Mit ad hoc-Mitteilungen am späten Freitag ist es immer so eine Sache. Meist kommt da nichts Gutes mehr von den Unternehmen, wenn sich die Mehrzahl der Investoren längst ins Wochenende verabschiedet hat. Und genau in diese Kategorie passt auch die jüngste Meldung von mVISE, wonach der schon vor vielen Monaten avisierte Zusammenschluss mit einem deutlich größeren IT-Systemlieferanten geplatzt ist (HIER). Angesichts des anhaltenden Kursrückgangs der mVISE-Aktie ließen sich die ursprünglich vereinbarten Austauschverhältnisse so nicht mehr realisieren und da haben die Düsseldorfer einen Schlussstrich gezogen. Eine herbe Enttäuschung für die Umsetzung der groß angekündigten Wachstumsstrategie. Da macht CEO Manfred Götz im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de auch keinen Hehl draus – zumal sich bereits etwas länger angedeutet hat, dass die Stimmung in den Verhandlungsrunden umgeschlagen ist.
Doch auch der Kapitalmarkt hat einen feinen Sensor, wie bestimmte Ereignisse zu werten sind: Statt des zu vermutenden kräftigen Abrutschens ins Penny Stock-Terrain, hat die Notiz der mVISE-Aktie zuletzt sogar wieder deutlich an Wert gewonnen und sich zumindest bis an die Marke von 1,20 Euro zurückgekämpft. Im Langfristchart ist das zwar immer noch ein bitter niedriges Niveau, aber es hätte halt auch ganz anders laufen können. Umso mehr kommt es jetzt darauf an, ein klares Bild der künftigen Equity Story der IT-Service-Gesellschaft aufzuzeigen. „Wir halten an unserer Strategie fest und schauen uns weitere Akquisitionsziele an“, sagt Götz. Und auch CFO Cedric Balzar kann dem Prozess – so unbefriedigend das Ende auch war – durchaus Positives abgewinnen: „Wir sind noch erfahrener geworden. Es war keine verlorene Zeit.“ Die Aufwendungen für den Due Dilligence-Prozess bewegen sich laut Balzar in einem überschaubaren Rahmen.
Dem Vernehmen nach lohnt es sich jedenfalls nicht, deswegen für 2022 auf adjustierte Zahlen umzuschwenken. Beinahe schon eher relevant sind die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ende April platzierten Wandelanleihe. Die für Anleger noch viel wichtigere Botschaft ist derzeit aber, dass sich das operative Geschäft nach der Corona-Delle nicht nur wieder gefangen hat, sondern kräftig an Dynamik gewinnt. Insbesondere mit den Kunden aus dem Telekom-Sektor ist mVISE gut unterwegs. So kletterte der Konzern-Umsatz in den ersten sechs Monaten um 14 Prozent auf 9,1 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) hat von 0,2 auf 1,5 Mio. Euro zugelegt.
Eine mit konkreten Zahlen unterlegte Prognose für das Gesamtjahr gibt es noch nicht, doch die Richtung stimmt schon mal. Entscheidend wird wie bei nahezu allen Unternehmen aus der Branche ohnehin das vierte Quartal. Offen ist noch die zweite Tranche des Kaufpreises für die Softwarefirma elastic.io, die mVISE vor knapp einem Jahr an die ebenfalls börsennotierte Cogia AG veräußert hat. Was die Entwicklung des bei mVISE verbliebenen Produkts SaleSphere angeht, gibt es zwar Fortschritte, doch die große Fantasie für die Aktie ist hieraus sicher nicht abzuleiten. Noch im August sollte der komplette Halbjahresbericht von mVISE kommen, dann wird man etwas klarer sehen. Die Bewertung ist alles andere als ambitioniert und auch die Börse scheint offen für eine zweite Chance und den Schnitt bei dem Verhandlungspoker. Insgesamt ist der Titel damit eine Halten-Position.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 14,78 | 22,53 | 21,54 | 18,99 | 14,90 | 15,64 | 14,00 | |
EBITDA1,2 | 1,96 | 2,47 | 1,38 | -0,99 | 1,51 | 0,00 | 1,10 | |
EBITDA-Marge3 | 13,26 | 10,96 | 6,41 | -5,21 | 10,13 | 0,00 | 7,86 | |
EBIT1,4 | 0,54 | 1,31 | 0,09 | -2,92 | 0,01 | -0,90 | -1,78 | |
EBIT-Marge5 | 3,65 | 5,81 | 0,42 | -15,38 | 0,07 | -5,75 | -12,71 | |
Jahresüberschuss1 | 1,30 | 1,25 | -0,29 | -4,11 | -0,31 | -2,23 | -3,42 | |
Netto-Marge6 | 8,80 | 5,55 | -1,35 | -21,64 | -2,08 | -14,26 | -24,43 | |
Cashflow1,7 | 0,05 | -0,63 | 1,64 | 1,57 | -0,45 | 3,14 | 0,36 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | 0,12 | -0,03 | -0,40 | -0,03 | -0,22 | -0,35 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: HaackSchubert |
Foto: Lindsay Henwood auf Unsplash