Nicht unbedingt mit Ansage. Aber nachdem der überwiegend im Versicherungsbereich tätige Finanzdienstleister JDC Group zuletzt bereits seinen Ausblick reduziert hat, kürzt nun auch die Netfonds AG ihre Prognose für das laufende Jahr – zumindest in der offiziellen Version. Demnach rechnet das in den Bereichen Maklerpool, Haftungsdach und auch Vermögensverwaltung tätige Unternehmen für 2022 nur noch mit einem EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) zwischen 5,0 und 7,0 Mio. Euro – nach bislang 10,0 bis 11,0 Mio. Euro. Aber auch hier müssen sich die Hamburger trotz des üblicherweise zu erwartenden stärkeren Q4 noch strecken, denn das dritte Quartal 2022 steuerte gerade einmal 0,3 Mio. Euro EBITDA zu der Neun-Monats-Ausbeute von 3,1 Mio. Euro bei. Bezogen auf das Ergebnis vor Steuern rutschte Netfonds nun sogar nun sogar zum zweiten Mal hintereinander in die roten Zahlen: Auf einen Gewinn vor Steuern von 1,1 Mio. Euro im Auftaktviertel 2022, folgte in Q2 ein Verlust vor Steuern von 0,1 Mio. Euro, und jetzt eben ein Minus vor Steuern von immerhin 0,6 Mio. Euro.
Auf den ersten Blick keine besonders ermutigende Entwicklung, auch wenn ein Teil davon auf das Konto der unverändert hohen Investitionen in die digitale finfire-Plattform geht und es einen belastenden Sondereffekt von 300.000 Euro durch die Entkonsolidierung der ehemaligen Softwaretochter V-D-V gab. Bei seiner Präsentation sowie den vielen Einzelgesprächen auf dem Eigenkapitalforum in Frankfurt am 30. November 2022 wird Finanzvorstand Peer Reichelt mit Sicherheit im Detail auf die genauen Ursachen der Entwicklung eingehen. In der offiziellen Zwischenmitteilung verweist Netfonds insbesondere auf den schwächeren Kapitalmarkt und stellt die Anleger schon jetzt darauf ein, dass aus dem Bereich Immobilien bis zum Jahresende vermutlich nur noch geringe Beiträge zu erwarten sind. Soweit der Teil mit den eher unerfreulichen Meldungen.
Anzeige
Andererseits ist es eben auch so, dass das bisherige Jahrestief im DAX ziemlich genau mit dem Bilanzstichtag zum 30. September zusammenfällt und es seitdem an der Börse wieder kräftig nach oben geht und die Investoren entsprechend wesentlich aktiver werden in Sachen Kapitalanlage. Sofern die Märkte bis zum Jahresende nicht wieder komplett einknicken, müsste dieses Revival jedenfalls auch bei Netfonds zu einer entsprechenden Belebung der Mittelzuflüsse und damit der Erlössituation führen. Die – auch wegen des V-D-V-Effekts – jetzt auf eine Bandbreite von 33,5 bis 37,5 Mio. Euro gekürzte Prognose für die 2022er-Netto-Umsätze könnte sich damit schneller als gedacht als doch zu hanseatisch vorsichtig kalkuliert erweisen. Entsprechend sind wohl auch die Aussagen der Gesellschaft zu verstehen, wonach Netfonds „aktuell mit einer höheren Bandbreite der Jahresprognose“ rechnet.
Boersengefluester.de wollte es genau wissen, hat daher ein schnelles Hintergrundgespräch mit CFO Peer Reichelt geführt. Und in der Tat. „Vielleicht sind wir auch übervorsichtig“, sagt Reichelt. Gerade die aus dem Immobilientransaktionen erwarteten Zuflüsse, lassen sich derzeit jedoch kaum valide planen. „Die Verkäufe strecken sich, weil insbesondere die Bankfinanzierungen viel länger dauern als noch vor der Zinswende“, sagt Reichelt. Zwar seien einige Deals schon weit vorangeschritten, ob sie aber tatsächlich noch in die 2022er-Zahlen fließen, ist eben ungewiss. Und was den Einfluss der jüngsten Börsenrally auf die Höhe verwalteten Kundengelder angeht, zählt Netfonds ohnehin zu den Profiteuren. „An unserer grundsätzlichen Wachstumsstory hat sich jedenfalls nichts verändert“, betont Finanzvorstand Peer Reichelt, selbst wenn 2022 für die Branche keine goldgeränderten Bilanzen bringen wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,12 | 20,19 | 26,47 | 31,82 | 38,64 | 33,62 | 36,60 | |
EBITDA1,2 | 2,58 | 1,39 | 3,43 | 4,17 | 15,65 | 6,47 | 4,91 | |
EBITDA-Marge3 | 15,07 | 6,88 | 12,96 | 13,10 | 40,50 | 19,24 | 13,42 | |
EBIT1,4 | 1,89 | -0,17 | 1,16 | 1,81 | 11,67 | 2,96 | 1,34 | |
EBIT-Marge5 | 11,04 | -0,84 | 4,38 | 5,69 | 30,20 | 8,80 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 1,27 | -0,72 | -0,40 | 0,03 | 8,74 | 0,88 | -0,28 | |
Netto-Marge6 | 7,42 | -3,57 | -1,51 | 0,09 | 22,62 | 2,62 | -0,77 | |
Cashflow1,7 | 1,57 | -0,04 | -9,68 | 5,22 | -17,77 | 3,07 | 1,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,45 | -0,33 | -0,19 | 0,01 | 3,79 | 0,38 | -0,12 | |
Dividende8 | 0,20 | 0,15 | 0,00 | 0,16 | 0,25 | 0,25 | 0,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: NPP |
Wir bleiben jedenfalls bei unserer positiven Einschätzung für die Netfonds-Aktie und trauen dem Titel mittelfristig weiterhin ein stattliches Potenzial zu. Die Analysten von Montega sehen aktuell ein Kursziel von 64 Euro an fair an. Und um zurück an den Anfang zu kommen. Boersengefluester.de hatte zuletzt auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz auch ein Hintergrundgespräch mit Sebastian Grabmaier, dem CEO der JDC Group. Interessanterweise argumentiert Sebastian Grabmaier ganz ähnlich wie Peer Reichelt bei seiner Einschätzung für das Gesamtjahr. Auch bei er JDC Group kann es gut sein, dass das Versicherungsgeschäft in den letzten Wochen des Jahres doch noch ganz normale Dimensionen annimmt – trotz der Sorgen um Inflation und Energiepreise. Am Ende ist das nichts wirklich abschätzbar. Und in dieser Gemengelage prognostiziert man als Vorstand lieber vorsichtig.
Foto: Clipdealer