Auf den ersten Blick kommt die jüngste Übernahme von Mutares eher überraschend daher. Immerhin fällt die bislang zur Schweizer Emmi-Gruppe gehörende Gläserne Molkerei, es handelt sich um eine Bio-Molkerei mit Standorten in Brandenburg (Münchehofe) und Mecklenburg (Dechow), nicht ins klassische Raster der Münchner Beteiligungsgesellschaft – vom Optimierungspotenzial und dem vermutlich geringen Kaufpreis einmal abgesehen. Andererseits hatte Mutares-CIO Johannes Laumann beim Frankfurter Journalistentag im Mai 2023 gleich mehrfach erwähnt, dass auch der Lebensmittelsektor ein spannender Bereich für Mutares sei und man sich diesbezüglich umsehe. Insofern lässt Laumann den Worten nun Taten folgen. Zur Höhe des tatsächlichen Kaufpreises haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart, die begleitenden Informationen zu dem Deal von Emmi lassen jedoch darauf schließen, dass es sich um eine klassische Mutares-Transaktion handelt.
So veranschlagen die Schweizer aus dem Verkauf einen negativen Cash-Impact von rund 10 Mio. Schweizer Franken (CHF). Auf EBIT-Ebene ist gar mit einem einmaligen Verlust von 38 Mio. CHF zu rechnen. Dabei erwirtschaftete die Gläserne Molkerei zuletzt Umsätze von umgerechnet rund 100 Mio. Euro. Für den Start im Nahrungsbereich hat sich Mutares also gleich eine Herausforderung ins Portfolio geholt. Losgelöst davon läuft der Dealflow vor der Hauptversammlung (HV) am 10. Juli 2023 auf Hochtouren. Immerhin ist die Gläserne Molkerei nach dem Energietechnikzulieferer Efacec aus Portugal und der auf Schmiedetechnik spezialisierten BEW Umformtechnik mit Hauptsitz in Rosengarten bereits die dritte Akquisition im laufenden Jahr – weitere dürften folgen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 899,70 | 865,10 | 1.015,90 | 1.583,90 | 2.504,00 | 3.751,70 | 4.689,10 | |
EBITDA1,2 | 67,10 | 49,10 | 79,20 | 142,70 | 566,50 | 181,50 | 756,90 | |
EBITDA-Marge3 | 7,46 | 5,68 | 7,80 | 9,01 | 22,62 | 4,84 | 16,14 | |
EBIT1,4 | 40,00 | 19,40 | 26,20 | 41,20 | 447,30 | -3,10 | 436,90 | |
EBIT-Marge5 | 4,45 | 2,24 | 2,58 | 2,60 | 17,86 | -0,08 | 9,32 | |
Jahresüberschuss1 | 43,90 | 12,00 | 16,70 | 19,70 | 442,40 | -21,00 | 367,10 | |
Netto-Marge6 | 4,88 | 1,39 | 1,64 | 1,24 | 17,67 | -0,56 | 7,83 | |
Cashflow1,7 | -29,10 | -11,10 | -10,70 | -43,00 | -103,50 | -20,80 | -27,50 | |
Ergebnis je Aktie8 | 2,85 | 0,96 | 1,37 | 1,78 | 26,83 | -0,32 | 18,41 | |
Dividende8 | 1,00 | 1,00 | 1,00 | 1,50 | 1,50 | 1,75 | 2,25 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Interessant wird die HV insbesondere aber auch wegen des Dividendenvorschlags. So gehört die Mutares-Aktie seit Jahren zu den renditestärksten Titeln überhaupt auf dem heimischen Kurszettel. Fix für 2022 ist bislang nur die Basisdividende von 1,00 Euro je Aktie. On Top haben die Münchner jedoch eine Performancedividende von bis zu 1 Euro angekündigt – in Abhängigkeit vom Mittelzufluss aus möglichen Exits. Größter Treiber ist hier der im Mai 2023 auf die Schiene gesetzte Verkauf von Special Melted Products für einen Unternehmenswert von immerhin 180 Mio. Euro. Wenn boersengefluester.de die Aussagen von Johannes Laumann auf dem Journalistentag richtig interpretiert, könnte Mutares am Ende tatsächlich den Maximalbetrag von 2,00 Euro pro Anteilschein auskehren.
Damit würde sich die stark eigentümergeführte Gesellschaft übrigens auch dem Antrag eines Aktionärs zur HV anschließen, der die 2-Euro-Variante fordert. Normalerweise sollte diesbezüglich bald Klarheit herrschen. Jedenfalls geht boersengefluester.de nicht davon aus, dass sich Mutares erst auf dem letzten Meter vor der HV auf eine konkrete Höhe der Performancedividende festlegt. Und: Bei 2 Euro Dividende käme die Aktie auf eine knackige Rendite von fast 8,5 Prozent. Das Risiko nach unten wäre eine spürbar defensivere Performancedividende von bespielsweise “nur” 0,50 Euro. Aber selbst dann wäre die Mutares-Aktie noch immer weit vorn in unseren Dividenden-Charts für Juli.
Nachtrag: Am 6. Juli 2023 kurz vor Mitternacht hat Mutares den offiziellen HV-Vorschlag für die Performance-Dividende veröffentlicht. Demnach soll die die Bonuszahlung für das vergangene Geschäftsjahr 0,75 Euro je Aktie betragen. Insgesamt ergibt sich damit eine Dividendenzahlung von 1,75 Euro je Aktie. Damit schlägt das Unternehmen einen Mittelweg bezüglich der Erwartungen der Börsianer an die Höhere der Extra-Ausschüttung ein. „Die Gesellschaft hat in den letzten Wochen intensiv mit dem Käufer der SMP-Beteiligung zusammengearbeitet, um die Transaktion jedenfalls im Verlauf des dritten Quartals dieses Jahres erfolgreich abschließen zu können. Aus diesem Grund haben der Vorstand und der Aufsichtsrat am 6. Juli 2023 den aktuellen Stand der Vollzugsarbeiten bewertet und sich auf dieser Grundlage entschieden, der Hauptversammlung die Ausschüttung einer zusätzlichen Performance-Dividende für das Geschäftsjahr 2022 von EUR 0,75 vorzuschlagen, obwohl die SMP-Transaktion bis zur Hauptversammlung am 10. Juli 2023 noch nicht endgültig abgeschlossen sein wird“, sagt CEO und Großaktionär Robin Laik.
Foto: Emmi-Gruppe
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