Großer Rundumschlag von Peer Reichelt. In einer mehr als 1 Stunde dauernden Video-Konferenz hat der Netfonds-Finanzvorstand jetzt die Ergebnisse des testierten Jahresberichts für 2023, die Zahlen zum Auftaktquartal 2024, aktuelle Änderungen auf Vorstandsebene, alles Wesentliche zum aktuellen Geschäftsumfeld sowie künftige Wachstumshebel und auch noch die – freilich bereits bekannte – Mittelfristprognose bis 2026 erläutert. Die gute Nachricht für Investoren vorweg: Der Finanzdienstleister, der sein Geld im Wesentlichen mit Services rund um das Thema Regulierung sowie als Großhändler für angeschlossene Versicherungs- und Allfinanzmakler verdient, hat sich einen deutlichen Profitabilitätsschub vorgenommen. „Nachdem die vergangenen Jahre von den Investitionen in unsere Plattform finfire geprägt waren, wollen wir jetzt dem Kapitalmarkt stärker unser Ertragswachstum zeigen“, sagt Reichelt. So soll der Gewinn vor Steuern bis 2026 auf rund 19 Mio. Euro steigen.
Zum Vergleich: Für das laufende Jahr avisiert Netfonds einen Gewinn vor Steuern zwischen 5 und 6 Mio. Euro, was bereits eine signifikante Verbesserung gegenüber dem für 2023 ausgewiesenen Gewinn vor Steuern von 734.000 Euro ist. Ein markanter Treiber der Entwicklung ist, dass finfire mittlerweile eine derart hohe Ausbaustufe erreicht hat, wo es in Sachen zusätzliche Erweiterungen allmählich auch mal gut ist – selbst wenn IT-Projekte dieser Größenordnung niemals ganz fertig sind. Zudem bauen die Hamburger den Anteil der margentechnisch lukrativen Vermögensverwaltung – gemessen an der Gesamtsumme der von Netfonds verwahrten Kundengelder – kontinuierlich aus. „Bis 2026 wollen wir rund ein Drittel des Rohertrags aus dem Bereich Asset-Management erzielen“, sagt Reichelt. Das wäre eine Steigerung um deutlich mehr als den Faktor 2.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei die größte Tochtergesellschaft NFS Netfonds Financial Service, die als Haftungsdach für selbständige Vermögensverwalter oder auch Fondsberater agiert. Insgesamt eine umfassende Produktwelt rund um die Themen Vermögensverwaltung und Versicherungen, die die Hamburger hier aufgebaut haben – und das alles mit einem Anteil von wiederkehrenden Erlösen um die 70 Prozent. „Die Basis NFS läuft wie ein Uhrwerk“, sagt Reichelt. Aus dem enorme bilanzielle Ressourcen verschlingenden Immobiliengeschäft hatte sich Netfonds derweil schon vor geraumer Zeit zurückgezogen. Über die Beteiligung an der börsennotierten NSI Asset gibt es aber nach wie vor eine operative Verzahnung.
Diese strategische Kooperation soll auch nicht komplett über Bord geworfen werden, doch beim Thema NSI stehen – wie bereits HIER von boersengefluester.de beschrieben – Veränderungen an. „Wir diskutieren gerade mit den Wirtschaftsprüfern, welche eleganten Wege es gibt, um die NSI komplett aus dem Konsolidierungskreis zu bekommen“, verrät Reichelt jetzt auf der Zoom-Konferenz. Insgesamt gibt es also viele Trigger, die den seit Ende März leicht zurückgekommenen Aktienkurs von Netfonds auf neue Höhen treiben sollten.
Zudem rückt der Titel mit Blick auf 2026 in den Kreis der KGV-Hits. So beziffert der Finanzvorstand die zu erwartende Steuerquote auf Konzernebene auf leicht unterdurchschnittliche 25 bis 27 Prozent, so dass ein Gewinn vor Steuern für 2026 von 19 Mio. Euro für einen Überschuss von etwa 14 Mio. Euro stehen könnte – entsprechend einem Ergebnis je Aktie von 6 Euro. Davon müssten zwar noch Anteile Dritter abgezogen werden, doch im Ergebnis sollte die Tendenz dadurch nicht umgekehrt werden. Und auch bereits für 2025 sieht die Entwicklung ansprechend aus, zumal Peer Reichelt einen Gewinn vor Steuern von rund 10 Mio. Euro als nicht unrealistisch einstuft.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,12 | 20,19 | 26,47 | 31,82 | 38,64 | 33,62 | 36,60 | |
EBITDA1,2 | 2,58 | 1,39 | 3,43 | 4,17 | 15,65 | 6,47 | 4,91 | |
EBITDA-Marge3 | 15,07 | 6,88 | 12,96 | 13,10 | 40,50 | 19,24 | 13,42 | |
EBIT1,4 | 1,89 | -0,17 | 1,16 | 1,81 | 11,67 | 2,96 | 1,34 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | -0,84 | 4,38 | 5,69 | 30,20 | 8,80 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | -0,72 | -0,40 | 0,03 | 8,74 | 0,88 | -0,28 | |
Netto-Marge6 | 7,42 | -3,57 | -1,51 | 0,09 | 22,62 | 2,62 | -0,77 | |
Cashflow1,7 | 1,57 | -0,04 | -9,68 | 5,22 | -17,77 | 3,07 | 1,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | -0,33 | -0,19 | 0,01 | 3,79 | 0,38 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,15 | 0,00 | 0,16 | 0,25 | 0,25 | 0,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: NPP |
Eher symbolischen Charakter hat da die – trotz des überraschenden kleinen Fehlbetrags für 2023 – bei unverändert 0,25 Euro je Aktie gelassene Dividende zur Hauptversammlung am 27. August 2024. Immerhin kommt der im Münchner Spezialsegment m:access gelistete Titel damit auf eine Rendite von nur etwas mehr als 0,5 Prozent. Kurz zum Hintergrund des für 2023 ausgewiesenen Verlusts von 279.000 Euro, den man so nach den bereits Anfang März kommunizierten Vorabzahlen nicht vermutet hätte. Größter Brocken bei den nachträglich aufgekommenen Belastungen ist ein Anbieterwechsel bei dem in die Plattform eingebundenen Portfolio-Managementsystem, was zu einer Entschädigung bei dem vor Vertragsablauf ausgebooteten ersten Softwarelieferanten geführt hat.
Kurzfristig nicht schön, dem Vernehmen nach wiegen die Vorteile der neuen Lösung die Extrazahlung aber mehr als auf. Kein Grund zur Beunruhigung auch, dass der langjährige Versicherungsvorstand Oliver Kieper seinen Posten räumt. Bleibt ansonsten nur ein kurzer Blick auf die Zahlen zum ersten Quartal 2024: Bei einem Umsatzplus von gut 18 Prozent auf 9,5 Mio. Euro drehte der Gewinn vor Steuern von minus 0,4 auf plus 0,3 Mio. Euro. Isoliert gesehen ein sehr starkes erstes Quartal, wenngleich bei Netfonds regelmäßig erst das Abschlussviertel über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet.
Boersengefluester.de bleibt dabei: Am Kapitalmarkt wird das Potenzial der Netfonds-Aktie – trotz aller Fortschritte – noch immer unterschätzt. Doch wir sind guter Dinge, dass mit stärkerem Fokus auf das Thema Profitabilität noch mehr Investoren auf den Titel aufmerksam werden. Die Ausgangsbasis dafür ist mit einem Börsenwert nördlich von 100 Mio. Euro absolut ansprechend. Zudem liegen die Kursziele der Analysten mit bis zu 73 Euro sehr deutlich über der aktuellen Notiz von gut 45 Euro.
Foto: Clipdealer
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