Anleger, die sich Aktien von Beteiligungsgesellschaften ins Depot legen wollen, haben die freie Auswahl. Boersengefluester.de covert fast 30 Unternehmen aus dem Genre. Dabei reicht die Marktkapitalisierung von mehr als 800 Mio. Euro bei Aurelius über SDAX-Werte wie Indus Holding, Deutsche Beteiligungs AG oder Gesco Holding bis hin zu Gesellschaften vom Schlag Blue Cap oder H.P.I. Holding mit wenigen Mio. Euro Börsenwert. Auch die Investmentansätze könnten unterschiedlicher kaum sein: Manche Gesellschaften konzentrieren sich ausschließlich auf gesunde Mittelständler, andere wählen bewusst Restrukturierungsfälle.
Keimzelle für die letzte Gruppe ist die frühere Arques Industries – heute mit neuem Geschäftsmodell als Gigaset unterwegs. Aus dem Arques-Umfeld entstanden Firmen wie Aurelius oder Bavaria Industries Group (ex Bavaria Industriekapital). Damit nicht genug der Fortpflanzungskraft. Der frühere „Baikap“-Finanzvorstand Robin Laik gründete gemeinsam mit Axel Geuer – dem Geschäftsführer der ehemaligen Bavaria-Tochter Hamba Filltec – 2008 die Mutares AG. Das in München angesiedelte Unternehmen pickt sich Sanierungsfälle oder Firmen in Umbruchsituationen heraus und bringt diese dann auf Kurs. Der klassische Arques-Aurelius-Ansatz von früher. Im Gegensatz zu Aurelius und Arques, blieb die Börsenhülle von Mutares aber einem größeren Streubesitz verwehrt. Lange Zeit hielten der Vorstand und andere wesentliche Manager nahezu den kompletten Aktienbestand. Einen liquiden Börsenhandel gab es nicht. „Für unser Geschäft war die Börsennotiz wie ein Marketinginstrument“, sagt Mutares-Vorstand Geuer im Gespräch mit boersengefluester.de und spielt auf die Transparenz durch die eigene Finanzberichterstattung an. Dem Vernehmen nach konnte Mutares in vielen Verhandlungen mit potenziellen Verkäufern damit Punkte sammeln.
Nun will Mutares aber in neue Dimensionen wachsen. Bis 2018 soll der Umsatz von zuletzt 347 Mio. Euro auf 1,8 Mrd. Euro zulegen. „Ein sehr ambitioniertes Vorhaben“, wie selbst Geuer einräumt. Allein mit Bordmitteln wird das nicht zu stemmen sein. Und so öffnet sich das Unternehmen dem Kapitalmarkt. Das komplette Programm aus Roadshows, Coverage durch Analysten, Segmentwechsel und Kapitalerhöhung. Hauck & Aufhäuser bereitete den Boden für die bis dahin bei den meisten Börsianern wohl eher unbekannte Gesellschaft im März 2014 durch eine umfassende Basisstudie und legte Anfang April nochmals nach. Zuletzt haben die beiden Gründer zudem teilweise Kasse gemacht und insgesamt 420.000 Aktien an Investoren verkauft. Damit dürfte der Streubesitz momentan auf etwa 30 Prozent gestiegen sein. Als nächster Schritt steht die Aufnahme in das wenig regulierte Börsensegment Entry Standard an. Der entsprechende Wertpapierprospekt befindet sich gerade in der Bearbeitung. Geuer geht davon aus, dass der Segmentwechsel im Laufe des Mai vollzogen sein wird.
Zur Hauptversammlung am 9. Mai 2014 soll dann eine Kapitalerhöhung über bis 311.000 Aktien in die Wege geleitet werden. Auf Basis des aktuellen Kurses von 96,20 Euro entspräche das einem Volumen von immerhin 30 Mio. Euro. Es bleibt allerdings abzuwarten, welcher Bezugskurs sich tatsächlich durchsetzen lässt. Aber selbst bei einem Abschlag von 25 Prozent ergäbe sich noch immer ein stattliches Volumen von mehr als 70 Mio. Euro – bei einem Börsenwert von derzeit 195 Mio. Euro. Kurios: Vor der geplanten Kapitalerhöhung schüttet Mutares erst noch einmal eine satte Dividende von 10,00 Euro (0,85 Basisdividende plus 9,15 Euro Bonus) pro Anteilschein aus – insgesamt mehr als 20 Mio. Euro. Die Rendite liegt bei mehr als zehn Prozent. Aber Achtung: Am Tag nach der HV wird die Dividende vom Aktienkurs abgezogen – immerhin wird dem Unternehmen durch die Überweisung die entsprechende Liquidität entzogen. Geschenkt bekommen Anleger also nichts.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 326,59 | 321,61 | 333,95 | 204,87 | 216,03 | 306,46 | 327,88 | |
EBITDA1,2 | 45,95 | 44,75 | 103,46 | 31,86 | 75,45 | 98,39 | 89,30 | |
EBITDA-Marge3 | 14,07 | 13,91 | 30,98 | 15,55 | 34,93 | 32,11 | 27,24 | |
EBIT1,4 | 32,58 | 31,54 | 42,77 | -28,73 | 24,41 | 50,26 | 39,89 | |
EBIT-Marge5 | 9,98 | 9,81 | 12,81 | -14,02 | 11,30 | 16,40 | 12,17 | |
Jahresüberschuss1 | 21,67 | 21,55 | 25,42 | -30,97 | 17,03 | 35,27 | 24,08 | |
Netto-Marge6 | 6,64 | 6,70 | 7,61 | -15,12 | 7,88 | 11,51 | 7,34 | |
Cashflow1,7 | 40,21 | 30,05 | 90,83 | 15,71 | 76,22 | 77,59 | 73,47 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,75 | 2,74 | 3,27 | -4,01 | 2,21 | 4,58 | 3,13 | |
Dividende8 | 3,00 | 3,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 5,00 | 3,50 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Geuer begründet den für boersengefluester.de schwer nachvollziehbaren Schritt mit der „Unternehmensphilosophie“ und den Erlösen aus dem Verkauf des Automobilzulieferers HIB Trim Part Solutions: „Unsere Mitarbeiter sind über Dividenden incentiviert.“ Hauptprofiteure des Dividendenvorschlags bleiben aber – trotz des bereits verbreiterten Freefloats – die beiden Firmengründer. Bleibt abzuwarten, wie die Investoren auf die anstehenden Kapitalmaßnahmen reagieren werden. Grundsätzlich stehen Beteiligungsgesellschaften hoch im Kurs – aber das Pendel schlägt in dieser Branche vergleichsweise schnell um und hängt eng mit dem allgemeinen Börsenumfeld zusammen. Auf Basis der Prognosen von Hauck & Aufhäuser wird die Mutares-Aktie derzeit dem 12,4fachen des für 2014 erwarteten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) gehandelt. Bei Aurelius beträgt der Faktor allerdings nur 6,1. Und Bavaria Industries Group wird sogar lediglich mit dem 3,4fachen des durchschnittlichen EBITDA der vergangenen fünf Jahre gehandelt.