Eine Menge Fans hat die Aktie des österreichischen Automobilzulieferers Polytec Holding auch in Deutschland. Kein Wunder: Das auf Spritzgussteile für den Motorraum sowie den Interieurbereich spezialisierte Unternehmen hat – insbesondere 2017 – eine super gute Performance auf dem Parkett hingelegt und ist zudem immer noch sehr moderat bewertet. Allerdings hat die Kursrichtung seit dem Anfang November 2017 erreichten All-Time-High bei 22,72 Euro deutlich gedreht und der Anteilschein ist mittlerweile für ein Drittel weniger zu haben. Aktuelle Notiz: 15,40 Euro. Dementsprechend ist die Marktkapitalisierung von in der Spitze 507 Mio. auf derzeit knapp 344 Mio. Euro zurückgefallen – unter anderem eine Folge der am Kapitalmarkt als leicht enttäuschend aufgenommenen Zahlen für das dritte Quartal 2017. Aber auch die jetzt vorgelegten Daten für das Gesamtjahr kamen an der Börse nicht besonders gut an. Dabei hat das in Hörsching in der Nähe von Linz ansässige Unternehmen die eigenen Prognosen erfüllt, nur die Schätzungen der Analysten lagen derweil etwas höher. Insgesamt kletterten die Erlöse um rund vier Prozent auf 676,44 Mio. Euro. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) kam um gut fünf Prozent auf 55,08 Mio. Euro voran. Das Ergebnis je Aktie stieg von derweil 1,65 auf 1,74 Euro. Rund ein Viertel davon – genau genommen 0,45 Euro – wird Polytec in Form einer Dividende an die Anteilseigner weiterreichen. Damit bringt es der Titel auf eine Rendite von zurzeit 2,9 Prozent.
Allerdings greift es nach Auffassung von boersengefluester.de ohnehin zu kurz, ein Investment in Polytec nur anhand einzelner Quartalsdaten oder einer Dividende festzumachen. Zudem befindet sich die Gesellschaft in einer erheblichen Investitionsphase: Zwischen 2015 und 2020 stecken die Österreicher mehr als 260 Mio. Euro in neue Gebäude und Infrastruktur – davon sind bereits rund 120 Mio. Euro ausgegeben. „Man sieht uns heute nicht mehr als Commodity-Lieferanten, sondern als das, was wir wirklich sind: ein innovatives High-Tech-Unternehmen“, sagt Finanzvorstand Peter Haidenek. Stets ein Thema bleibt für Polytec das Wachstum via Zukäufe, allerdings geht COO Markus Huemer mit Bedacht vor: „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen und werden vor allem nicht überhöhte Preise bezahlen, nur um eine Akquisitions-Story vorweisen zu können. Zudem hat sich der Kreis passender Übernahmekandidaten durch unsere strategische Fokussierung eingeengt.“ Grundsätzlich interessant für Polytec sind insbesondere Unternehmen mit hoher Kompetenz im Bereich Automatisierung. Aber auch die Übernahme eines direkten Wettbewerbers schließt Huemer nicht aus. Überschaubare Auswirkungen auf die Geschäfte von Polytec hat bislang der Einbruch der Diesel-Fahrzeuge, da rund 85 Prozent der Konzernerlöse unabhängig vom Dieselbereich sind. Summa summarum geht CEO Friedrich Huemer für 2018 davon aus, dass Polytec das Niveau des Vorjahrs wiederholen kann – bezeichnet dies aber gleichwohl als „ambitioniertes Ziel“.
Das hört sich aus Anlegersicht jetzt nicht nach einem übermäßig knackigen Ausblick an, dafür ist die Bewertung der Polytec aber entsprechend moderat. Inklusive der Netto-Finanzverbindlichkeiten von knapp 79 Mio. Euro türmt sich der Unternehmenswert auf 4,23 Mio. Euro. Dem steht ein von boersengefluester.de für 2018 erwartetes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 83,5 Mio. Euro entgegen. Demnach wird die Gesellschaft also nur etwa zu dem 5,1-fachen des Enterprise Value zum EBITDA gehandelt. Zum Vergleich: Andere Automobilzulieferer, wie die – zuletzt an der Börse allesamt unter Druck geratenen – PWO, Elring Klinger oder auch Paragon, kommen hier meist auf Multiples im „Sechser-Bereich“. Gut gefällt uns auch, dass Polytec ein einstelliges Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) besitzt und für gerade einmal das 1,7-fache des Buchwerts gehandelt wird. Wer sich also nicht so sehr an der eingetrübten Charttechnik stört, findet in der Aktie ein fundamental attraktiv bewertetes Unternehmen. Lohnenswert ist übrigens auch ein Blick in den – wie wir finden – attraktiv gemachten aktuellen Geschäftsbericht des Unternehmens. Nur beim Thema „Ausblick“ hätten wir uns konkrete Aussagen gewünscht – etwa in Form von Bandbreitenprognosen für Umsatz und Betriebsergebnis.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 676,44 | 636,40 | 627,08 | 521,98 | 555,87 | 601,39 | 635,99 | |
EBITDA1,2 | 82,30 | 67,07 | 68,40 | 48,29 | 44,84 | 33,20 | 26,64 | |
EBITDA-Marge3 | 12,17 | 10,54 | 10,91 | 9,25 | 8,07 | 5,52 | 4,19 | |
EBIT1,4 | 55,08 | 40,07 | 32,65 | 12,96 | 12,30 | 0,70 | -6,72 | |
EBIT-Marge5 | 8,14 | 6,30 | 5,21 | 2,48 | 2,21 | 0,12 | -1,06 | |
Jahresüberschuss1 | 38,96 | 30,02 | 23,08 | 9,48 | 7,05 | -2,24 | -14,06 | |
Netto-Marge6 | 5,76 | 4,72 | 3,68 | 1,82 | 1,27 | -0,37 | -2,21 | |
Cashflow1,7 | 38,28 | 30,87 | 24,41 | 45,78 | 22,68 | 33,67 | 33,39 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,74 | 1,32 | 1,02 | 0,29 | 0,19 | -0,10 | -0,64 | |
Dividende8 | 0,45 | 0,40 | 0,00 | 0,30 | 0,10 | 0,10 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Foto: Polytec Holding AG