Die Präsentation von Netfonds auf dem Eigenkapitalforum (EKF) am 17. November hatte kurzerhand CEO Karsten Dümmler übernommen. Grund: Vorstandskollege Peer Reichelt, der sonst üblicherweise den IR-Part übernimmt, war auf dem Weg zum Notar, um den Erwerb eines Wettbewerbers zu unterzeichnen. Weitere Details zu dem Deal verriet Dümmler in seinem Vortrag zunächst nicht und konzentrierte sich viel mehr drauf, den Investoren die nächste Ausbaustufe von Netfonds vorzustellen. Spannend genug: Im Kern geht es hier darum, dass der Finanzdienstleister vermehrt auch eigene Investmentprodukte auf den Markt bringen will, um so die Wertschöpfungskette nochmals auszuweiten und bislang verschenkte Ertragspotenziale zu heben. Gute Nachrichten für die Aktionäre von Netfonds also. Wer hier mehr wissen will: Boersengefluester.de hatte das Konzept bereits Mitte Oktober (HIER) in den Grundzügen vorgestellt. Nicht minder spannend ist freilich die Meldung, die rund 3,5 Stunden nach der Präsentation von Karsten Dümmler auf dem EKF über die Ticker lief.
Demnach haben die Hamburger 60 Prozent an der GSR Maklerverbund erworben. Manchem Investor ist die Gesellschaft womöglich als Initiator des mittlerweile mehr als 200 Mio. Euro schweren Fondskonzepts ALL-IN-ONE ein Begriff. Verwaltet wird der Fonds von Universal Investment. Interessant ist das Geschäft für Netfonds insbesondere auch deshalb, weil viele der Altersvorsorgepolicen aus dem GSR Konzept bereits vor 2005 abgeschlossen wurden und somit für die Anleger von der Abgeltungssteuer befreit sind. Entsprechend stabil läuft das Geschäft der Gesellschaft mit Sitz in Dachau. Folgerichtig heißt es in Branchenkreisen, dass sich Netfonds mit GSR an einem „Schmuckstück“ beteiligt habe. An der Börse wird der Deal gleichwohl eher unterschätzt, selbst wenn sich der Aktienkurs von Netfonds in unmittelbarer Sichtweite zum Rekordhoch bewegt.
Hoch interessant in diesem Zusammenhang auch der neueste Deal von Netfonds im Immmobiliensektor – einem Bereich, den die Hamburger ebenfalls kontinuierlich ausweiten wollen. Demnach hat die NSI Netfonds Structured Investments, quasi die Immobilientochter der Netfonds-Gruppe, den Erwerb von rund 500 Wohneinheiten sowie diversen Grundstücken im südlichen Teil von Sachsen auf die Schiene gesetzt – eine für Netfonds-Verhältnisse ungewöhnlich große Transaktion. Gleichwohl handelt es sich um ein klassisches Wohnungsportfolio, was sich gut zur Vermarktung eignet. Konkrete Zahlen zum Kaufpreis nannte Netfonds nicht, vermutlich dürfte er sich jedoch irgendwo zwischen 25 und 35 Mio. Euro bewegen. Ungewöhnlich an dem Deal ist eher ein anderer Aspekt: Formaler Käufer ist nämlich die ebenfalls börsennotierte Value Management & Research AG (VMR), die im Wesentlichen von denselben Aktionären dominiert wird wie die Netfonds AG.
Zum Hintergrund: VMR ist über diverse Töchter ebenfalls in der Vermögensberatung und Anlagevermittlung tätig, im Gegensatz zu Netfonds aber mit Fokus auf das Endkundengeschäft. Enge Kooperationen zwischen NSI Netfonds und VMR im Immobilienbereich bestehen etwa über den seit Anfang 2019 mehrheitlich zum VMR-Verbund gehörenden Finanzdienstleistungsvertrieb mitNORM aus Hannover. Aber auch sonst hat die VMR spezielle Vorteile – und zwar in Form erheblicher Verlustvorträge von rund 28 Mio. Euro (per Ende 2019). Dementsprechend würde die Aufdeckung stiller Reserven im Zuge der Immobilientransaktion bei der VMR deutlich steuerunschädlicher verlaufen, als sie es innerhalb der NSI Netfonds sein würde. Charmant ist darüber hinaus, dass durch die Beauftragung der NSI Netfonds als Verwalter und Portfoliomanager ein ergebniswirksamer Ertrag von jährlich rund 1,5 Mio. Euro auf Netfonds-Ebene erwartet wird.
Ins Bild dazu passt, dass bei der VMR zurzeit eine – wenn auch kleine Barkapitalerhöhung im Volumen von bis zu knapp 1 Mio. Euro – läuft. Summa summarum ist boersengefluester.de jedenfalls der Auffassung, dass die offiziell bislang nur sehr knapp kommentierten jüngsten Meldungen um GSR sowie dem sächsischen Immobilienerwerb deutlich mehr Kursrelevanz haben, als es auf den ersten Blick scheint. So gesehen mutet uns das jüngste Kursziel der Montega-Analysten von 33,50 Euro mittlerweile als klar zu niedrig an. Jedenfalls war der November ein ziemlich bewegter Monat für Netfonds, wir sind schon jetzt gespannt, was die im Münchner m:access gelistete Gesellschaft im kommenden Jahr noch alles auf Lager hat.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,12 | 20,19 | 26,47 | 31,82 | 38,64 | 33,62 | 36,60 | |
EBITDA1,2 | 2,58 | 1,39 | 3,43 | 4,17 | 15,65 | 6,47 | 4,91 | |
EBITDA-Marge3 | 15,07 | 6,88 | 12,96 | 13,10 | 40,50 | 19,24 | 13,42 | |
EBIT1,4 | 1,89 | -0,17 | 1,16 | 1,81 | 11,67 | 2,96 | 1,34 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | -0,84 | 4,38 | 5,69 | 30,20 | 8,80 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | -0,72 | -0,40 | 0,03 | 8,74 | 0,88 | -0,28 | |
Netto-Marge6 | 7,42 | -3,57 | -1,51 | 0,09 | 22,62 | 2,62 | -0,77 | |
Cashflow1,7 | 1,57 | -0,04 | -9,68 | 5,22 | -17,77 | 3,07 | 1,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | -0,33 | -0,19 | 0,01 | 3,79 | 0,38 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,15 | 0,00 | 0,16 | 0,25 | 0,25 | 0,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: NPP |
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