So sieht die hässliche Seite der Börse aus. Vor fast genau drei Monaten verneigte sich die Finanzgemeinde noch vor dem 10.000-Punkte-Rekord des DAX, um sich jetzt entsetzt vom Aktienmarkt abzuwenden. Auslöser für den Stimmungswandel ist die Mixtur aus zuletzt enttäuschenden volkswirtschaftlichen Daten und den geldpolitischen Unsicherheiten. Hinzu kommen die täglichen Horrornachrichten aus dem Nahen Osten und Afrika. Allein in der vergangenen Woche löste sich nach Berechnungen von boersengefluester.de bei den von uns analysierten Unternehmen mit Hauptnotiz in Deutschland ein Börsenwert von 61,4 Mrd. Euro in Luft auf. Das entspricht nahezu exakt der Marktkapitalisierung des Chemiekonzerns BASF. Etwa ein Drittel des Rückgangs von 1.444 Mrd. Euro auf 1.383 Mrd. Euro entfällt dabei auf die fünf DAX-Konzerne Siemens, Bayer, Daimler, Deutsche Telekom und Volkswagen. Aber auch etliche von boersengefluester.de zuletzt besprochene Spezialwerte mussten massiv Federn lassen. In der Gesamtschau fällt das zwar nicht ins Gewicht, doch die prozentualen Kursverluste sind natürlich genauso bitter für Anleger. Für ausgewählte Titel geben wir daher ein kompaktes Update und nennen die Hintergründe für den Schwächeanfall – sofern einer auszumachen ist.
Kein Pardon kannten die Börsianer mit Paion. Als das Biotechunternehmen am 10. Oktober um 14.41 Uhr bekannt gab, dass sein japanischer Partner ONO Pharmaceutical die Entscheidung zur Einreichung des Zulassungsantrags für das Narkosemittel Remimazolan noch immer nicht getroffen hat und sich im laufenden Jahr auch nicht mehr festlegen wird, brachen alle Dämme. Im Tief rauschte die Notiz der Aachener um knapp 47 Prozent auf 1,655 Euro nach unten und vernichtete dabei zwischenzeitlich einen Börsenwert von 73,3 Mio. Euro. Pikant: Erst vor wenigen Monaten hatte Paion im Zuge einer größeren Kapitalerhöhung gut 46 Mio. Euro eingenommen und wurde zuletzt marktschreierisch zum Kauf empfohlen – mit entsprechender Wirkung: Im September schoss die Notiz um fast 40 Prozent in die Höhe. Nun also der Denkzettel. Immerhin: Als die Analysten von Close Brothers Seydler sich kurz vor dem Wochenende noch zu Wort meldeten und erklärten, dass sie die Kursreaktion für übertrieben einschätzen, ging es wieder bis auf knapp 1,95 Euro nach oben. Bislang hatten die Banker Remimazolan-Japan mit 1,88 Euro pro Aktie in ihrem Kursziel von 6 Euro angesetzt. Diesen Wertansatz haben sie nun zwar zur Vorsicht halbiert, angesichts des hohen Cashbestands und der Perspektiven hinsichtlich der Zulassungsstudien für Europa und Nordamerika bleiben die Close-Brothers bei ihrer Kaufen-Einschätzung – allerdings mit einem von 6 auf 5 Euro verringerten Kursziel.
Um rund 20 Prozent verlor die Aktie von Basler in den vergangenen Tagen an Wert. Dabei hatte der Hersteller von Spezialkameras, wie sie etwa in der Industrie, der Medizintechnik oder bei der Verkehrsüberwachung zum Einsatz kommen, keine schlechten Signale an die Anleger gesendet. Im Gegenteil: Zuletzt hat das Unternehmen aus Ahrensburg nordöstlich von Hamburg seine Prognosen für 2014 deutlich nach oben gesetzt. Demnach ist im laufenden Jahr mit einem Gewinn vor Steuern von 8,8 bis 10,6 Mio. Euro zu rechnen – nach 7,8 Mio. Euro im Vorjahr. Die Marktkapitalisierung beträgt beim gegenwärtigen Kurs von 34,10 Euro gut 119 Mio. Euro. Ein super Schnäppchen ist der Small Cap also nicht, dafür bekommen Anleger ein qualitativ sehr hochwertiges Unternehmen. Das aktuelle Niveau bietet für boersengefluester.de daher eine interessante Einstiegsoption.
Regelmäßig berichtet hatten wir auf boersengefluester.de über die Aktie der Beteiligungsgesellschaft mbb Industries. Gemessen am 52-Wochen-Hoch von 27, 45 Euro gibt es den Anteilschein der Berliner nun mit einem Abschlag von rund 20 Prozent. Allein im Oktober verlor das Papier rund 14 Prozent an Wert. Die Engagements von mbb sind breit gestreut. Zum Portfolio gehören der Autozulieferer Delignit, aber auch eine Papierfabrik in Polen, ein Hersteller von Schweiß- und Montageanlagen oder auch ein IT-Dienstleister. Die Engagements sind grundsätzlich langfristig ausgelegt, zudem verfügt mbb über eine solide Bilanz. In den vergangenen Quartalen hatte die Gesellschaft umfangreich in die Fertigungsanlagen der Töchter investiert und so die Kapazitäten ausgebaut. Ein wirtschaftlicher Abschwung käme also zum falschen Zeitpunkt – aber das tut er eigentlich immer. Wir bleiben dabei: Für Langfristanleger ist die mbb-Aktie eine gute Wahl.
Für nicht nachvollziehbar halten wir auch das Ausmaß des Kursrückgangs bei Steico. Auch über diese Aktie hatten wir in der Vergangenheit immer wieder berichtet. Der Hersteller von ökologischen Dämmstoffen fährt zurzeit ein enormes Investitionsprogramm und damit die Kapazitäten hoch. Insgesamt sind hierfür Ausgaben von rund 60 Mio. Euro geplant. Klar, dass diese Erweiterungsinvestitionen nicht ohne Risiken sind und ein konjunktureller Abschwung nicht gerade das Wunschszenario ist. Dennoch: Für boersengefluester.de driften Aktienkurs und fundamentale Bewertung momentan komplett auseinander. Wir bleiben daher bei unserer Kaufen-Empfehlung, auch wenn der Chart eher gruselig aussieht.
Kräftig an Boden verloren hat auch der Aktienkurs von Verbio. Seit der Vorlage der Jahresbilanz für 2013/14 am 24. September ist die Notiz des Herstellers von Biokraftstoffen um fast 30 Prozent eingeknickt. Zwar hatte die Gesellschaft aus Zörbig in Sachsen-Anhalt ganz anständige Zahlen für das abgelaufene Jahr vorgelegt, doch die Novellierung der EU-Rahmenrichtlinien für die Förderung von Biokraftstoffen lässt eine verlässliche Ergebnisplanung kaum zu. So ist Verbio ab 2015 mit einer Treibhausgasquote konfrontiert – und nicht mehr wie bislang mit einer Biokraftstoffquote. Für den Hauptumsatzträger Biodiesel ist diese Umstellung keine wirklich gute Nachricht. So kalkuliert Verbio derzeit für 2014/15 mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 3 bis 13 Mio. Euro. Zum Vergleich: Zuvor kam die Gesellschaft auf ein EBIT von 10,9 Mio. Euro. Addiert man zum Börsenwert von 85 Mio. Euro noch die Nettofinanzverbindlichkeiten von 41,6 Mio. Euro hinzu und setzt diesen Wert (Enterprise Value) in Relation zum EBIT-Ziel für das laufende Jahr, kommt man auf eine Spanne von 42,2 bis 9,74. Kein Wunder, dass sich die Anleger momentan schwer tun mit dem Small Cap. Augenscheinlich größter Pluspunkt ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis von gerade einmal 0,46.
Schwer nachvollziehbar ist für boersengefluester.de der Kursrückgang im XL-Format bei Adler Modemärkte. Um immerhin 15 Prozent verlor der Anteilschein der mehrheitlich zu Steilmann-Boecker gehörenden Textilkette. Die zuletzt vorgelegten Zahlen waren solide. Aus heutiger Sicht sieht alles danach aus, dass Adler Modemärkte auch für 2014 eine Dividende von 0,45 Euro je Aktie zahlen wird. Damit käme der Titel auf eine Dividendenrendite von 4,2 Prozent, womit sich das Papier im oberen Bereich unseres Small-Cap-Universums bewegt. Die Analysten von Montega aus Hamburg geben zurzeit ein Kursziel von 12,50 Euro aus. Das entspricht einem Potenzial von knapp 18 Prozent. Für ein eher defensives Investment wie Adler Modemärkte kann sich das durchaus sehen lassen, zumal andere Researchhäuser noch forschere Prognosen nennen. Aus charttechnischer Sicht wartet die nächste tragfähige Unterstützung bereits im Bereich um 10 Euro. Auch das spricht für eine gute Chance-Risiko-Relation.