Die Analysten von Warburg Research sprachen zuletzt von einem „vielversprechenden ersten Halbjahr“ für Noratis und haben ihre Kaufen-Einschätzung mit Kursziel 30 Euro für die Aktie des auf Wohnimmobilien spezialisierten Unternehmens bestätigt. Tatsächlich hat sich die Notiz vom November-Tief des Vorjahrs bereits deutlich erhöht. Ein signifikanter Sprung über den langjährigen Widerstand bei rund 22 Euro steht allerdings noch aus. Nun: Charttechnik spielt bei der im Börsensegment Scale gelisteten Aktie aber nur eine untergeordnete Rolle. Wesentlich wichtiger sind die fundamentalen Daten. Und nichts liegt da für boersengefluester.de näher, als sich ein Update aus erster Hand bei CFO André Speth auf dem von Montega organisierten Hamburger Investorentag (HIT) zu holen.
Die Halbjahreszahlen wird Noratis voraussichtlich zwar erst Ende September vorlegen. Doch auf dem HIT deutet Speth bereits an, dass der Buchwert des Portfolios per Ende Juni bei rund 360 Mio. Euro gelegen habe – nach 333,5 Mio. Euro zum 31. Dezember 2021. Die stillen Reserven – als Differenz zwischen Buch- und aktuellen Marktwerten – dürfte Noratis dabei trotz einiger Verkäufe nochmals über die für 2020 veröffentlichten 49 Mio. Euro ausgebaut haben. Frühestens Ende 2021 werden die Eschborner die stärkere Akzentuierung der Bestandshaltung in ihrem grundsätzlich weiterhin hybriden Geschäftsmodell als Bestandsentwickler durch Umgruppierungen von Objekten aus dem Umlauf- in das Anlagevermögen auch bilanziell nach außen zeigen. Sprich: Noratis wird seine wahren Werte stärker zeigen. Das wiederum sollte dem Aktienkurs nicht schaden, zumal André Speth auch auf dem HIT nochmals betont: „Wir wollen für Streubesitzaktionäre attraktiv bleiben.“
Großaktionär März mit einem Anteil von zurzeit 49 Prozent hat also keinerlei Ambitionen, die grundsätzlich eher offensive Dividendenpolitik zu verändern oder gar das Listing von Noratis in Frage zu stellen. Interessant ist derweil, dass Noratis kürzlich eine bis 2027 laufenden Anleihe über 10 Mio. Euro komplett bei einer deutschen Versicherung platziert hat, dessen Name André Speth auf dem HIT freilich nicht verraten wollte. Das maximale Volumen des Bonds liegt bei 40 Mio. Euro. Eine zweite Tranche über erneut 10 Mio. Euro scheint bereits jetzt ausgemachte Sache zu sein. Das Engagement des Pharmaunternehmens Merz (Merz Spezialdragees, Tetesept) fokussiert sich derweil eher auf die Eigenkapitalseite – sprich das Engagement über die Zeichnung neuer Aktien.
Insgesamt hat sich Merz bis Ende 2024 auf eine Summe von 50 Mio. Euro festgelegt, wovon erst rund 14 Mio. Euro investiert sind. Entsprechend gut planbar sollte das weitere Wachstum der Eschborner sein. Nichts geändert hat sich derweil an der operativen Ausrichtung auf bezahlbaren Wohnraum in mittelgroßen Städten sowie in Randlagen von Ballungsgebieten. Eine Kombination, die wohl auch in Zukunft viel Geschäft garantieren wird. Verglichen mit früheren Jahren wird der Anteil der kontinuierlichen Mieteinnahmen am Gesamtertrag tendenziell steigen, da Noratis entwickelte Projekte nicht mehr zwingend verkauft.
Bei seiner Präsentation auf dem HIT machte Finanzvorstand André Speth einmal mehr einen prima Eindruck. Insgesamt eine Investmentstory, die für unseren Geschmack noch immer zu wenig Aufmerksamkeit am Kapitalmarkt bekommt – trotz eines Börsenwerts von mittlerweile rund 100 Mio. Euro. Jedenfalls hat Noratis durch den Ankeraktionär Merz viel mehr Raum als früher, was sich entsprechend auch im regen Dealflow der vergangenen Monate zeigt. Nicht umsonst spricht Warburg Research in der jüngsten Studie von einem „vielversprechenden ersten Halbjahr“ und räumt der Aktie noch ein Kurspotenzial von fast 45 Prozent ein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 67,99 | 56,12 | 75,95 | 28,70 | 73,60 | 85,61 | 60,18 | |
EBITDA1,2 | 15,32 | 15,72 | 15,95 | 8,63 | 16,29 | 12,98 | 4,08 | |
EBITDA-Marge3 | 22,53 | 28,01 | 21,00 | 30,07 | 22,13 | 15,16 | 6,78 | |
EBIT1,4 | 15,22 | 15,55 | 15,76 | 8,21 | 19,36 | 12,50 | 3,55 | |
EBIT-Marge5 | 22,39 | 27,71 | 20,75 | 28,61 | 26,30 | 14,60 | 5,90 | |
Jahresüberschuss1 | 8,67 | 9,27 | 8,67 | 2,80 | 9,54 | 8,28 | -10,99 | |
Netto-Marge6 | 12,75 | 16,52 | 11,42 | 9,76 | 12,96 | 9,67 | -18,26 | |
Cashflow1,7 | 12,86 | -0,09 | -18,36 | -94,05 | -70,10 | -33,03 | 22,91 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,97 | 2,57 | 2,40 | 0,58 | 1,97 | 1,71 | -2,21 | |
Dividende8 | 1,50 | 1,30 | 0,80 | 0,50 | 0,55 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RGT Treuhand |
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