Nach dem rasanten Start von TubeSolar im Düsseldorfer Freiverkehr Mitte Februar 2020 und dem anfänglich nicht minder schwungvollen IPO von Datenbankspezialist Exasol Ende Mai im Frankfurter Scale-Segment, geht es nun eine weitere Etage höher in Sachen Neuemissionen: Noch bis zum 18. Juni 2020 läuft die Zeichnungsfrist für die PharmaSGP Holding aus Gräfelfing westlich von München. Die Preisspanne für die bis zu 9,66 Millionen Aktien hat Konsortialführer Berenberg auf 31,50 bis 36,50 Euro festgesetzt – insgesamt käme PharmaSGP damit auf einen Börsenwert zwischen 378 und 438 Mio. Euro. Auffällig zunächst einmal: Sämtliche Anteile stammen von den beiden Großaktionären – insbesondere vom Pharmainkubator Futrue, dem 90 Prozent der Anteile zuzurechnen sind. Eine Kapitalerhöhung ist trotz des angepeilten Listings im Prime Standard zunächst nicht vorgesehen. Ein Blick in den Emissionsprospekt zeigt schnell, warum die Gesellschaft nicht unmittelbar auf frische Mittel für die weitere Expansion angewiesen ist.
So stehen zum Ende des ersten Quartals 2020 mehr als 93 Mio. Euro an liquiden Mitteln auf der Aktivseite – bei zu vernachlässigenden Finanzverbindlichkeiten von 446.000 Euro. Somit ist das IPO in erster Linie Exit-Kanal für Futrue. „Unsere organische Wachstumsstrategie finanzieren wir aus unserer starken Barmittelgenerierung“, sagt CEO Natalie Weigand, die PharmaSGP seit 2017 führt. Ausgerichtet ist das Unternehmen auf rezeptfreie Arzneien – am bekanntesten sind Mittel wie RubaXX gegen Gelenkschmerzen, Restaxil gegen Nervenschmerzen und Taumea bei Schwindelbeschwerden. In den vergangenen drei Jahren kletterten die Erlöse von 53,06 auf 62,57 Mio. Euro – bei einer EBITDA-Marge von im Mittel rund 33 Prozent. Zum Vergleich: Die – freilich sehr viel größere – Dermapharm Holding kommt 2017 bis 2019 auf eine Relation von Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) zum Umsatz von durchschnittlich knapp 24 Prozent.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 53,06 | 60,59 | 62,57 | 63,25 | 65,34 | 85,82 | 101,10 | |
EBITDA1,2 | 15,74 | 19,93 | 22,82 | 14,73 | 18,49 | 26,93 | 34,10 | |
EBITDA-Marge3 | 29,66 | 32,89 | 36,47 | 23,29 | 28,30 | 31,38 | 33,73 | |
EBIT1,4 | 15,33 | 19,55 | 22,42 | 14,25 | 14,92 | 17,68 | 24,64 | |
EBIT-Marge5 | 28,89 | 32,27 | 35,83 | 22,53 | 22,83 | 20,60 | 24,37 | |
Jahresüberschuss1 | 11,78 | 14,73 | 16,71 | 10,64 | 10,69 | 11,95 | 16,40 | |
Netto-Marge6 | 22,20 | 24,31 | 26,71 | 16,82 | 16,36 | 13,92 | 16,22 | |
Cashflow1,7 | 14,25 | 8,43 | 17,63 | 15,46 | 12,24 | 24,71 | 26,64 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,98 | 1,23 | 1,39 | 0,89 | 0,89 | 1,00 | 1,37 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,45 | 0,49 | 1,36 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Die Unterschiede resultieren in erster Linie daraus, dass die PharmaSGP keine eigene Fertigung unterhält und den gesamten Herstellungsprozess ausgelagert hat. Dementsprechend findet sich auch kaum Anlagevermögen in der Bilanz des Börsenaspiranten. Bewertungstechnisch kommt die Gesellschaft nur auf den ersten Blick ziemlich ambitioniert daher: Auf Basis des mittleren Ausgabepreises von 34 Euro und unter Berücksichtigung der Netto-Finanzguthaben beträgt der Unternehmenswert (Enterprise Value) rund 315 Mio. Euro, was einem Faktor von 13,8 auf das für 2019 ausgewiesene EBITDA entspricht. Bei Dermapharm liegt das entsprechende Multiple bei 16,8. Stada Arzneimittel wird zu einem Faktor von 15,6 gehandelt. In Sachen Kurs-Buchwert-Verhältnis rangiert PharmaSGP zur Emission klar unter Dermapharm und auch Stada – ungefähr auf Augenhöhe mit dem Spezialpharmaanbieter Medios.
Nun: Der Zeitpunkt für eine Emission aus dem Pharmabereich könnte besser kaum sein. Gewöhnungsbedürftig ist, in welchem Umfang Futrue-Eigentümer Clemens Fischer sowie Mitgründerin Madlena Hohlefelder Kassen machen. Immerhin fließen wohl weit mehr als 300 Mio. Euro an die Altgesellschafter, die nach dem IPO vermutlich nur noch 17,55 Prozent (Clemens Fischer) bzw. 1,95 Prozent (Madlena Hohlefelder) halten werden. Der Streubesitz könnte auf bis zu 80,5 Prozent steigen. So gesehen kommt viel darauf an, wie plausibel das Management die Exit-Strategie zum Aufbau des neuen Futrue-Bereichs „Seltene Krankheiten“ rüberbringt. Ansonsten wäre es natürlich prima für den heimischen Kapitalmarkt, wenn sich auch Neuemission Nummer 3 im laufenden Jahr für Anleger auszahlt. Dividenden will die Gesellschaft erstmalig für das Geschäftsjahr 2021 zahlen.
Fotos: Clipdealer, PharmaSGP Holding