Es gibt Hintergrundgespräche auf Kapitalmarktkonferenzen, da weiß man am Ende nicht so recht, was man davon halten soll. In diese Kategorie fiel definitiv das Treffen von boersengefluester.de auf den Hamburger Investorentagen (HIT) Ende August mit dem Pantaflix-Vorstand Stephanie Schettler-Köhler und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dan Maag. Nachdem das Streaming-Projekt um die Tochter Pantaflix Technologies grandios gescheitert war und die Filmproduktionsgesellschaft aus Börsensicht eigentlich nur durch regelmäßige Kapitalerhöhungen aufgefallen war, hatten wir irgendwie ruhigere Töne erwartet. Doch Dan Maag, der gemeinsam mit Marco Beckmann und Matthias Schweighöfer über das Investmentvehikel Black Mars regelmäßig frisches Geld in die Gesellschaft geschossen hatte, sprudelt nur so vor Tatendrang: „Ich sehe eine große Zukunft für uns an der Börse.“
Auslöser der Zuversicht sind insbesondere die sich bietenden neuen Produktionsmöglichkeiten in der Medienbranche durch Künstliche Intelligenz (KI): Von teuren Filmkulissen bis hin zu kompletten Schauspielern – am Ende lässt sich bald alles mit Hilfe von modernster Studiotechnik künstlich darstellen, was wiederum die Kosten massiv senkt und gleichzeitig den Output nach oben schraubt. „Wir radikalisieren uns gerade extremst Richtung KI“, sagt Dan Maag. Normalerweise eine Traumkonstellation. Allerdings hat boersengefluester.de auch eben noch im Hinterkopf, wie uns Dan Maag vor ziemlich genau acht Jahren von den Chancen im Streamingbereich – Vorbild war damals Netflix –vorschwärmte und die zu der Zeit noch als Pantaleon Entertainment firmierende Gesellschaft wenig später auf links drehte. Es folgten jede Menge Kehrtwendungen und strategische Neuausrichtungen, um das Streaminggeschäft zum Laufen zu bekommen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 28,06 | 35,12 | 28,75 | 7,82 | 42,58 | 19,70 | 35,38 | |
EBITDA1,2 | 17,54 | 2,88 | 3,31 | -5,41 | 16,49 | 9,78 | 19,81 | |
EBITDA-Marge3 | 62,51 | 8,20 | 11,51 | -69,18 | 38,73 | 49,64 | 55,99 | |
EBIT1,4 | 2,21 | -8,99 | -8,55 | -7,13 | -1,88 | -7,92 | -3,60 | |
EBIT-Marge5 | 7,88 | -25,60 | -29,74 | -91,18 | -4,42 | -40,20 | -10,18 | |
Jahresüberschuss1 | -0,40 | -8,83 | -7,89 | -7,10 | -1,88 | -7,88 | -3,62 | |
Netto-Marge6 | -1,43 | -25,14 | -27,44 | -90,79 | -4,42 | -40,00 | -10,23 | |
Cashflow1,7 | 7,41 | 12,88 | 2,08 | 8,99 | 12,20 | 14,37 | 7,08 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,03 | -0,57 | -0,51 | -0,38 | -0,09 | -0,38 | -0,14 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Concept Renkes & Partner |
Am Ende nutzte alles nicht: Selbst die im Frühjahr 2023 eingeleiteten Verkaufsverhandlungen wurden Mitte September auf Eis gelegt. „Zurzeit wird geprüft, wie die von der Pantaflix Technologies GmbH entwickelte Video-Streaming-Technologie in die KI-Aktivitäten der Gruppe integriert werden kann, um hier eine schnellere Vermarktung von Inhalten zu ermöglichen“, so der offizielle Zwischenstand. Fakt ist allerdings auch – und darum geht es am Ende auf einem Portal wie boersengefluester.de: Seit der Präsentation auf dem HIT hat der Aktienkurs nicht nur das Penny Stock-Terrain verlassen, sondern hat gleichzeitig auch noch um mehr als 50 Prozent zugelegt und die Marktkapitalisierung damit auf nun kanpp 30 Mio. Euro gehievt. Damit hätte boersengefluester.de niemals gerechnet.
So werden die Münchner am Kapitalmarkt derzeit etwa so hoch bewertet, wie die Umsatzprognose von 29,5 bis 33,5 Mio. Euro für das laufende Jahr. Ergebnistechnisch wird Pantaflix sich gegenüber Vorjahr deutlich verbessern, mit einem EBIT (Ergebnis Zinsen und Steuern) zwischen minus 3,7 und minus 3,0 Mio. Euro bleibt das Unternehmen aber vorerst in den roten Zahlen. Zur weiteren Einordnung: Zum Halbjahr 2023 kommt die Gesellschaft bei kräftig gestiegenen Erlösen von 21,2 Mio. Euro auf ein EBIT von minus 734.000 Euro – nach minus 2,82 Mio. Euro in der Vorjahresperiode. Hier wirkt sich insbesondere die Realisierung der Dramaserie „Unwanted“ für Sky positiv aus.
Bereits mit Blick auf das kommende Jahr betont Pantaflix, dass an verschiedenen Stellen Kostenreduktionen vorgenommen wurden, die ab 2024 ihre volle Wirkung entfalten. Zudem betont Vorstand Stephanie Schettler-Köhler im Zwischenbericht: „Im ersten Halbjahr 2023 haben wir bedeutsame Veränderungen und wegweisende Entscheidungen getroffen, die uns zurück zu unseren Ursprüngen führen und uns gleichzeitig zum Vorreiter im Feld der Anwendung von künstlicher Intelligenz im Entertainmentbereich machen.“ Das hört sich aus Investorenperspektive gut an, allerdings fehlt im Risikobericht nicht der Hinweis, dass bei einer dauerhaft anhaltenden, verschlechterten Ertragslage Liquiditätsrisiken vorliegen und daraus eine Bestandsgefährdung entstehen kann.
Komplett über den Berg ist das Unternehmen also nicht, selbst wenn die Zahlen durchaus in die richtige Richtung weisen. Das Eigenkapital zum Halbjahr 2023 liegt bei gerade einmal 2,1 Mio. Euro. Die Analysten von Montega gingen zuletzt davon aus, dass Pantaflix ab 2025 auch unterm Strich profitabel arbeitet. Am 5. Oktober wird es eine virtuelle Präsentation auf der Montega-Plattform Connect zum kürzlich veröffentlichten Halbjahresbericht geben. Thema dort dürfte freilich auch die frisch angekündigte Emission einer mit einem Kupon von 3 Prozent versehenen Wandelanleihe mit einem Nennbetrag von bis zu 8 Mio. Euro und Laufzeit bis Anfang November 2026 sein. Unterm Strich bleibt die Pantaflix-Aktie ein lupenreiner Hotstock mit enormen Chancen, aber eben auch Risiken. Und trotz des jüngsten Kursanstiegs weiß auch Aufsichtsrat Dan Maag: „Streaming ist definitiv nicht so geil gelaufen, wie wir es gedacht haben. Wir müssen jetzt liefern.“
Foto: Unsplash+
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