Normalerweise dreht sich auf boersengefluester.de alles um börsennotierte Unternehmen – vorzugsweise aus dem Spezialwertebereich. Bei der zur Gruppe der Neobroker gehörenden nextmarkets AG machen wir gern mal ein Ausnahme. Immerhin deutet allein die Firmierung als AG darauf hin, dass nextmarkets möglicherweise selbst einmal ein Listing anstrebt. Indirekten Kontakt mit einer Kapitalmarktnotierung hat die 2014 von den früheren ayondo-Gründern Manuel und Dominic Heyden ins Leben gerufene nextmarkets ohnehin schon länger, denn zu den maßgeblichen Investoren der Kölner zählen die Beteiligungsgesellschaften Cryptology Asset Group, DEWB sowie die FinLab AG. Im Interview mit boersengefluester.de erklärt Manuel Heyden das Geschäftsmodell von nextmarkets, den Unterschied zu anderen Social Trading-Plattformen und verrät außerdem, wie er die aktuelle Lage an den Finanzmärkten einschätzt.
Herr Heyden, Sie haben 2014 den Neo-Broker nextmarkets gegründet. Dabei bieten Sie Ihren Kunden die Möglichkeit einer kostenlosen Beratung durch sogenannte „Börsencoaches“. Wie kam es zur Idee rund um das Börsencoaching?
Manuel Heyden: Schon vor der Gründung von nextmarkets war ich – damals für eine Bank – mit dem Aufbau eines Online-Brokers beschäftigt. Als angestellter Produktentwickler habe ich in London und Frankfurt in unmittelbarem Kontakt zum Börsengeschehen gearbeitet und bin dort auf viele kompetente Persönlichkeiten aus der Wirtschafts- und Finanzwelt getroffen. Das führte bei mir schnell zu der Frage, wie man dieses Expertenwissen am besten für Anleger nutzbar machen könnte, die das Thema Vermögensaufbau reflektiert und selbstbestimmt in die Hand nehmen wollen. So entstand die Grundidee des „kuratierten Investierens“ über einen transparenten und günstigen Neobroker.
Mit Ihrer Strategie, Anlegern sogenannte Börsencoaches an die Hand zu geben, unterscheiden Sie sich von anderen Anbietern. Wie funktioniert das Börsencoaching genau?
Manuel Heyden: Ähnlich wie bei den bekannten Social-Media-Plattformen gibt es auch bei nextmarkets die Möglichkeit, sogenannten Influencern zu folgen – jedoch sind diese Influencer bei uns mehr als ein Dutzend erfahrene Börsencoaches. Diese stellen insgesamt bis zu 300 Analysen monatlich zur Verfügung, über die die Anleger dann per Push-Notification benachrichtigt werden. Weiterhin kann man in Echtzeit nachverfolgen, wie der Coach seine Strategie begründet und wie diese performt. Diese transparenten Tools sind eine gute Grundlage für neue Anlegeideen und setzen zugleich intuitiv Anreize, sich unabhängig und rational auf dem Kapitalmarkt zu bewegen und so weiterzubilden. Wer dagegen nur passiv anlegen möchte, kann alle Investment-Entscheidungen der favorisierten Coaches auch automatisiert nachvollziehen lassen. Es fallen dabei keine Transaktionskosten an.
Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Börsencoaches aus?
Manuel Heyden: Wer Börsencoach bei nextmarkets wird, erfüllt mindestens drei Kriterien: Erste Grundvoraussetzung ist die Expertise in Sachen Finanzmärkten. Dabei spielt für uns nicht nur die formale Finanzausbildung allein eine Rolle, sondern auch, ob der Coach diese über relevante Berufserfahrung etwa als Fondsmanager bei Banken oder Vermögensgesellschaften schon praktisch unter Beweis gestellt hat. Zweitens wollen wir Coaches mit Persönlichkeit und einem klaren Blick auf die Märkte, die innovative und erfolgsbewährte Ansätze verfolgen. Zu guter Letzt geht es auch um eine gute Ausdrucksweise, mit der die Coaches ihre Entscheidungen verständlich begründen und so auch Neueinsteiger in Sachen Finanzmärkte „abholen“ können.
Die Bösencoaches bieten also bis zu 300 Analysen im Monat an. Welche Bereiche umfassen die Analysen? Werden dabei auch Kryptowährungen analysiert?
Manuel Heyden: Aus der individuellen Handelsstrategie, die jeder Coach für sich verfolgt, ergibt sich häufig auch eine Spezialisierung auf bestimmte Asset-Klassen. Diese bilden dann den Schwerpunkt der Analyse des jeweiligen Coaches. Insgesamt betrachtet ergänzen sich die Coaches so, dass von ihnen ein großes Spektrum an Werten analysiert und gehandelt wird. Dazu zählen neben Aktien, Indizes, Staatsanleihen und Rohstoffen auch Kryptowährungen. Für Letztere haben einige Coaches spezielle Herangehensweisen zur technischen und zur Fundamentalanalyse entwickelt, um die Trends aus der Kryptowelt zu nutzen.
Jüngste Vorfälle wie der Serverausfall von Facebook sind nicht vorherzusehen. Können Börsencoaches und deren Analysen derartigen Einbußen entgegenwirken? Falls ja, wie?
Manuel Heyden: Das stimmt. Bestimmte Unwägbarkeiten kann auch die beste Anlagestrategie nicht vollends ausschließen. Wie im professionellen Börsengeschäft üblich haben daher auch die Coaches je nach Risikoprofil bestimmte Instrumente zur Absicherung vor Verlusten. Einige setzen auf eine Systematik aus Stop-Loss-Ordern, mit der ein Verkauf von Assets vor dem Absinken unter eine bestimmte Kennziffer sichergestellt wird. Ferner spielt Diversifikation beim Investment eine wichtige Rolle, um die Abhängigkeit von Einzelwerten zu reduzieren. Oder es wird ein Anteil an Cash-Reserven für den Fall von plötzlichen Kursverlusten zurückgehalten, sodass später mehr Flexibilität besteht auf die veränderte Marktsituation zu reagieren. Da uns Transparenz sehr wichtig ist, können Nutzer unkompliziert einsehen, welche Methoden der jeweilige Coach hier bevorzugt einsetzt.
Wie schätzen Sie die derzeitige Lage an der Börse ein?
Manuel Heyden: Die Stimmung an den Märkten ist trotz der schwelenden Corona-Lage grundsätzlich positiv, in Teilen sogar schon euphorisch, was natürlich immer die Gefahr von stärkeren Kurskorrekturen birgt. Viele Unternehmen, gerade aus dem Tech-Bereich, haben auch in der Pandemie ihre Kompetenz für Problemlösungen und neue Innovationen belegt, sodass die teilweise enormen Kurssteigerungen durchaus gerechtfertigt sind. Abzuwarten bleibt, wie sich das Marktumfeld entwickelt, wenn auch andere Anlageklassen wie etwa Staatsanleihen bedingt durch eine mögliche Anhebung des Leitzinses wieder attraktiver werden. Langfristig bin ich jedoch zuversichtlich, dass wir weiter eine gute Performance an der Börse sehen werden.
Fotos: Clipdealer, nextmarktes AG
Manuel Heyden wurde 1980 in Köln, Deutschland geboren. Er startete seine Karriere 1999 und gründetet seine erste Online Marketing Firma im Alter von 19 Jahren. Seitdem verfolgt er seine Leidenschaft für Produktentwicklung, Design und Online Marketing insbesondere für den Finanz-Technologie Bereich. Nachdem er zweieinhalb Jahre im Investment Banking der ABN AMRO Bank in Frankfurt und London tätig war, um einen Online-Broker aufzubauen, gründete er Ende 2007 den „Social Trading“-Pionier ayondo. Die meisten Anteile an ayondo verkaufte er in 2014. Manuel hält einen Master of Science der European Business School in Oestrich-Winkel.