Ende November des vergangenen Jahres kam es noch ein wenig so rüber, als wenn die gekürzte Prognose für 2022 von Netfonds auch Ausdruck eines Bauchgefühls seien. Damals hatten die Börsen zwar schon wieder nach oben gedreht, aber insbesondere im Immobilienbereich blieben die Transaktionen noch hinter den Erwartungen zurück – selbst wenn der Hamburger Finanzdienstleister hier indirekt einige Eisen im Köcher hatte. Die wiederum lassen aber schlecht bis gar nicht in das stichtagsbezogene Quartalsraster der Börsianer pressen (siehe dazu auch unseren damaligen Beitrag HIER). Neben der enormen Mittelbindung in der eigenen Bilanz, war das sicher auch ein Grund dafür, weshalb Netfonds das Immobiliengeschäft schon vor mehr als einem Jahr in die zumindest über das Aktionariat zum Verbund zählende – und selbst ebenfalls börsennotierte – Value Management & Research, die mittlerweile als NSI Asset AG firmiert, eingebracht hat.
Wie sich nun zeigt, waren Vorsichtsannahmen des Netfonds-Vorstands mehr als berechtigt. Der Netto-Konzernumsatz erreichte im vergangenen Jahr 32,6 Mio. Euro – und blieb damit sogar leicht hinter dem (um die NSI Asset-Immobilientransaktion bereinigten) Vergleichswert von 33,0 Mio. Euro aus 2021 zurück. Avisiert hatte Netfonds zuletzt eine Spanne von 33,5 bis 37,5 Mio. Euro. Im Schlussquartal ist bei dem in den Bereichen Maklerpool, Haftungsdach und auch Vermögensverwaltung tätigen Unternehmen demnach kaum etwas vom erhofften Schlussspurt angekommen. Gemessen daran sieht das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 5,3 Mio. Euro (Bereinigter Vorjahreswert: 4,9 Mio. Euro) sogar noch einigermaßen robust aus. Hier lag die Prognosekorridor bei 5,0 bis 7,0 Mio. Euro. Beim EBIT von 1,5 Mio. Euro gab es hingegen einen sehr deutlichen Rückgang von gut 35 Prozent, der zum Teil allerdings auch mit Sondereffekten zu erklären ist. Wer mäkeln will, findet in den 2022er-Eckdaten von Netfonds also bestimmt seinen Stoff.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,12 | 20,19 | 26,47 | 31,82 | 38,64 | 33,62 | 36,60 | |
EBITDA1,2 | 2,58 | 1,39 | 3,43 | 4,17 | 15,65 | 6,47 | 4,91 | |
EBITDA-Marge3 | 15,07 | 6,88 | 12,96 | 13,10 | 40,50 | 19,24 | 13,42 | |
EBIT1,4 | 1,89 | -0,17 | 1,16 | 1,81 | 11,67 | 2,96 | 1,34 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | -0,84 | 4,38 | 5,69 | 30,20 | 8,80 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | -0,72 | -0,40 | 0,03 | 8,74 | 0,88 | -0,28 | |
Netto-Marge6 | 7,42 | -3,57 | -1,51 | 0,09 | 22,62 | 2,62 | -0,77 | |
Cashflow1,7 | 1,57 | -0,04 | -9,68 | 5,22 | -17,77 | 3,07 | 1,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | -0,33 | -0,19 | 0,01 | 3,79 | 0,38 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,15 | 0,00 | 0,16 | 0,25 | 0,25 | 0,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: NPP |
Angesichts der mehr als ruppigen Rahmenbedingungen an den Kapitalmärkten und der heftigen Korrektur im Immobilienbereich lässt sich aber mindestens ebenso berechtigt sagen, dass sich das Geschäftsmodell von Netfonds als durchaus robust erwiesen hat. Zudem ist nochmals viel Geld in die Weiterentwicklung der digitalen Assetplattform finfire geflossen, was sich in den kommenden Jahren umso mehr auszahlen wird. „finfire bietet als zentrales Beratungs- und Vertriebstool für Investment und Versicherungsberater ein starkes Fundament für skalierbares und ertragreiches Wachstum”, sagt CEO Martin Steinmeyer. Für 2023 stellt der Vorstand ein zweistelliges Wachstum in Aussicht und rechnet dabei mit einem überproportionalen Anstieg des EBITDA.
Eine Einschätzung, die jetzt nicht ganz überraschend kommt, aber zumindest frühzeitig zeigt, dass der Anlegerblick bei Netfonds nach vorn gerichtet sein sollte. Eine Präzisierung dieser Prognose soll Anfang Mai mit der Vorlage des Geschäftsberichts für 2022 erfolgen. Mit knapp 41 Euro befindet sich der Aktienkurs etwa auf dem Niveau vom Herbst 2021. In der Spitze (9. Februar 2022) kostetet der Anteilschein zwar schon einmal 54 Euro. Summa summarum hält sich die Volatilität aber einigermaßen in Grenzen. Und auch mit Blick auf das am ehesten vergleichbare Unternehmen JDC Group aus Wiesbaden ergeben sich auf Sechs-Monats-Sicht keine signifikanten Abweichungen, selbst wenn die Notiz der JDC Group kurzfristig die Nase vorn hat.
Der Börsenwert der Hamburger bewegt sich zurzeit nur knapp unter der psychologisch wichtigen Marke von 100 Mio. Euro. Keine Frage: Der allgemeine Börsenaufschwung seit Ende September 2022 ist an der Netfonds-Aktie mehr oder weniger vorbeigegangen. Das kann sich aber auch schell wieder ändern. Die Analysten von Montega sehen bislang jedenfalls sehr viel höhere Notierungen (Kursziel: 65 Euro) als gerechtfertigt an. Das dürfte sich auch nach dem zu erwartenden Update durch das ebenfalls in Hamburg ansässige Researchhaus nicht gravierend ändern.
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