Neuemissionen sind dünn gesät in Deutschland. Und wenn es dann auch noch um Unternehmen aus dem Biotechsektor geht, sind sie sogar Raritäten. Klammern Investoren die im Kern zwar schwarz-rot-goldenen Unternehmen BioNTech, Curevac oder auch Mainz Biotech – die es direkt an die US-Börse Nasdaq gezogen hat – aus, ist BRAIN Biotech tatsächlich der bislang jüngste Biotech-Neuzugang aus der Datenbank von boersengefluester.de. Und bei dem im hessischen Zwingenberg ansässigen Enzymspezialisten BRAIN liegt die Erstnotiz schon mehr als 8,5 Jahre zurück. Umso gespannter sind wir auf das Kapitalmarktdebüt der Pentixapharm Holding. Streng genommen handelt es sich aber gar nicht um ein reines IPO, denn das in der Radiopharmazie tätige Unternehmen ist eine Abspaltung vom SDAX-Konzern Eckert & Ziegler, dem größten Hersteller von radioaktiven Komponenten für medizinische und messtechnische Zwecke.
Hintergrund des Spin-offs sind die stark unterschiedlichen Risikostrukturen in den Geschäftsmodellen von Pentixapharm und Eckert & Ziegler (EZAG). EZAG ist ein reifes Unternehmen mit Umsätzen, Erträgen und Dividenden und spricht einen speziellen Investorenkreis an. Ganz anders die im Wesentlichen noch ohne Umsätze und auf absehbare Zeit hohe Verluste schreibende Pentixapharm. Hier sollten Anleger einen höheren Grad an Risikobereitschaft oder eben auch Detailwissen im Bereich der Radiopharmazeutika mitbringen. Grundsätzlich ist das Interesse von Pharmainvestoren – insbesondere in den Vereinigten Staaten – aber groß. Im Erfolgsfall winken weitaus höhere Gewinne als bei reiferen Geschäftsmodellen. Es ist also mitnichten so, als wenn EZAG eine Art Bad Bank abspalten würde. Im Gegenteil: Es gibt wohl kaum ein zweites Unternehmen aus dem Sektor, das fünf Jahre nach der Gründung bereits zwei Phase III-Projekte im Portfolio hat.
Zwei Namen, die auch Privatanleger in diesem Zusammenhang schon einmal gehört haben sollten, heißen PentixaFor und PentixaTher. Sie bezeichnen zwei strukturell ähnliche Moleküle, die sich im Körper an eine Andockstelle heften, die insbesondere auf Blutkrebszellen, und oft nur dort, zu finden ist. PentixaFor, das Diagnostikum, transportiert zu dieser Andockstelle, die auch Rezeptor genannt wird, ein radioaktives Isotop, dass sich von außen mit einer speziellen Kamera sehen lässt. Der Arzt kann so feststellen, wo und wie viele Andockstellen, und damit wie viele Blutkrebszellen den Patienten belasten. Lassen sich Blutkrebszellen in ausreichender Konzentration nachweisen, wird das zweite Molekül, das Therapeutikum namens PentixaTher, injiziert. Es enthält ebenfalls ein radioaktives Isotop, aber in diesem Fall eines mit einer viel höheren Energie. Sie reicht aus, um die Zelle, auf der sich der Rezeptor befindet, zu zerstören. Im Idealfall wird damit der gesamte Tumor beseitigt. Da sich Diagnose und Therapie – stark vereinfacht ausgedrückt – nur durch die Dosierung der Strahler unterscheiden, spricht man auch von einem theranostischen Ansatz.
Am Ende können sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie hohe Gewinne erzielt werden, doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, der Investitionen von vermutlich rund 80 Mio. Euro schlucken wird. Insofern dürfte die begleitende Kapitalerhöhung im Zuge des IPO-Prozesses nicht die letzte Finanzzufuhr gewesen sein. Spannend wird, ob Pentixapharm die nächsten Schritte diesbezüglich erneut in Deutschland umsetzen wird oder es nicht doch mit einer Zweitnotierung an der Nasdaq verbindet. Eine direkte Abspaltung aus der EZAG heraus wäre aufgrund der Beschränkungen des deutschen Aktienrechts kompliziert und teuer geworden, sagt EZAG-Mitgründer und Aufsichtsratschef Andreas Eckert im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Mit einer eigenen Notierung in Frankfurt stehen den Würzburgern diesbezüglich aber alle Optionen offen. „Wir haben jedoch keinen unmittelbaren Druck für ein Secondary Listing“, betont Eckert.
Zunächst einmal hat das Unternehmen via IPO-Kapitalerhöhung und Wandelschuldverschreibung etwa 40 Mio. Euro zur Verfügung. Darauf lässt sich aufbauen. Und mit zunehmendem Fortschritt bei den klinischen Studien werden Auslizenzierungen nach vorn rücken. Eine eigene Markteinführung und der Aufbau von Vertriebsteams sind jedenfalls nicht geplant. Was gilt nun aus Investorensicht? Mit dem Spin-off – für jede EZAG-Aktie gibt es einen Anteilschein von Pentixapharm – ist zunächst einmal eine hohe Volatilität im Kurs der Pentixapharm-Aktie zu erwarten. Losgelöst davon, dass die Bewertung des Börsenneulings dem Vernehmen nach moderat gewählt ist. Die zu erwartend nervöse Anfangsphase sollte sich nicht übermäßig lang dauern. Für unseren Geschmack kann es hoch interessant sein, einen Fuß in der Tür bei Pentixapharm zu haben.
Demnach lautet unsere unverbindliche Einschätzung für via EZAG eingebuchte Stücke: Halten. Und wer als Neuinvestor ein wenig zocken mag, kann sich demnächst ebenfalls ein paar Stücke ins Depot legen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es Erfolge und auch Rückschläge geben, am Ende kann aber eben auch etwas Großes dabei herauskommen. Die Angebotsspanne liegt zwischen 4,70 und 6,00 Euro je Aktie. Ab dem 3. Oktober 2024 soll die Aktie dann in Frankfurt gehandelt werden.
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