Im Interview mit boersengefluester.de gibt das Vorstandsteam des IT-Dienstleisters mVISE um Manfred Götz und Cedric Balzar ein Update zur aktuellen Auftragslage, den Herausforderungen durch Corona und erklärt die Hintergründe für die frisch gemeldete Aufstockung des Anteils an der so wichtigen Tochtergesellschaft elastic.io von 75,1 auf 90 Prozent. Zudem erläutern die Düsseldorfer, wie sie ihre Investor Relations-Aktivitäten in der jetzigen Zeit steuern. Ebenfalls neu in diesem Zusammenhang: Da die im Freiverkehrssegment Scale gelistete Gesellschaft keine Quartalsberichte veröffentlichen muss, es aber gleichzeitig großes Interesse der Investoren an möglichst aktuellen Informationen gibt, hat mVISE erstmals ein Quartals-Fact-Sheet vorgelegt.
Herr Götz, Ende April hatte Sie bei Vorlage des Geschäftsberichts 2019 betont, dass die Auswirkungen von Corona bei mVISE noch überschaubar wären. War dies auch im Mai und im Juni der Fall?
Manfred Götz: Nach einem starker Jahresstart mit dem stärksten ersten Quartal der mVISE-Geschichte sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie nach wie vor gering. Auch wenn es auf Seiten der Kunden ein paar kleinere Projektverschiebungen gibt, können wir dies zum Teil über das Instrument Kurzarbeit kompensieren. Der Auftragseingang liegt deutlich über Vorjahresniveau und lässt uns positiv auf das zweite Halbjahr blicken. Insbesondere bei unseren Kunden der Telekommunikationsbranche sehen wir starke Zuwächse.
Wie zufrieden sind Sie aktuell mit der Auslastung?
Manfred Götz: Aktuell ist die Auslastung nur leicht unter dem angestrebten Niveau. Das ist in Anbetracht der Corona-Pandemie als erfreulich zu bewerten, dennoch werden wir versuchen, die Auslastung zeitnah wieder zu erhöhen. Insbesondere Kunden aus anderen Branchen als der Telekommunikationsbranche neigen aktuell dazu, geplante Projekte um einige Wochen zu verschieben oder mit verminderter Leistung weiterzuführen. Das trifft aktuell besonders unseren Standort in München, da wir hier verstärkt auch für Kunden aus Branchen wie Retail oder Automotive tätig sind.
Sie haben die Kurzarbeit angesprochen. In welchem Umfang konnten Sie damit Auslastungslücken abfangen? Wird dies auch im zweiten Halbjahr nötig sein?
Manfred Götz: Das Instrument der Kurzarbeit steht Unternehmen zur Verfügung, die bedingt durch die Corona-Pandemie Einbußen erleiden könnten. Wir sehen es als unsere Pflicht an, dieses Instrument zu nutzen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Unsere Mitarbeiter erhalten auch in der Kurzarbeit vollen Lohnausgleich, so dass wir die Auslastungslücken nur zum kleinen Teil decken können. Der Auftragseingang lässt uns hoffen, dass wir im zweiten Halbjahr keine Kurzarbeit oder nur in geringem Maß benötigen werden. Allerdings hängt das insbesondere von der Situation unserer Kunden ab.
Wie haben Sie sich vertrieblich auf die neue Situation eingestellt?
Manfred Götz: mVISE arbeitet komplett digital, alle Kundenprojekte können unverändert weiterlaufen. Unsere Ausstattung und IT-Infrastruktur sind schon seit langer Zeit darauf ausgelegt, sowohl im Büro als auch bei Kunden oder im Homeoffice arbeiten zu können. Trotz aller vorhandenen Infrastruktur kann ein digitales Meeting das persönliche Gespräch aber nicht ausreichend ersetzen. Insbesondere im Sales-Bereich und bei der Neukundengewinnung müssen wir daher neue Wege gehen. Marketingseitig werden Kampagnen gefahren, da sich die Bereitschaft, im Homeoffice an einem Webinar teilzunehmen, deutlich erhöht hat, was wir an steigenden Teilnehmerzahlen erkennen können. Gerade in dieser Woche haben wir übrigens eine sehr spannende Online-Experten-Runde über die Digitalisierungsthemen in der Finanzbranche, die auch für diesen Leserkreis interessant sein könnte. Hierzu ist jeder herzlich eingeladen.
Inwiefern sehen Sie sich auch als Profiteur der zunehmenden Bedeutung des Themas Digitalisierung?
Manfred Götz: Kunden, welche die Digitalisierung vorangetrieben haben, kommen deutlich besser durch die aktuelle Situation, hier sind insbesondere Telekommunikationsunternehmen zu nennen, aber auch einige Unternehmen aus der Finanzbranche. Corona wird ein Treiber der Digitalisierung in den kommenden Jahren, somit besteht eine große Chance, unsere Kernthemen bei Bestandskunden auszubauen und weitere Neukunden zu gewinnen. Wir sehen uns nicht als Profiteur dieser Pandemie, aber wir bemerken ein stark zunehmendes Interesse an unseren Kernthemen, so dass wir entsprechendes Zukunftspotenzial für mVISE sehen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 14,78 | 22,53 | 21,54 | 18,99 | 14,90 | 15,64 | 14,00 | |
EBITDA1,2 | 1,96 | 2,47 | 1,38 | -0,99 | 1,51 | 0,00 | 1,10 | |
EBITDA-Marge3 | 13,26 | 10,96 | 6,41 | -5,21 | 10,13 | 0,00 | 7,86 | |
EBIT1,4 | 0,54 | 1,31 | 0,09 | -2,92 | 0,01 | -0,90 | -1,78 | |
EBIT-Marge5 | 3,65 | 5,81 | 0,42 | -15,38 | 0,07 | -5,75 | -12,71 | |
Jahresüberschuss1 | 1,30 | 1,25 | -0,29 | -4,11 | -0,31 | -2,23 | -3,42 | |
Netto-Marge6 | 8,80 | 5,55 | -1,35 | -21,64 | -2,08 | -14,26 | -24,43 | |
Cashflow1,7 | 0,05 | -0,63 | 1,64 | 1,57 | -0,45 | 3,14 | 0,36 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,15 | 0,12 | -0,03 | -0,40 | -0,03 | -0,22 | -0,35 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: HaackSchubert |
Sie haben über neue Rahmenverträge mit United Internet und der Volkswagen Gruppe berichtet. Welche Bedeutung haben diese für mVISE?
Manfred Götz: Neue Rahmenverträge wie mit United Internet und der Volkswagen Gruppe beinhalten Chancen für mVISE, in den nächsten Jahren zu wachsen und die Kundenstruktur zu erweitern. Insbesondere Großkunden, bei denen wir Managed Services umsetzen können, sind für das Wachstum unserer Expert Services sehr zielführend.
Herr Balzar, mit welchen Erwartungen sind Sie als CFO ins zweite Halbjahr gestartet? Wie ambitioniert ist Stand jetzt Ihre Umsatz- und Ergebnisplanung für das Gesamtjahr?
Cedric Balzar: Wir starten hochmotiviert in das zweite Halbjahr, wohl wissend, dass wir noch ehrgeizige Ziele zu erfüllen haben. Unser Brot- und Butter-Geschäft „Expert Services“ hat sich in diesem Jahr erfreulich entwickelt und wir sehen hier auch positive Vorzeichen für das zweite Halbjahr. Im Produktbereich müssen wir uns weiterhin anstrengen, um die geplanten Neukunden zu akquirieren und zum Jahresende die Lizenzen der Bestandskunden weiter auszubauen. Wie immer wird das vierte Quartal in unserer Branche und bei mVISE spannend.
mVISE hat seinen Anteil an elastic.io von 75,1 auf 90 Prozent aufgestockt. Was ist der Hintergrund dieser Transaktion und welche Bedeutung hat elastic.io für Ihre weiteren Wachstumspläne?
Cedric Balzar: Zum Halbjahresende haben wir die Anteile der elastic.io GmbH planmäßig weiter aufgestockt. Der ursprüngliche Vertrag sah bereits Optionen für den Zukauf bis auf 100 Prozent vor. Aktuell hält mVISE nun 90 Prozent, für die restlichen 10 Prozent ist ebenso eine Regelung getroffen. Die beiden Gründer halten nach wie vor die verbleibenden Anteile und werden weiterhin das Unternehmen begleiteten und den Weg gemeinsamen mit uns gehen. Hinsichtlich unserer Wachstumspläne hat die elastic.io natürlich eine hohe Bedeutung, schließlich sind die Margen gerade im Software-Bereich deutlich höher als im Bereich Expert Services.
Wie solide ist die mVISE aktuell finanziell aufgestellt? Und welche Optionen haben Sie, um das weitere Wachstum zu finanzieren?
Cedric Balzar: Wir haben die Wandelanleihe 2017/20 bis 01. April 2022 verlängert und sind darüber hinaus mit Kreditlinien von Banken ausgestattet, die wir derzeit nicht vollumfänglich nutzen. Wir hatten gute Gespräche mit allen unseren Banken, die uns gerade in diesen schweren Zeiten alle ihre Unterstützung signalisiert haben. Bis dato sind wir aber gut durch die Corona-Zeit gekommen und haben unsere zugesagten Kreditlinien nicht zusätzlich ausweiten müssen. Für weiteres Wachstum stehen uns verschiedene Optionen zur Verfügung. Da aber grundsätzlich derzeit kein anorganisches Wachstum auf dem Plan steht, ist dieses Thema aktuell nicht akut. Akquisitionen gegenüber sind wir dennoch nicht abgeneigt, sofern es in unser Produktportfolio passt. Das organische Wachstum werden wir weiterhin aus vorhandenen Mitteln finanzieren.
Wie sehen die Investor-Relations-Aktivitäten von mVISE in Corona-Zeiten aus?
Cedric Balzar: Die IR-Arbeit hat sich von einem Tag auf den anderen digitalisiert. Auch wenn wir es nicht für möglich gehalten hätten, klappt die Umsetzung aller Veranstaltungen auf digitalen Plattformen ausgesprochen gut. Durch den Wegfall der Reisetätigkeit sparen wir aktuell Zeit und Geld und haben digital teilweise mehr Zuspruch erfahren als bei Präsenzveranstaltungen. Dennoch vermissen wir den persönlichen Austausch mit unseren Investoren, den man nicht komplett ersetzen kann. Wir freuen uns in dieser Woche auf die „Frühjahrskonferenz“, die in diesem Jahr digital als 1-on-1 Summer Summit stattfindet.
Manfred Götz leitet als Vorstand der mVISE AG die Bereiche “Professional Consulting” und „elastic.io“. Bevor der Diplom-Informatiker im Dezember 2014 in den mVISE-Vorstand berufen wurde, verantwortete er den Bereich „Infrastructure & Security“ bei einer mittelständischen Aktiengesellschaft in der IT-Branche. Das Segment „Telecommunication“ führte er bei der Pronovit AG. Besondere Branchen-Expertise verfügt Manfred Götz im Finanz- und Telekommunikationssektor.
Cedric Balzar leitet als Vorstand der mVISE AG den Bereich “Finance”, „Administration“ und “SaleSphere”. Als Prokurist der mVISE AG verantwortete er bis Mai 2019 den Bereich Operational Finance. Er verfügt über mehrjährige Erfahrung als Interims-CFO und Leiter Controlling bei einer mittelständischen Aktiengesellschaft in der IT-Branche. In letzterer Rolle war Cedric Balzar hauptverantwortlich für den Neuaufbau einer Controlling-Abteilung und begleitete dabei die Einführung eines ERP-Systems inklusive der Implementierung eines umfassenden und transparenten Unternehmens-Reporting.