Verglichen mit dem Kursrutsch der vergangenen Monate bei dem SDAX-Wert Drägerwerk hat sich die Aktie von Paul Hartmann zwar noch relativ wacker geschlagen. Aber trotzdem: Mit der Börsenperformance des Anbieters von Produkten zur Wundversorgung oder auch medizinischer Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln ist wohl niemand richtig glücklich. Dabei muss sich auch boersengefluester.de eingestehen, dass der Kapitalmarkt einfach nur wahnsinnig effizient – und vor allen Dingen auch frühzeitig – die rückläufige operative Entwicklung nach der Corona-bedingten Sonderkonjunktur eingepreist hat. Die Lagerräume von Kliniken und größeren Arztpraxen mit Schutzprodukten sind häufig noch immer gut gefüllt. Hinzu kommt, dass wegen der geringeren Bettenbelegung und OP-Taktung weniger steriles Material benötigt wird. Darüber hinaus hat auch Paul Hartmann mit den Folgen der allgegenwärtigen Preissteigerungen zu kämpfen.
Insgesamt fielen die Umsatzerlöse 2021 um 5,4 Prozent auf 2.301,77 Mio. Euro zurück, das um Sonderfaktoren adjustierte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungn (breinigtes EBITDA) schmolz deutlich überproportional um 17,7 Prozent auf 240,6 Mio. Euro. – liegt damit aber leicht oberhalb der Mitte des bisherigen Planungskorridors. Das Ergebnis je Aktie fiel derweil von 29,98 auf 26,66 Euro zurück. Dabei weist CEO Britta Fünfstück darauf hin, dass die negativen Effekte ohne die Maßnahmen aus dem 2019 gestarteten Effizienzprogramm noch deutlich stärker ins Kontor geschlagen hätten. Das ist schon insofern gut vorstellbar, wenn man allein den Umsatzrückgang von fast 18 Prozent auf gut 681 Mio. Euro im Segment Infektionsmanagement betrachtet. Allein dort knickte das bereinigte EBITDA um beinahe 70 Prozent auf 45,5 Mio. Euro ein. Größter Gegenpol hierzu ist die positive Entwicklung im Bereich Wundversorgung.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.058,63 | 2.119,10 | 2.186,77 | 2.433,04 | 2.301,77 | 2.311,61 | 2.353,26 | |
EBITDA1,2 | 204,80 | 193,48 | 210,35 | 308,92 | 232,89 | 165,05 | 165,55 | |
EBITDA-Marge3 | 9,95 | 9,13 | 9,62 | 12,70 | 10,12 | 7,14 | 7,04 | |
EBIT1,4 | 138,23 | 123,17 | 104,38 | 163,28 | 135,39 | 63,40 | 62,51 | |
EBIT-Marge5 | 6,71 | 5,81 | 4,77 | 6,71 | 5,88 | 2,74 | 2,66 | |
Jahresüberschuss1 | 93,70 | 83,77 | 62,93 | 112,94 | 97,10 | 39,48 | 32,74 | |
Netto-Marge6 | 4,55 | 3,95 | 2,88 | 4,64 | 4,22 | 1,71 | 1,39 | |
Cashflow1,7 | 200,51 | 147,46 | 161,26 | 304,94 | 130,60 | -1,04 | 230,79 | |
Ergebnis je Aktie8 | 24,82 | 22,25 | 16,41 | 29,98 | 26,66 | 10,18 | 8,00 | |
Dividende8 | 7,00 | 7,00 | 7,00 | 8,00 | 8,00 | 8,00 | 8,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |
Insgesamt bleiben die Aussichten für das laufende Jahr zwar gedämpft, aber doch etwas besser als Anfang Dezember 2021 kommuniziert. So stellt die Gesellschaft nun einen moderaten organischen Umsatzrückgang sowie ein bereinigtes EBITDA in der Bandbreite von 190 bis 230 Mio. Euro (bisherige Prognose: 180 bis 220 Mio. Euro) in Aussicht. „Positive Effekte der Pandemie werden ausbleiben, vor allem beim Absatz von Schutzprodukten und Desinfektionsmitteln. Bestehen bleibt ein durch die Pandemie reduzierter Markt mit geringeren Auslastungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen“, sagt Vorstand Britta Fünfstück. Erfreulich entwickelt sich übrigens das vor etwas mehr als einem Jahr für immerhin rund 65 Mio. Euro gekaufte Portal pflege.de, mit dem Paul Hartmann nicht nur die Digitalkompetenz stärkt, sondern auch das Endkundengeschäft forciert.
Ebenfalls positiv, wenn auch keine großartige Überraschung: Die Dividende für 2021 bleibt trotz des deutlichen Gewinnrückgangs bei 8 Euro je Aktie – rund 2,5 Prozent Dividendenrendite ergeben sich momentan daraus. Zudem wird der Spezialwert gerade einmal mit einem Aufschlag von 13 Prozent auf den Buchwert gehandelt. Und selbst unter Ertragsgesichtspunkten ist der Titel trotz der zurzeit schwierigen Rahmenbedingungen deutlich zu günstig. Auf schuldenfreier Basis beträgt der Unternehmenswert (Enterprise Value) grob 1.300 Mio. Euro – da sind die umfangreichen Pensionsrückstellungen der Heidenheimer sogar schon enthalten. Setzt man den EV in Relation zum Mittelwert des für 2022 avisierten EBITDA ergibt sich ein ansprechendes Multiple von 6,2.
Das ist schon allein deshalb bemerkenswert, weil die an der Schweizer Börse notierte 66,3-Prozent-Beteiligung IVF Hartmann in dieser Disziplin zu einem Faktor von vermutlich eher 10 gehandelt wird. Dabei steht das auf Paul Hartmann entfallende IVF-Paket für einen Börsenwert von umgerechnet rund 180 Mio. Euro. Das ist nicht wenig, für den Gesamtkonzern aber auch nicht unbedingt tragend. Also: Selbst wenn der Medizintechniktitel unsere Erwartungen bislang nicht erfüllt hat. Die bewertungstechnischen Rahmendaten sind derart vorteilhaft, dass Anleger hier mindestens engagiert bleiben sollten. Letztlich handelt es sich ja um ein stockkonservatives Investment. Noch ein Tipp von uns in eigener Sache: Sämtliche Geschäftsberichte von Paul Hartmann seit 2012 können Sie auf unserem brandneuen Portal geschaeftsberichte-download.de (HIER) gratis abrufen.
Foto: Paul Hartmann AG