das Unternehmen zugeben, dass es im dritten Quartal 2013 nach einem Umsatzeinbruch in die Verlustzone abgerutscht ist. Um einen Kurskollaps zu verhindern, wird ein neues Aktienrückkaufprogramm aufgelegt. Die Schwierigkeiten sind mit dieser kosmetischen Aktion nicht überwunden. Das Kursfeuerwerk – in der Spitze am 20. Januar 2014 um plus 20 Prozent auf 2,42 Euro – war dann auch nur von kurzer Dauer.
Von Januar bis Ende September 2013 verringerten sich die Umsatzerlöse des Powerland-Konzerns um 13,9 Prozent auf 121,6 Mio. Euro. Während in der ersten Jahreshälfte die Verkäufe nur mäßig – um knapp 5 Prozent – zurückgingen, brachen die Verkäufe im dritten Quartal um ein Drittel auf 31,2 Mio. Euro weg. Besonders betroffen war das margenstarke Luxussegment, das in der Vergangenheit das dynamische Wachstum befeuert hatte. Hier halbierte sich das Geschäft im Drei-Monats-Zeitraum von Juli bis September. Das Unternehmen führt das auf eine „geringere Nachfrage infolge der Einführung einer Anti-Gifting-Politik durch die neue chinesische Führung“ zurück. Außerdem soll das Konsumklima in China im dritten Quartal 2013 ein Zwei-Jahres-Tief erreicht haben. Die Umsatzerlöse im Casual-Segment verringerten sich im dritten Quartal um 12,5 Prozent auf 15,5 Mio. Euro. Das Netto-Ergebnis rutschte mit 1,6 Mio. Euro im dritten Quartal in die Verlustzone, nachdem im gleichen Zeitraum 2012 noch 6,4 Mio. Euro Gewinn erzielt wurden. Unterm Strich weist der Neun-Monats-Bericht 2013 noch einen Überschuss von 7,0 Mio. Euro aus – fast 11 Mio. Euro weniger als im Vorjahr.
[shortcodedisplaychart isin=”DE000PLD5558″ ct=”1Y” cwidth=”595″ cheight=”350″]
Beunruhigend ist der gewaltige Absturz, obwohl Powerland das Vertriebsnetz kräftig ausgebaut hat. Im abgelaufenen Geschäftsjahr sind 22 neue Läden eröffnet worden, so dass sich ihre Zahl nun auf 202 erhöht hat. Allein dieser Effekt müsste eigentlich den Umsatz – wenn auch nicht unbedingt den Gewinn – nach vorn gebracht haben. Allein die zurückhaltende Konsumneigung kann wohl für die Verluste nicht verantwortlich sein. Zumal Powerland in der besonders wachstumsstarken Region im Südosten Chinas agiert, in der allein 400 Mio. zahlungskräftige Menschen wohnen. Zwar ist das Wachstum in China im vergangenen Jahr mit knapp acht Prozent hinter dem Durchschnitt der vergangenen Jahre zurückgeblieben, doch ist das nur der Basiseffekt einer stark wachsenden Volkswirtschaft. Unterm Strich hat das BIP (Brutto-Inlands-Produkt) von 8,2 auf 9,0 Mrd. Dollar kräftig zugenommen.
Bedenklich stimmt also, dass ein Großteil des Umsatzes offensichtlich von illegalen Bestechungs-Geschenken abhängig war. Diese Quelle wird es wohl unter der neuen chinesischen Regierung nicht mehr geben. Damit könnte das gesamte Geschäftsmodell ins Wanken geraten. Im Zusammenhang mit der Verweigerung des Bestätigungsvermerkes durch die Abschlussprüfer drängt sich noch der Verdacht auf, dass es einen Teil der früheren Umsätze gar nicht gegeben hatte. Denn die Prüfer von BDO fanden in den 2012er- Zahlen für Geschäfte mit südafrikanischen Kunden im Volumen von 35,2 Mio. Euro keine hinreichenden Nachweise.
[financialinfobox wkn=”PLD555″]
Überhaupt liest sich der Katalog der Prüfungshemmnisse von BDO wie ein Horrorroman. Neben zweifelhaften Umsätzen ist auch ein Zahlungsmittelbestand von immerhin 61,1 Mio. Euro nicht „hinreichend nachgewiesen“. Das trifft die Substanz des Unternehmens ins Mark. Wie das Beispiel Kinghero zeigt, sind Außenstehende machtlos, wenn es um Kontoeinsichten und -vollmachten geht. Die gesetzlichen Vertreter können in China auf den Firmenkonten schalten und walten wie sie wollen. Renommierte Wirtschaftsprüfer und Anwälte weisen darauf hin, dass es im Reich der Mitte nicht unüblich ist, dass Bankangestellte teilweise zu enge Beziehungen zu ihren Kunden pflegen. Unangemeldete Besuche bei Mitarbeitern in anderen Filialen oder der Hauptverwaltung gehören für sie daher zur Sorgfaltspflicht.
Nun muss man dem Management von Powerland zugutehalten, dass es das fehlende Testat nicht einfach mit einer Mehrheit in der Hauptversammlung überstimmt. Stattdessen hat es Ernst & Young als unabhängigen Prüfer eingesetzt. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Unstimmigkeiten nur auf Kommunikationsproblemen mit knorrigen chinesischen Geschäftsleuten, die es nicht gewohnt sind über ihr Handeln Fremden Auskunft zu geben, zurückzuführen sind oder ob hier tatsächlich Betrug im Spiel ist.
Powerland ist bereits vor dem Börsengang mit falschen Angaben gegenüber chinesischen Behörden unangenehm aufgefallen. Daher ist höchste Vorsicht geboten. Solange nicht alle Unstimmigkeiten vollständig geklärt sind und das Kerngeschäft nicht wieder Tritt gefasst hat, gilt: Finger weg von der Powerland-Aktie.
[basicinfoboxsc isin=”DE000PLD5558″]
Foto: Powerland AG
[sws_yellow_box box_size=”585″]Umfassende und regelmäßige Informationen zu allen Aktien von chinesischen Unternehmen aus dem Prime Standard sowie eine exklusive Scoring-Tabelle finden Sie auf unserem Portal „Chinageflüster“. Einfach HIER anklicken[/sws_yellow_box]