Wie so häufig bei einem Vorstandswechsel, hat auch der seit Jahresbeginn bei der Mybet Holding an der Spitze stehende Sven Ivo Brinck erst einmal reinen Tisch gemacht. Auf insgesamt 7.285.000 Euro türmen sich die Sondereffekte und drücken den Anbieter von Sportwetten, Lotterien und Casinospielen 2013 mit rund 10,2 Mio. Euro in die roten Zahlen. Aber auch bereinigt um diese Extraposten schafften es die Kieler nur ganz knapp, die eigenen Prognosen für das operative Ergebnis einzuhalten. So sollte am Jahresende ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) in einer Range von minus 1 bis minus 3 Mio. Euro stehen. „Wir haben jetzt ein sauberes Ist-Bild von der Mybet“, betonte Brinck auf der Telefonkonferenz zur Präsentation des vorläufigen Zahlenwerks.
An der Börse hat sich das jüngste Zwischenhoch beim Aktienkurs bereits wieder verzogen. Die Notiz von Mybet steht dicht davor, wieder in das Penny-Stock-Terrain einzutauchen. Beim gegenwärtigen Kurs von 1,005 Euro bringt es der Small Cap auf eine Marktkapitalisierung von knapp 24,3 Mio. Euro. Zur Einordnung: Die österreichische bet-at-home.com ist mittlerweile fast sechsmal so hoch bewertet. Um den Anschluss zu bekommen, kann Mybet allerdings alles andere als aus dem Vollen schöpfen. Der Finanzmittelbestand hat sich gegenüber dem dritten Quartal 2013 zwar leicht verbessert. Mit knapp 9,7 Mio. Euro – davon ist rund die Hälfte nicht frei verfügbar – ist er aber spürbar niedriger als noch vor einem Jahr. „Die Liquiditätssituation ist stabil, aber sicher nicht optimal“, weiß auch Brinck. Um Abhilfe zu schaffen, spielt die Führungsebene von Mybet derzeit verschiedene Optionen durch: Zur Debatte steht der Verkauf von Geschäftsbereichen oder Beteiligungen, aber auch die Platzierung einer Wandelanleihe. Entscheidungen sind aber noch nicht getroffen. Demnach ließ sich Brinck auch keine Details über mögliche Konditionen des Bonds entlocken. Nur soviel: Eine klassische Anleihe steht nicht zu Debatte.
Als Kandidat für eine Veräußerung gilt schon seit längerer Zeit pferdewetten.de. Mybet hält 52,17 Prozent an der von Vorstandschef Pierre Hofer mittlerweile wieder zu Hochform geführten Gesellschaft. Der auf Mybet entfallene Börsenwert beläuft sich gegenwärtig auf immerhin rund 4,5 Mio. Euro – fast 2 Mio. Euro mehr als noch vor einem Jahr. Zumindest unter diesem Blickwinkel ist es also eine glückliche Fügung, dass die pferdewetten.de-Aktien noch immer im Depot von Mybet liegen. Firmenlenker Brinck will sich aber auch hier nicht in die Karten schauen lassen: „Wir müssen für uns einordnen, welche Rolle pferdewetten.de innerhalb der Mybet Holding spielen soll. Das soll jetzt aber nicht unbedingt heißen, dass wir den Anteil verkaufen.“
Hoffnung für die weitere Kursentwicklung macht der Auftakt ins laufende Jahr. Demnach lagen die Ergebnisse für Januar und Februar deutlich über Plan, der ein ausgeglichenes EBIT und Umsätze von 70 bis 75 Mio. Euro vorsieht. Noch nicht enthalten in dieser Prognose ist ein möglicher Ertrag aus dem Verkauf der bereits entkonsolidierten spanischen Gesellschaften. Hier werden derzeit Gespräche geführt. Zu hoch sollten Investoren die Erwartungen aber nicht schrauben. Die Rede ist von einem kleineren sechsstelligen Betrag oder einem erfolgsabhängigen Bezahlungsmodell. Auf Neuigkeiten dürfen Anleger auch hinsichtlich der Wiederbesetzung des Postens für den Finanzvorstand hoffen, nachdem die für den glücklosen Stefan Hänel Anfang November 2013 an den Start gegangene Monika Fiala bereits nach knapp zwei Monaten das Unternehmen wieder verließ. Wenn alles glatt läuft, will Vorstandschef Brinck noch im April einen Nachfolger für Frau Fiala präsentieren. Neubesetzungen wird es auch im derzeit mit vier Personen besetzten Aufsichtsrat geben. Zur Hauptversammlung am 5. Juni 2014 soll die etatmäßige Besetzung von sechs Mitgliedern wieder hergestellt sein.
Fazit von boersengefluester.de: Der neue Vorstand Sven Ivo Brinck hat eine Chance verdient. Dafür braucht er allerdings Zeit. Ein signifikantes Unterschreiten der 1-Euro-Marke wäre kurzfristig zwar kein gutes Signal. Andererseits liegen nun die Fakten auf dem Tisch und die Bilanz scheint sauber zu sein. Schlechter sollten die Nachrichten also nicht unbedingt werden. Belastungsfaktor ist jedoch die limitierte Finanzausstattung. Weder der Verkauf von Tafelsilber noch die Emission einer Wandelanleihe sind positive Zeichen für den Aktienkurs, zumal selbst dann keinesfalls sicher ist, ob Mybet dauerhaft als eigenständiger Spieler auf dem Markt bestehen kann. Die Aktie bleibt eine heiße, aber chancenreiche Aktie aus dem Wettsektor.