Auf den Tag genau vor fünf Jahren hat boersengefluester.de erstmals über die damals frisch an der Börse gestartete Netfonds-Aktie berichtet. „Wir wandeln uns von einer vertrieblich offline arbeitenden Gesellschaft zu einer IT-Company. Das ist unsere Wachstumsstory“, sagte Finanzvorstand Peer Reichelt damals im Hintergrundgespräch (HIER). Tatsächlich waren die enormen Investitionen in die Entwicklung der Digitalplattform finfire in den folgenden Jahren regelmäßig ein dominantes Thema bei Präsentationen auf Kapitalmarktkonferenzen, immerhin drückten die Ausgaben für finfire erheblich auf die Ertragskraft der Hamburger. Spätestens jetzt zeigt sich jedoch, welches Skalierungspotenzial sich der Finanzdienstleister mit seiner selbst erstellten Plattform geschaffen hat. „Der Markt ist komplett im Umbruch. Jeder muss sich digitalisieren, aber nicht alle Anbieter haben die Möglichkeiten dazu“, sagt CEO Martin Steinmeyer auf dem Capital Markets Call am 19. September 2023.
Entsprechend groß sind die sich nun bietenden Möglichkeiten für Netfonds in den Bereichen Administration, Beratung und Regulierung. Mit rund 70 Prozent haben die wiederkehrenden Erlöse mittlerweile sogar einen dermaßen großen Anteil am Konzernumsatz, dass sich die Gesellschaft erstmals an eine Mittelfristprognose herantraut. So sollen die Netto-Erlöse bis 2026 auf rund 59 Mio. Euro klettern – nach zu erwartenden 35 bis 37 Mio. Euro für 2023. Rund zwei Drittel der 59 Mio. Euro dürften dabei immer noch auf das Herzstück, den Investment-Bereich, entfallen. „Das ist der Treiber für unser Wachstum“, sagt Peer Reichelt. Zunehmend wichtiger werden aber die Roherträge aus dem Sektor Versicherungen und auch auch bei sonstigen Themen wie Finanzierungen oder Beteiligungen will Netfonds zulegen. Da sich die Aufwendungen für Personal und IT nur deutlich unterproportional zu den Einnahmen entwickeln, wird es auf der Ertragsseite richtig knackig. So soll das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von vermutlich 7,5 Mio. Euro für 2023 bis zum Jahr 2026 auf 23 Mio. Euro klettern – rein organisch wohlgemerkt. Das Ergebnis vor Steuern soll dann von 3,3 Mio. Euro für 2023 bis in den Bereich um 19 Mio. Euro klettern.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,12 | 20,19 | 26,47 | 31,82 | 38,64 | 33,62 | 36,60 | |
EBITDA1,2 | 2,58 | 1,39 | 3,43 | 4,17 | 15,65 | 6,47 | 4,91 | |
EBITDA-Marge3 | 15,07 | 6,88 | 12,96 | 13,10 | 40,50 | 19,24 | 13,42 | |
EBIT1,4 | 1,89 | -0,17 | 1,16 | 1,81 | 11,67 | 2,96 | 1,34 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | -0,84 | 4,38 | 5,69 | 30,20 | 8,80 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | -0,72 | -0,40 | 0,03 | 8,74 | 0,88 | -0,28 | |
Netto-Marge6 | 7,42 | -3,57 | -1,51 | 0,09 | 22,62 | 2,62 | -0,77 | |
Cashflow1,7 | 1,57 | -0,04 | -9,68 | 5,22 | -17,77 | 3,07 | 1,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | -0,33 | -0,19 | 0,01 | 3,79 | 0,38 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,15 | 0,00 | 0,16 | 0,25 | 0,25 | 0,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: NPP |
Unterstellt man eine relativ normale Steuerquote, könnte das auf ein Ergebnis je Aktie von gut 5,50 Euro für 2026 hinauslaufen. Wer als Investor soweit nach vorn blicken mag, bekommt die Netfonds-Aktie also zu einem KGV von deutlich unter acht. Für ein durchgehend profitables Plattform-Unternehmen mit viel operativem Potenzial ist das super wenig. Dabei soll sich das Wachstum über die Jahre vergleichsweise kontinuierlich entfalten, wie CFO Peer Reichelt auf dem Capital Markets Call betont. Mit Blick auf die künftig deutlich ausgeprägteren Free Cashflows sind zwar auch spürbar höhere Dividenden denkbar, tendenziell liebäugeln die Hanseaten aber wohl eher mit dem Instrument Aktienrückkaufprogramm.
Eher nicht zu erwarten ist indes, dass sich das Netfonds-Team von Private Equity schlucken lässt, auch wenn das Interesse von Investorenseite mit Sicherheit vorhanden ist. Immerhin gab es in der Vergangenheit durchaus prominente Transaktionen in dem Sektor: So wurde der Maklerpool Fonds Finanz aus München Ende 2021 mehrheitlich vom dem britischen Investor HG Capital geschluckt, Mitte Juli 2022 ist dann Warburg Pincus bei dem Lübecker Maklerpool Blau Direkt eingestiegen. „Wir haben einen kompletten Strukturwandel hinter uns und fühlen uns in unserem jetzigen Set-up sehr wohl“, sagt der Vorstandsvorsitzende Martin Steinmeyer – selbst auch mit einer der Ankeraktionäre von Netfonds. Insgesamt zeigt die Planung nach Auffassung von boersengefluester.de deutlich, dass die Netfonds-Aktie in den vergangenen Monaten zu Unrecht kaum von der Stelle gekommen ist.
Gut fünf Jahre nach dem Börsenstart beginnt nun jedenfalls die Zeit der Ernte. Abzüge in der B-Note gibt es allerdings dafür, dass Netfonds die Prognosen für das laufende Jahr aus dem Geschäftsbericht 2022 zu EBITDA und EBIT klammheimlich auf das jeweils untere Ende der zuvor kommunizierten Bandbreiten reduziert hat. Insgesamt bietet der im Münchner Spezialsegment m:access gelistete Spezialwert aber eine überzeugende Investmentstory. Jedenfalls ist es schön zu sehen, wenn eine vor vielen Jahren vom Vorstand kommunizierte Strategie am Ende tatsächlich aufgeht.
Foto: Unsplash+
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