Mit Sicherheit ist es nicht die naheliegendste Idee, sich jetzt mit der Aktie eines Anbieters von Spritzgussprodukten, die vorwiegend im Automotivebereich eingesetzt werden, zu beschäftigen. Und tatsächlich musste die Aktie der Polytec Holding zuletzt massive Kurseinbußen hinnehmen. Genau genommen befindet sich die Notiz allerdings schon seit Ende 2017 im Abwärtssog. Ausgehend von Kursen, die zum Teil spürbar über 20 Euro lagen, ist der Spezialwert im Tief bis auf 3,50 Euro – entsprechend einem Börsenwert von knapp 78 Mio. Euro – gerauscht. Da ist die jüngste Erholung Richtung 5,50 Euro zwar eine schöne Entwicklung, für langjährige Investoren allerdings auch nicht viel mehr als der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Nach Auffassung von boersengefluester.de stehen die Chancen aber passabel, dass der Aktienkurs der Österreicher seine Tiefs gesehen hat und es eher weiter Richtung Norden geht. Die kürzlich vorgelegten Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr waren mit Umsätzen von 627,08 Mio. Euro und einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 32,65 Mio. Euro ganz ordentlich, wenngleich sie am Ende doch ein wenig unter der Prognose des Vorstands geblieben sind.
Bemerkenswert ist, dass das in den vergangenen zehn Jahren durchweg profitabel gewesene Unternehmen gerade einmal mit rund der Hälfte des Buchwerts von 10,70 Euro je Aktie gehandelt wird. Hier spiegelt sich zwar der kontinuierliche Rückgang der Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital wider – 2019 lag die Relation von Jahresüberschuss zum Eigenkapital erstmals seit 2014 wieder unterhalb von zehn Prozent. Gleichwohl scheint es uns übertrieben, dass die Aktie von Polytec mit einem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) gehandelt wird, was nur geringfügig über dem von „schwierigen Fällen“ aus dem Autozuliefererbereich wie Leoni oder ElringKlinger liegt. Bemerkenswert allerdings, dass das aus Börsensicht wohl am ehesten vergleichbare Unternehmen, die STS Group, noch ein deutlich niedrigeres Multiples auf den Buchwert besitzt. Zur weiteren Einordnung: Bezogen auf sämtliche Autozulieferer aus unserer Datenbank liegt das KBV zurzeit bei rund 0,9.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 676,44 | 636,40 | 627,08 | 521,98 | 555,87 | 601,39 | 635,99 | |
EBITDA1,2 | 82,30 | 67,07 | 68,40 | 48,29 | 44,84 | 33,20 | 26,64 | |
EBITDA-Marge3 | 12,17 | 10,54 | 10,91 | 9,25 | 8,07 | 5,52 | 4,19 | |
EBIT1,4 | 55,08 | 40,07 | 32,65 | 12,96 | 12,30 | 0,70 | -6,72 | |
EBIT-Marge5 | 8,14 | 6,30 | 5,21 | 2,48 | 2,21 | 0,12 | -1,06 | |
Jahresüberschuss1 | 38,96 | 30,02 | 23,08 | 9,48 | 7,05 | -2,24 | -14,06 | |
Netto-Marge6 | 5,76 | 4,72 | 3,68 | 1,82 | 1,27 | -0,37 | -2,21 | |
Cashflow1,7 | 38,28 | 30,87 | 24,41 | 45,78 | 22,68 | 33,67 | 33,39 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,74 | 1,32 | 1,02 | 0,29 | 0,19 | -0,10 | -0,64 | |
Dividende8 | 0,45 | 0,40 | 0,00 | 0,30 | 0,10 | 0,10 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Das Thema Dividende sollten Polytec-Aktionäre zurzeit nicht übergewichten. Für 2019 soll es zwar eine von 0,40 auf 0,25 Euro gekürzte Ausschüttung geben, allerdings steht der Vorschlag, wie bei so vielen anderen Firmen auch, unter Vorbehalt. Der Hauptversammlungstermin wurde ebenfalls verschoben. Am Ende würde es boersengefluester.de nicht wundern, wenn sowohl für 2019 also auch für 2020 Nullrunden hinauskommen würden. Parallel dazu wird es vorerst wohl kaum möglich sein, valide Umsatz- und Ergebnisprognosen für 2020 zu erstellen. Auch Polytec musste die Produktion ganz oder teilweise herunterfahren und auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen. Sollte das Pendel im kommenden Jahr aber nur einigermaßen umschlagen, wäre die Aktie ein echtes Schnäppchen. Angenommen, Polytec käme 2021 auf ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 40 Mio. Euro, was weit unter den aktuellen Schätzungen der Analysten liegt, würde das Unternehmen unter Berücksichtigung der Netto-Finanzverbindlichkeiten von zurzeit 156 Mio. Euro gerade einmal mit dem 6,9fachen des erwarten operativen Gewinns an der Börse bewertet. Bei einem EBITDA von 50 Mio. Euro ermäßigt sich die Relation von Enterprise Value zu EBITDA sogar auf 5,5. Nun ist die Weltwirtschaft kein Wunschkonzert. Die Szenario-Rechnungen zeigen aber, was bei Polytec möglich ist. Losgelöst davon bleibt die Aktie nur für spekulative Investoren geeignet.
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